Titelbild zu Wenn der Gang zum Therapeuten gefährlich wird
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Jan geht es nicht gut. Schon seit längerem plagen ihn düstere Gedanken, Depressionen und Schlafstörungen, er flüchtet in den Alkoholkonsum, der seine Probleme aber nur verschlimmert. An einem Tiefpunkt angekommen stellt er fest: Er braucht Hilfe, um sein Leben wieder in den Griff zu bekommen. Nach langer Suche findet er schließlich einen Psychotherapeuten, mit dem er gut klarkommt. Immer mehr öffnet er sich in den Sitzungen, bis Jan ihm auch sein letztes, am stärksten behütetes Geheimnis anvertraut: Jan ist pädophil, er fühlt sich schon seit seiner Jugend zu Jungs im Vorschulalter hingezogen. Der Therapeut reagiert zum Glück verständnisvoll, und mit seiner Unterstützung kann Jan seine psychischen Probleme langsam in den Griff bekommen. Am Ende jeder Sitzung tippt der Therapeut seine Sitzungsnotizen in den Rechner ein und füllt nach und nach Jans Patientenakte, in der als Diagnose nun unter anderem auch der Code F65.4 notiert ist – Pädophilie.

Jahre vergehen. Jan ist schon lange nicht mehr bei seinem Therapeuten, er kommt inzwischen ganz gut alleine klar. Alles scheint gut für ihn zu laufen, bis er eines Tages eine Mail von einem unbekannten Absender in seinem Postfach findet. Als Jan die Mail liest, fängt er an zu zittern und zu schwitzen. In der Mail steht nicht nur sein voller Name, seine Adresse und seine Sozialversicherungsnummer, sondern auch all jene Sachen, die er vor Jahren seinem Therapeuten anvertraut und über die er sonst noch mit niemandem geredet hat, allen voran: die Gefühle, die er für kleine Jungs hat. Der unbekannte Absender verlangt eine Zahlung von mehreren hundert Euro in Cryptowährungen auf ein anonymes Konto innerhalb der nächsten 24 Stunden, ansonsten droht er damit, die Informationen öffentlich zu machen. Wie sich später herausstellen sollte, wurde die Praxis, zu der Jan gegangen ist, von kriminellen Hackern angegriffen und seine Patientenakte, in der sämtliche Behandlungsnotizen aus seiner Therapie gespeichert waren, dabei abgegriffen.

Der Vastaamo-Hack

Die Geschichte von Jan ist zwar erfunden, basiert aber auf einer realen Begebenheit, die eng mit dem Aufstieg und Fall des größten Anbieters für Psychotherapien in Finnland verbunden ist.

2009 wurde in Finnland die Firma Vastaamo gegründet, die eine für damalige Verhältnisse innovative Softwarelösung anbot, mit der potenzielle Klient:innen unkompliziert und mit wenig Wartezeit Termine bei zertifizierten Therapeut:innen online bekommen konnten. Damit wurde die Firma so erfolgreich, dass sie ab 2012 eigene Kliniken eröffnen konnte, die ebenfalls mit selbst entwickelter Software ausgestattet wurden. Am Höhepunkt des Erfolgs von Vastaamo betrieb die Firma 25 Kliniken in dem recht bevölkerungsarmen Land. Wer zu der Zeit eine Psychotherapie in Finnland in Anspruch nahm, ging recht wahrscheinlich in eine Vastaamo-Klinik.

Die nach außen hin beeindruckende Erfolgsstory des Unternehmens verbarg jedoch einen verrotteten Kern. Die Software, auf der sich der Erfolg von Vastaamo begründete, war extrem unsicher. So wurden Patientenakten mit höchst sensiblen Daten ohne jegliche Anonymisierung oder Verschlüsselung in einer Datenbank gespeichert, die nur durch drei einfache Firewalls geschützt war. Um das System leichter warten zu können, konfigurierten die verantwortlichen Systemarchitekten aus Bequemlichkeit faustgroße Löcher in diese Firewalls, sodass es nur eine Frage der Zeit war, bis das System erfolgreich angegriffen werden würde. 2018 und 2019 gelang kriminellen Hackern schließlich zweimal der Zugriff auf diese Datenbank, was die Verantwortlichen bei Vastaamo zunächst zu vertuschen versuchten.

