Vor einigen Tagen bin ich zufällig auf den Eintrag über Edelpädos auf der BoyWiki1 gestolpert. Für diejenigen, die sich jetzt fragen: "Was zum Teufel ist ein Edelpädo?" (nein, es handelt sich nicht um einen teuren Wein), sei hier mal die in der BoyWiki gegebene Definition zitiert:

Als Edelpädo werden manchmal pädophile Menschen in abfälliger Weise bezeichnet, die sich zwar zu Kindern hingezogen fühlen, aber dabei selbst ausdrücklich oder in den Augen anderer die sexuelle Seite übermäßig verleugnen. Sie übernehmen dabei eine Argumentation von Kinderschützern, nach der Kinder keine eigenen auf Erwachsene gerichteten sexuellen Wünsche hätten und sie die Tragweite eines sexuellen Kontaktes nicht einschätzen könnten […]

"Edelpädo" ist also ein abwertend gemeinter Kampfbegriff, der durchaus vergleichbar zum verbreiteten "Gutmensch" ist, und von pädophilen Menschen, die sexuelle Kontakte zwischen Erwachsenen und Kindern grundsätzlich für möglich und moralisch vertretbar halten verwendet wird um Pädophile zu bezeichnen, die dies für sich ablehnen. Dies schließt also auch die Autoren von Kinder im Herzen mit ein. Der implizite Vorwurf, der hinter dem Begriff steckt ist also: wir stellen uns nur nach außen als besonders "edel" dar und grenzen uns nur deswegen von diesen anderen pädophilen Gruppen ab, um damit auf deren Kosten gesellschaftliche Akzeptanz zu erkaufen.

Es ist mein Eindruck, dass die mit dem Begriff verbundene Vorwürfe auf einer verkürzten und verdrehten Interpretation der eigenen Argumente basieren. Ich möchte daher als so ein "Edelpädo" im Folgenden auf die mit dem Begriff verbundene Vorwürfe einmal eingehen und beziehe mich dabei auf den erwähnten Artikel in der BoyWiki.

1. Vorwurf: Edelpädos lehnen sexuelle Gedanken mit Kindern grundsätzlich ab

Der Edelpädo hat in Übereinstimmung mit der herrschenden Sexualmoral ein Ich-Ideal entworfen, dem er gerecht zu werden versucht. Gelingt ihm die Unterdrückung sexueller Impulse in je konkreten Situationen, dann erfährt er sich selber als edel - gegen seine Triebe.

Meiner Ansicht nach sind sexuelle Kontakte zwischen Kindern und Erwachsenen grundsätzlich falsch und zu verurteilen. Auf den ersten Blick mag es daher logisch erscheinen, dass ich auch jegliche Gedanken an Sexualität mit Kindern verurteilen würde. Dieser Schluss lässt aber eine ganz wichtige Unterscheidung außer Acht: nämlich die Unterscheidung zwischen Fantasien und Handlungen. Aus der Ablehnung von Handlungen folgt nicht notwendigerweise, dass auch das Ablehnen von Fantasien, die diese Handlungen beinhalten.

Ich habe kein Problem damit, wenn etwa jemand in virtuellen Welten an der Spielkonsole Menschen massenweise ermordet, aber ich habe durchaus ein Problem damit, wenn jemand in der Realität sich eine Waffe schnappt und damit anfängt, Menschen zu erschießen. Meine Haltung zu sexuellen Fantasien mit Kindern ist ähnlich. Ich habe kein Problem damit, dass jemand sexuelle Fantasien hat, egal wie "extrem", gewalttätig oder unmoralisch (in der Realität ausgelebt) diese sein mögen, und diese Fantasien zur eigenen Befriedigung benutzt. Ich habe schließlich selber einen Haufen Fantasien, deren Ausleben in der Realität äußerst traumatisierend für die Beteiligten wären. Es ist lediglich das Umsetzen dieser Fantasien in der Realität, das ich ablehne.

