Liebe KiH-Leser,
meine Ankündigung von letzter Woche war zum Glück etwas voreilig; und so wird es diese und in den nächsten Wochen wie gewohnt jeden Sonntag meine Sonntagskiste hier auf KiH geben. Zudem gibt es die Sonntagskiste diese Woche auch gleich mit einem neuen Bild (vielen Dank an Ruby dafür!)

Diese Woche habe ich nicht allzu viele Fundstücke in meiner Kiste mitgebracht. Zunächst geht es um zwei vorgeschlagene Gesetzesänderungen, welche einmal Ermittlern die Nutzung illegaler Bilder ermöglichen, und Sexualstraftätern die Arbeit mit Kindern für immer verbieten sollen. Zudem habe ich noch einige Beispiele für die stigmatisierende Erwähnung von Pädophilen in den Medien mitgebracht.

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Sirius' Sonntagskiste

Sirius' Sonntagskiste ist mein persönlicher Wochenrückblick zum Thema Pädophilie. Jede Woche möchte ich Fundstücke zum Thema Pädophilie sammeln und meine Kiste mit Nachrichten, Medienartikel, Erlebnissen und Gedanken füllen. Jeden Sonntag werde ich dann an dieser Stelle meine Kiste öffnen um vorzustellen und zu kommentieren, was ich dort gesammelt habe. Das Ergebnis ist eine Reihe von Kommentaren und Gedanken zu aktuellen Themen, bei denen mir die Zeit für einen eigenen Blogbeitrag fehlt oder die einfach nicht umfangreich genug für einen eigenen Beitrag sind.
Alte Kisten
  1. Zwischen Kiel, Düsseldorf und London (40/2019)
  2. Lindenstraße, Gary Glitter und Diverses aus den Medien (41/2019)
  3. Serien-Pädophile und Tatgeneigte (42/2019)
  4. YouTube, Podcasts und viel Hysterie (43/2019)
  5. Verquerer und Verquerer! (44/2019)
  6. Forensiktage, Konversionstherapien und Pädo-Pfarrer (45/2019)
  7. Über Original Play, Konversionstherapien und echte Liebe (46/2019)

1. Ermittler sollen Kinderpornographie nutzen dürfen

Bundesjustizministerin Christine Lambrecht hat eine Gesetzesänderung vorgeschlagen, die es Ermittlern ermöglichen soll computergenerierte Kinderpornographie zu nutzen, um sich damit den Zutritt zu Tauschplattformen für Kinderpornographie zu erkaufen. Darüber berichtete unter anderem die Welt, das ZDF und der SWR.

Ich bin der Meinung, dass hierzu eine Grundsatzentscheidung notwendig ist. Entweder man hält computergenerierte Kinderpornographie aus welchen Gründen auch immer für schädlich, dann sollte deren Nutzung und Verbreitung generell unter Strafe stehen, und Ermittler davon nicht ausgenommen sein. Oder man hält computergenerierte Kinderpornographie für moralisch unproblematisch, weil an deren Erstellung keine realen Kinder beteiligt sind. In dem Fall sollte virtuelle Kinderpornographie aber für alle legalisiert werden, und nicht nur für Ermittler. Die vorgeschlagene Lösung finde ich vor allem als unfair: es wird gesagt, dass virtuelle Kinderpornographie keine Opfer erzeugt und deswegen für Ermittlungen genutzt werden darf – aber pädophile Menschen dürfen diese trotzdem nicht konsumieren, weil sie dann doch auf einmal problematisch ist?

Dabei könnte ich mir vorstellen, dass die Legalisierung von virtueller Kinderpornographie durchaus dazu beitragen könnte, reale Kinderpornographie im Internet zu bekämpfen. Viele pädophile Menschen werden vermutlich Kinderpornographie auf der Suche nach erregenden Material konsumieren ohne Kindern eigentlich schaden zu wollen, und das Mateiral deshalb selber eigentlich ablehnen. Diese Menschen könnten in virtueller Kinderpornographie vielleicht schon die gesuchte Befriedigung finden, sodass sie gar nicht mehr das Bedürfnis haben reales Material zu suchen.

2. Straftäter sollen bald nie wieder mit Kindern arbeiten dürfen

Die Landesregierung Baden-Württemberg möchte eine Initiative im Bundesrat starten, die das Ziel hat die Verjährung von Sexualstraftaten für das erweiterte Führungszeugnis auszusetzen (Bericht des SWR dazu). Aktuell werden Sexualstraftaten nach maximal 10 Jahren aus dem erweiterten Führungszeugnis gestrichen. Die Vorlage eines erweiterten Führungszeugnisses ist Voraussetzung für die (ehrenamtliche oder berufliche) Arbeit mit Kindern und Jugendlichen.

Ich bin in dieser Sache ein wenig zwiegespalten. Auf der einen Seite kann ich nachvollziehen, dass Menschen, die Sexualstraftaten an Kinder begangen haben nicht mit Kindern arbeiten können sollen. Auf der anderen Seite kommt es mir auch unverhältnismäßig hart vor, für alle möglichen Sexualstraftaten direkt ein lebenslanges Berufsverbot auszusprechen. Meiner Ansicht nach wäre es eine gute Lösung, nach der Art der Straftaten zu unterscheiden, ob es sich um Wiederholungstaten handelt und ob diese im Kontext der Arbeit mit Kindern passiert sind. Bei jemanden, der zum wiederholten Male seine berufliche Stellung mit Kindern ausgenutzt hat, um diese zu missbrauchen ist etwa ein lebenslanges Berufsverbot wohl durchaus angemessen. Bei jemanden, der zum ersten Mal wegen des privaten Konsums von Kinderpornographie aufgefallen ist, aber nie seine berufliche Stellung ausgenutzt oder realen Missbrauch begangen hat, kommt mir ein lebenslanges Verbot aber zu hart vor. Hier sollte meiner Ansicht nach dem Täter noch die Chance zur Resozialisierung gewährt werden.