Etwa eineienhalb Jahre sollte es dauern, bis die Hacker den Wert der Daten, die bei diesen Hacks abgegriffen wurden, überhaupt erkannten. Im September 2020 forderten sie schließlich eine halbe Million Euro von Vastaamo und drohten damit, die gehackten Daten zu veröffentlichen, sollte Vastaamo nicht zahlen. Als diese Drohung nicht fruchtete, versuchten die Hacker eine für Cyberkriminelle eher ungewöhnliche Strategie und fingen an, einzelne Betroffene direkt zu erpressen. Gleichzeitig veröffentlichten die Kriminellen nach und nach Patientenakten Darknet, um den Druck auf die Firma und die Betroffenen zu erhöhen. Darunter waren Akten von Politiker:innen und anderen Menschen in Führungspositionen, aber auch von Menschen, die in der vermeintlichen Sicherheit der Therapie zugaben, pädophile Neigungen zu haben.

Der Fall erschütterte 2020 ganz Finnland und hatte weitreichende strafrechtliche, aber auch politische Folgen. Einige Betroffene versuchten verzweifelt, das geforderte Erpressungsgeld zu bezahlen, wobei unklar ist, ob danach je Datensätze wirklich gelöscht wurden. Vermutlich aufgrund eines eigenen Fehlers stellten die Kriminellen versehentlich alle etwa 33.000 gehackten Patientenakten kurzzeitig für die ganze Welt online, womit die Katze sowieso aus dem Sack gelassen war. Wer in einer Klinik von Vastaamo je in Behandlung war, musste damit rechnen, dass sein soziales Umfeld von seinen intimsten und privatesten Gedanken jederzeit erfahren konnte. Für einige Betroffene war diese Vorstellung so unerträglich, dass sie sich daraufhin das Leben nahmen.

Die Risiken elektronischer Patientenakten

Der Fall Vastaamo ist ein Extrembeispiel dafür, wozu eine fahrlässige Nachlässigkeit bei der Verarbeitung von sensiblen Gesundheitsdaten im schlimmsten Fall führen kann. Es handelt sich dabei aber keineswegs um einen Einzelfall, erst kürzlich wurden wurden in einem ähnlichen Fall die gehackten Patientenakten von 1.300 Klient:innen einer Spielsucht-Beratungsstelle in der Schweiz im Darknet veröffentlicht. Solche Fälle zeigen exemplarisch, was für Risiken insbesondere auch pädophile Menschen eingehen, die sich in Therapie begeben. Längst ist es nicht mehr so, dass das, was man im Vertrauen seinem Therapeuten erzählt, den Patientenraum nicht mehr verlässt. Elektronische Datenverarbeitung ist heute Standard geworden, und so landen auch sensible Patientendaten in digitalen Systemen, wo sie prinzipiell abgegriffen werden können. Digitalisierung im Gesundheitssystem ist daher neben möglichen Chancen auch immer mit potenziellen Risiken verbunden, die für Betroffene meist gar nicht mehr überblickbar sind.

Wesentlich vorangetrieben wurde die Digitalisierung des Gesundheitswesens in Deutschland Anfang des Jahres mit Inbetriebnahme der elektronischen Patientenakte (ePA). Jeder, der nicht explizit widersprochen hat, besitzt seit April dieses Jahres so eine Patientenakte, in der Behandelnde Diagnosen und Befunde hinterlegen können. Zwar landen, anders als bei Vastaamo, in der ePA keine detaillierten Sitzungsprotokolle, allerdings durchaus Diagnosen. In Deutschland ist für Diagnosen weiterhin der ICD-10 maßgebend, in dem Pädophilie unter dem Code F65.4 noch als Krankheit gelistet ist. Im Klartext bedeutet dies, dass jeder pädophile Mensch, der sich gegenüber einem Arzt oder Therapeuten als pädophil outet die „Diagnose“ Pädophilie verliehen bekommen kann und sie gegebenenfalls in der ePA digital hinterlegt wird. Und auch mit dem ICD-11, der irgendwann in der Zukunft in Deutschland gültig werden soll, sieht es nicht besser aus: zwar gilt dort Pädophilie „nur“ noch als Störung, wenn sie mit Belastungen oder Fremdgefährdungen einhergeht, aber es liegt weiterhin in der Deutungshoheit der Behandelnden zu bestimmen, wann dieser Punkt erreicht ist. Es ist also auch mit dem ICD-11 weiterhin möglich, in den eigenen Gesundheitsdaten mit einer entsprechenden Diagnose als pädophil markiert zu werden.