Anders als in dem Wiki-Artikel dargestellt verurteile ich mich nicht für diese Fantasien und Gedanken, oder versuche sie zu unterdrücken und mich damit als "gut" und "edel" zu positionieren. Im Gegenteil, ich genieße diese Fantasien und Gedanken sogar, und Ruby und ich bauen diese regelmäßig in unsere gemeinsam ausgelebte Sexualität ein. Ich bin außerdem der Überzeugung, dass die Akzeptanz dieser Gedanken essentiell wichtig sind für die psychische Gesundheit von Menschen mit Pädophilie, denn die Alternative ist eigentlich nur, sich selber dafür permanent zu verurteilen und zu schämen – was auf Dauer nicht gesund sein kann und zu diversen psychischen Problemen wie geringes Selbstwertgefühl oder Selbsthass führen kann. Ich bin auch nicht der Ansicht, dass Fantasien es wahrscheinlicher machen, dass jemand diese Fantasien auch ausleben möchte solange diese Person sich über den Unterschied zwischen Fantasie und Realität bewusst ist; ganz im Gegenteil habe ich eher die Erfahrung gemacht, dass der Versuch sexuelles Verlangen zu unterdrücken viel mehr dazu führt, dass dieses Verlangen an Macht gewinnt.

Als pädophiler Mensch habe ich natürlich das Verlangen, Sexualität mit einem Kind auch in der Realität zu erleben. Das tatsächliche Nachgehen dieses Verlangens ist in der Tat etwas, das ich unterdrücke – was gelegentlich durchaus ziemlich frustrierend sein kann. Für den überwiegenden Teil ist es allerdings mehr als ausreichend, dieses Verlangen in Fantasien auszuleben. Den Vorwurf, sexuelle Impulse würden wir grundsätzlich unterdrücken und unsere Sexualität ablehnen kann ich aus meiner Sicht also entschieden zurückweisen. Das Einzige, was ich ablehne ist das tatsächliche Ausleben dieser sexuellen Impulse mit Kindern – das bedeutet aber nicht ein grundsätzliches Unterdrücken sexueller Impulse, sondern ist mehr ein Umlenken dieser Impulse auf Bereiche, in denen das Ausleben in Übereinstimmung moralischer und gesetzlicher Grundsätze problemlos möglich ist.

Und dies wiederum ist etwas, was eigentlich jeder Mensch machen muss und nicht nur eine Aufgabe für pädophile Menschen, oder nicht?

2. Vorwurf: Edelpädos haben insgeheim alle Dreck am Stecken

Ob sie sich tatsächlich [auf Masturbation] beschränken, wird gelegentlich bezweifelt. Die Edelpädo-Tugenden könnten nur in Form einer Internet-Identität vorgeschoben werden, und die Person dahinter sich in Wirklichkeit völlig anders verhalten.

Zunächst einmal handelt es sich hier um ein Musterbeispiel eines Argumentum ad hominem: anstatt die Argumente der Edelpädos inhaltlich anzugreifen, werden sie auf persönlicher Ebene angegriffen und über den Vorwurf von vermeintlicher Inkonsequenz und Heuchelei versucht zu diskreditieren. Das macht es schwer, hierdrauf etwas sinnvolles zu erwidern, denn letzten Endes ist es immer möglich mit der Aussage "du tust nur so als würdest du Sex mit Kindern ablehnen, aber insgeheim missbrauchst du doch Kinder" alles in Frage zu stellen, was ich schreiben könnte. Es ist ein Totschlagargument, denn letzten Endes kann ich unmöglich beweisen, dass ich tatsächlich auch nach meinen eigenen Überzeugungen handle und nicht nur eine sorgfältig konstruierte Internet-Persona pflege.

Es stellt sich für mich auch die Frage, was für ein Weltbild dieser Vorwurf eigentlich offenbart. Im Prinzip existieren danach nur zwei Kategorien von pädophilen Menschen: diejenigen, die Sex mit Kindern haben und dazu stehen, und diejenigen, die Sex mit Kindern haben aber etwas anderes behaupten. Frei nach dem Motto: "jeder macht das, und wer was Anderes sagt ist ein Lügner". Würde dies der Realität entsprechen, müsste man sagen, dass das Stigma gegen pädophile Menschen absolut gerechtfertigt wäre. Da ich aber im Laufe der Zeit durchaus der Zeit einige Edelpädos kennen gelernt habe, für deren Straffreiheit ich meine Hand ins Feuer legen würde denke ich, dass diese Ansicht unrealistisch pessimistisch ist.