Zudem würde ich es gut finden, wenn die Änderung sich nicht nur auf Sexualstraftaten beschränken würden, sondern sämtliche Gewaltverbrechen gegen Kinder mit eingeschlossen würden.

3. Rehabilitation eines Missbrauchstäters

(tagesspiegel.de, 21.11.2019)

Der Tagesspiegel hat einen ausführlichen Artikel über Torsten Siebert, einen entlassenen Sexualstraftäter, der wegen mehrfacher Vergewaltigung verurteilt wurde verfasst. Grundsätzlich ist der Artikel und die von Gewalt, Missbrauch und Sucht gefüllte Lebensgeschichte von Siebert sehr interessant. Leider hat der Artikel aber ein sehr großes Problem.

Siebert ist ein Musterbeispiel eines Kindesmissbrauchstäters, der nicht pädophil ist. Er hat seine Opfer wahllos ausgewält, je nachdem wer gerade verfügbar war. Seine ersten Opfer waren Erwachsene, darunter seine eigene Schwester, später hat er sich dann an seinen eigenen Kindern vergriffen. "Wenn ich Druck hatte, war’s völlig egal, ob das Opfer elf, 23 oder 30 war, völlig wurscht", sagt er etwa, und zu seiner Tochter später als Erklärung für seine Taten: "Ach, Mädchen, ihr wart das schwächste Glied. Eure Mutter hätte zurückgeschlagen." Ihm wird eine dissoziale Persönlichkeitsstörung diagnostiziert, und es ist klar dass er seine Kinder nicht missbraucht hat weil er sich sexuell zu Kindern hingezogen fühlt, sondern weil er seine Opfer einfach wahllos danach ausgewählt hat, wer gerade für ihn verfügbar war.

Damit würde sich hier eigentlich eine gute Gelegenheit ergeben um zu erklären, dass nicht jeder Missbrauchstäter auch pädophil ist. Diese Gelegenheit verpasst der Tagesspiegel leider völlig, indem er Siebert trotz allem als pädophil bezeichnet. Und nicht nur das: Pädophile werden in dem Artikel in einem Atemzug mit Mördern und Totschlägern genannt. Damit hinterlässt dieser grundsätzlich recht interessante Artikel leider einen sehr faden Beigeschmack.

3. Pädophilie und Kindesmissbrauch in den Medien

Viele pädophile Menschen begehen in ihrem Leben nie einen Übergriff auf ein Kind. Gleichzeitig sind die meisten Kindesmissbrauchstäter und Konsumenten von Kinderpornographie nicht pädophil.

Obwohl die obige Aussage empirisch bewiesen ist, benutzen viele Medien "Pädophilie" und "Kindesmissbrauch" als quasi gleichbedeutend. Im Folgenden möchte ich einige Beispiele davon, die diese Woche veröffentlicht wurden, aufzählen, um damit zu verdeutlichen wie pädophile Menschen in den Medien regelmäßig stigamtisiert werden.

  1. Zur Baden-Württembergischen Bundesratsinitiative, nach der Straftäter nie mehr mit Kindern arbeiten können sollen, schreibt der SWR: "Das Ziel des Verbandes ist es, dass das erweiterte Führungszeugnis zukünftig ein Leben lang ein einschlägiges Vergehen an Kindern ausweist, sodass beispielsweise Pädophile von einer Tätigkeit in der Kinder- und Jugendhilfe ausgeschlossen werden".
  2. Ähnlich wie der SWR formulieren es auch die Stuttgarter Nachrichten in einem Artikel zum gleichen Thema: "Kinder und Jugendliche sollen in Zukunft besser vor Erziehern und sonstigen Betreuern mit pädophilen Neigungen geschützt werden". Außerdem wird der Sprecher eines Opferschutzverbandes zitiert, der beklagt dass "pädophil Veranlagte versuchen, an Tätigkeiten im Betreuungsbereich zu kommen".
  3. Der Blick berichtet über einen Missbrauchstäter, dessen beinahe beschlossene Freilassung vom Schweizer Bundesgericht aufgehoben wurde unter der Überschrift "Ostschweizer Pädo (65) wird verwahrt!"
  4. Die Oberhessische Presse leitet einen Artikel über einen Chirurgen, der Minderjährige missbraucht haben soll mit den Worten "Es könnte der größte Fall von Pädophilie sein, der in Frankreich jemals aufgedeckt wurde" ein.
  5. "Polizei befreit entführtes Mädchen aus den Fängen eines Pädophilen" – mit dieser reißerischen Überschrift betitelt der Stern ein Video, in dem Polizisten ein Hotelzimmer stürmen und dort ein kurz vorher entführtes Kind retten.

4. Der Zaun

Nach den ganzen stigmatisierenden Beispielen möchte ich diese Woche mit einem musikalischen Gegenargument antworten. In seinem Lied The Fence klagt Tim Minchin an, dass wir viel zu oft die Welt in Schwarz und Weiß unterteilen: auf der einen Seite gibt es die "guten Menschen" und auf der anderen die "Pädos". Er plädiert dafür, dass wir uns von diesem einfachen Weltbild lösen und mehr die Ambivalenzen und Grautöne unserer Umgebung wahrnehmen.

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Und damit habe ich meine Kiste auch schon wieder fertig ausgepackt. Ich hoffe sehr, nächste Woche mehr positive Beiträge zum Thema Pädophilie mitbringen zu können. Bis dahin wünsche ich allen Lesern wie immer eine gute Woche!

Bis nächsten Sonntag,
Sirius