Dass auch die ePA nicht vor unbefugten Zugriffen sicher ist, zeigten Sicherheitsfachleute des Chaos Computer Clubs letztes Jahr in einem Vortrag auf dem 38. Chaos Congress. Eindrucksvoll demonstrierten sie mehrere teils gravierende Schwachstellen, über die sie mit vergleichsweise wenig Aufwand Vollzugriff auf die Patientenakten Dritter erlangen konnten, auf die sie eigentlich gar keinen Zugriff haben sollten. Danach wurde der Start der ePA zwar noch einige Male verzögert und es wurde technisch nachgebessert, aber selbst kurz Inbetriebnahme der ePA im April äußerten Fachleute immer noch Zweifel daran, dass die ePA wirklich sicher sei. Fakt ist jedenfalls, dass die ePA zahlreiche hochsensible Daten zentralisiert sammelt, und dadurch ein äußerst begehrenswertes Angriffsziel für kriminelle Hacker:innen darstellt. Diagnosen wie die Pädophilie nach F65.4 sind dabei wiederum für Cyberkriminelle besonders interessant, da wohl keine „Krankheit“ stärker stigmatisiert und schambehafteter ist und sich somit besser für Erpressungen eignet.

Handlungsempfehlung

Immerhin sind wir den Risiken der ePA nicht hilflos ausgeliefert. Es ist jederzeit möglich, die eigene Patientenakte löschen zu lassen, ohne dass dies zu Benachteiligungen bei Behandlungen führen darf. Dafür reicht ein formloses Schreiben an die Krankenkasse. Wer sich als Pädophile:r in therapeutischer Behandlung befindet, sollte diesen Schritt unbedingt aufgrund der möglichen Risiken erwägen. Wer auf die Vorteile der ePA nicht ganz verzichten möchte, hat außerdem die Möglichkeit zu fordern, dass eine mögliche Diagnose einer Pädophilie nicht in der ePA landen soll. Wer eine solche Diagnose bereits in seiner ePA stehen hat, sollte darauf achten, diese auszublenden, sodass nicht jede Arztpraxis darauf zugreifen kann. Informationen über Widerspruchsmöglichkeiten bei der ePA finden sich zusammengefasst auf heise.de.

Psychisch Kranke als Gefahr

Die letzten Monate wurde Deutschland von einer Reihe von Gewaltfällen erschüttert: so zum Beispiel im Mai, als am Hamburger Hauptbahnhof eine Frau, die kurz vorher aus der Psychiatrie entlassen wurde, 18 Menschen mit einem Messer verletzte. In der Medienberichterstattung zu diesen Fällen wurde schnell die psychiatrische Vorgeschichte der Täter:innen in den Vordergrund gestellt. In dem Bemühen, Entschlossenheit zu demonstrieren, stellte die Politik daraufhin Forderungen, die für mehr Überwachung psychisch kranker Menschen warben. CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann sprach sich für ein Register psychisch kranker Gewalttäter aus, Thüringens Innenminister Georg Maier sprach davon, psychisch kranke „Gefährder“ verpflichtend an die Polizei zu melden, und in Hessen überprüfte eine neu gegründete Taskforce der Polizei für „Psychisch Auffällige, Vielschreiber, Gewalttäter“ 1.600 Menschen, die in ihrer Polizeidatenbank als psychisch krank markiert waren. Die hessische Landesregierung plant darüber hinaus eine Gesetzesänderung, die es unter bestimmten Umständen verpflichtend machen soll, aus der Psychiatrie entlassene Personen an Sicherheitsbehörden zu melden.

Als Reaktion darauf wiesen Kritiker:innen schnell darauf hin, dass der Zusammenhang zwischen psychischen Erkrankungen und Gewalttaten überschätzt sei. Die meisten psychisch erkrankten Menschen sind friedlich, und andersherum haben die meisten Gewalttäter:innen keine psychiatrische Geschichte. Wichtig sei vor allem, auf Prävention zu setzen, also Behandlungsangebote auszubauen, die auf individuelle Bedürfnisse zugeschnitten sind. Die Debatten um psychische Erkrankungen erinnern damit zunehmend an die Debatten um Pädophilie, insbesondere in der Hinsicht, als dass über psychisch erkrankte Menschen zunehmend als ein Risiko für die Sicherheit der Gesellschaft gesprochen wird, das irgendwie „gemanaged“ werden muss. In einer Pressemitteilung der CDU Hessen wird über psychisch Kranke etwa schon gar nicht mehr als Hilfsbedürftige, sondern nur noch als potenzielle Gefahr geredet.

Kurzsichtige Pläne von Politiker:innen, Daten zu psychisch erkrankten Menschen der Polizei zur Verfügung zu stellen, müssen mit Sorge beobachtet werden. Psychiatrieverbände wie die dgppn und BPD befürchten eine Stigmatisierung Betroffener und die Aufweichung des Arztgeheimnisses und weisen darauf hin, dass die Pläne dazu führen können, dass Betroffene aus Angst vor Datenweitergabe nicht mehr rechtzeitig einen „Rettungsanker“ annehmen. Schon jetzt fragen sich Betroffene, ob es Nachteile für sie haben kann, wenn sie sich in Behandlung begeben. Für Pädophile wenig beruhigend dürfte dabei die Einschränkung sein, dass es ja nur um psychisch kranke „Gefährder“ gehe. Da den gesellschaftlichen Vorurteilen nach Pädophile grundsätzlich als gefährliche, tickende Zeitbomben gelten, ist davon auszugehen, dass Pädophile von den geplanten Regelungen übermäßig betroffen sein werden.