3. Vorwurf: Edelpädos sind von ihren eigenen Argumenten eigentlich nicht überzeugt

Die selbstauferlegte sexuelle Enthaltsamkeit lockt außerdem mit dem Versprechen, Ermittlungsrisiken zu minimieren und keinen Freiheitsentzug mehr befürchten zu müssen - ein unschätzbarer Vorteil, der als Motivation in den Verlautbarungen der Edelpädos aber typischerweise in den Hintergrund tritt.

Im Grunde handelt es sich hier um ein weiteres Beispiel eines Argumentum ad hominem. Der Vorwurf hier ist, dass viele Edelpädos ihre eigene Position nicht aus innerer Überzeugung vertreten, sondern aus Opportunismus heraus: in der Hoffnung, dafür von der Gesellschaft akzeptiert zu werden, von Ermittlungsbehörden verschont zu werden, und ganz allgemein eine bessere gesellschaftliche Position zu erkaufen. Genauso wie bei Vorwurf #2 geht es hier im Wesentlichen also um einen Vorwurf von Heuchelei: während Vorwurf #2 darauf zielte, dass Edelpädos Heuchler sind weil sie nicht nach ihren eigenen Überzeugungen handeln, zielt dieser Vorwurf darauf, dass Edelpädos Heuchler sind weil sie ihre eigenen Überzeugungen eigentlich gar nicht wirklich vertreten.

Auch hier offenbart sich indirekt ein trübes Weltbild: nämlich, dass jeder pädophile Mensch einvernehmlichen Sex mit Kindern für möglich hält – und wer etwas Anderes behauptet, der lügt (mal wieder). Damit meine ich nicht, dass pädophile Menschen das Verlangen verspüren, Sex mit Kindern zu haben – das ist klar und gehört nun einmal dazu, pädophil zu sein. Der Unterschied ist jedoch, ob man dies tatsächlich auch in der Realität ausleben wollen würde, oder klar der Ansicht ist, dass dieses Verlangen für immer nur im eigenen Kopf bleiben wird.

Wir leben heute in einer Gesellschaft, die überwiegend zu dem Schluss gekommen ist, dass Sex zwischen Erwachsenen und Kindern verwerflich und zu verurteilen ist. Die Gründe dafür sind vielfältig, laufen aber im Wesentlichen darauf hinaus, dass Kinder noch nicht in der Lage sind ihr informiertes Einverständnis zu sexuellen Handlungen zu geben, und dadurch das Risiko für Traumatisierungen durch Konfrontation mit Erwachsenensexualität zu hoch und unberechenbar ist. Es ist durchaus ein interessantes Gedankenspiel, ob ich zu den gleichen Überzeugungen gekommen wäre, wenn ich in einer Gesellschaft aufgewachsen wäre, die diese Haltung nicht so deutlich hat und in der Sex zwischen Erwachsenen und Kindern akzeptiert oder zumindest toleriert wäre. Letzten Endes können wir alle nur nach "besten Wissen und Gewissen" in den Kontext, in dem wir leben handeln, und die aktuelle Faktenlage lässt meines Erachtens nach nur den Schluss zu, dass es nicht zu rechtfertigen ist sich auf Sexualität mit Kindern einzulassen.

4. Vorwurf: Edelpädos grenzen sich zwanghaft von anderen Pädophilen ab, um ihr eigenes Selbstwertgefühl zu verbessern

Auf Dauer führt die ausbleibende Anerkennung aber zur Suche nach konkreten Schuldigen, für die sich Pädos, die ihre Sexualform voll zu leben versuchen, bestens eignen. Im Extrem wird er zum Pädofeind, zumal sich in jedem konkreten Pädoleben Dissonanzen aufspüren lassen.

Zunächst einmal schließt es sich meiner Meinung nach nicht aus, ein Edelpädo und ein Täter zu sein. Wichtig sind meines Erachtens vor allem die eigenen Überzeugungen. Jemand, der einen Missbrauch begangen hat, diesen aber ernsthaft bereut und als Fehler einschätzt, und alles daran setzt dass sich dieser Missbrauch nie mehr wiederholt ist eher ein Edelpädo als jemand, der vielleicht keine Straftaten begangen hat, aber trotzdem der Meinung ist dass einvernehmliche Sexualität zwischen Kindern und Erwachsenen möglich ist und sich dafür einsetzt, diese zu legalisieren. Es geht also vor allem um die Einstellung zu eventuell begangenen eigenen Taten: bereut man sie wirklich und setzt alles daran, dass sie sich nicht wiederholen, oder findet man sie sogar noch gut und bereut höchstens, erwischt worden zu sein?

Davon abgesehen ist es schlicht und ergreifend ein Fakt, dass es gewisse Unterschiede innerhalb der großen Gruppe der Pädophilen gibt. Es macht meiner Ansicht nach einen Unterschied, ob man schonmal einen Missbrauch begangen hat oder nicht, und ob man der Meinung ist dass einvernehmliche Sexualität mit Kindern möglich ist oder eben nicht. Dass die Gesellschaft eher bereit ist, diejenigen zu akzeptieren, welche die vorherrschende Ansicht teilen, ist auch nicht verwunderlich. Und warum sollte ich persönliche Nachteile in Kauf nehmen aus einer falschen Solidarität heraus mit Menschen, mit denen mich abgesehen von der sexuellen Neigung nichts verbindet, und mit deren Ansichten ich mich kein Stück weit identifizieren kann?

Es geht mir nicht um eine zwanghafte Abgrenzung zu anderen Menschen, sondern um eine faire Behandlung. Ich möchte nicht behandelt werden wie ein Kindesmissbrauchstäter, wenn ich nie ein Kind unangemessen angefasst haben. Und ich möchte mich nicht für Ansichten und Haltungen rechtfertigen müssen, die nicht die meinen sind. Kurz gesagt: ich möchte nicht in Sippenhaft genommen werden für das, was Andere tun und sagen, sondern als Individuum gesehen und bewertet werden, und anhand meiner Handlungen und meiner Ansichten beurteilt werden.

Schlussworte

"Edelpädo" ist ein polemischer Begriff, der häufig von Pädophilen, die von der Möglichkeit einvernehmlicher Sexualkontakte zu Kindern überzeugt sind gegen Pädophile verwendet wird, welche diese Ansicht nicht teilen. Dahinter steckt vor allem die Ansicht, dass Edelpädos üble Heuchler sind: nach außen stellen sie sich tugendhaft und unfehlbar dar, aber eigentlich glauben sie gar nicht an ihre eigenen Überzeugungen, handeln insgeheim ganz anders und liefern ihre "Mitpädos" für ein bisschen Akzeptanz ans Messer, so wie es Judas bei Jesus tat.

Gerade für pädophile Menschen, die aktiv Missbrauch begehen liefert das eine sehr ansprechende Narrative. Demnach gibt es drei Kategorien von Menschen: 1. Pädophile, die genauso denken und handeln wie sie, 2. Pädophile, die zur Profilierung nach außen vorgeben, anders zu denken, aber insgeheim eigentlich doch Missbrauch begehen (wollen), 3. die nicht-pädophile Gesellschaft, die sie sowieso unfair behandelt und verfolgt, aber vermutlich genauso handeln würde wie sie, wenn sie selber pädophile Neigungen hätte.

Anders gesagt: Menschen, die tatsächlich genauso fühlen wie sie, sich aber aus innerer Überzeugung dagegen entscheiden diese Gefühle in Form von Missbrauch auszuleben gibt es in diesen Weltbild nicht. Das macht es einfach, Verantwortung für das eigene Handeln abzugeben ("alle machen das doch; und wer sagt dass er das nicht macht, lügt").

Jedenfalls sagt die nicht-ironische Verwendung des Begriffs "Edelpädo" mehr über die ideologische Position desjenigen aus, der den Begriff verwendet, als über die Haltungen und Taten des so bezeichneten Edelpädos.


  1. Einen guten Eindruck von der ideologischen Position der BoyWiki vermittelt der Artikel zum Thema Einvernehmlichkeit