Das hohe gesellschaftliche Stigma und die verbreitete Gleichsetzung von Pädophilie und Missbrauch wiederum bedeutet, dass es fatal sein kann, bei der Polizei als pädophil bekannt zu werden. Diese Information alleine ist unter Umständen schon ausreichend dafür, dass ein Strafverfahren eingeleitet und eine Hausdurchsuchung angeordnet wird. Bei tatsächlich vorliegenden Straftaten kann eine diagnostizierte Pädophilie zu höheren Strafen oder zusätzlichen Auflagen vor Gericht führen. Im Übrigen ist auch jetzt schon die ePA hier potenziell problematisch. Für gewöhnlich unterliegen ärztliche Unterlagen einem Beschlagnahmeverbot, heißt auch bei Verdacht auf das Vorliegen einer Pädophilie darf die Polizei nicht in die Akten des Therapeuten einer Person schauen, um diesen Verdacht zu bestätigen. Bei der ePA ist unklar, ob hier das Beschlagnahmeverbot auch gilt, da diese Akten nicht von den Behandelnden, sondern von den Krankenkassen verwaltet werden. Schon 2023 stellte der damalige Bundesdatenschutzbeauftragte daher fest, dass es nicht ausgeschlossen ist, dass die Polizei völlig legal Zugriff auf ePAs erhalten könne. Dies ist noch ein Grund sicherzustellen, dass der Vermerk auf Pädophilie niemals in der eigenen ePA zu finden ist.

In den USA-Bundesstaaten gibt es die sogenannten Mandatory Reporting Laws, die unter anderem auch Psychotherapeut:innen dazu verpflichten, bei Verdacht auf Kindesmissbrauch die Behörden zu alarmieren. Um sich selbst abzusichern, machen viele Psychotherapeut:innen so eine Meldung schon bei Klient:innen, die sich als pädophil outen. In Deutschland muss (und darf) eine Meldung derzeit nur dann erfolgen, wenn konkrete Hinweise auf eine drohende Selbst- oder Fremdgefährdung vorliegen. Dass Pädophile sich relativ gefahrlos in einer Therapie outen können, und selbst Straftäter:innen ohne Angst auf Konsequenzen von vergangenen Straftaten erzählen können, ist etwa die Basis dafür, dass ein Projekt wie Kein Täter Werden im deutschsprachigen Raum überhaupt existieren kann. Dies wird durch Forderungen nach Polizeiregistern für „Gefährder“ und verpflichtendem Datenaustausch zwischen Psychotherapie und Polizei fundamental infrage gestellt.

All diese Gefahren und gesellschaftliche Entwicklungen sollen bitte noch niemanden davon abhalten, sich Hilfe zu suchen, wenn sie benötigt wird. Es ist aber wichtig sich eines bewusst zu machen: in einer digitalisierten Welt sind auch vertrauliche Diagnosen und Behandlungsprotokolle am Ende Daten, die in datenverarbeitenden Maschinen landen. Und Daten wecken Begehrlichkeiten: einmal von Cyberkriminellen, aber auch von Sicherheitsbehörden, die diese Daten nutzen wollen, um vermeintliche Risiken zu bewerten, was am Ende aber vor allem bereits marginalisierte Gruppen stigmatisiert. Als Pädophile:r gebietet es die hohe Gefahr der Stigmatisierung, sich dessen bewusst zu machen, und genau zu hinterfragen: Wo landen diese Daten, wer hat Zugriff darauf, und wie sind diese abgesichert?

CC BY-SA

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4 Kommentare

Ja, wenn der Chef von KTW selber Pädophile als Gefahr bezeichnet und eine Massenüberwachung fordert, dann ist ja klar wie seine Position zur ePA und einem saftigen Polizeiregister ist.

Beier hat im Rahmen der Puppendebatte im Landtag NRW ausgesagt das "Pädophilen nur die Nutzung von Testosteronblockern bleibt, um straffrei leben zu können und somit ein gänzlicher Verzicht auf Sexualität."

Sexuelle Selbstbestimmung, körperliche Unversertheit und die Menschenwürde sind dem alles Fremdwörter. Der hetzt noch schlimmer als jeder andere.

Sehr gut auf dem Punkt gebracht! Ich teile deine Gedanken dazu.

Gerade dieses Vertrauen (und die Sicherheit), die ein Patient in seinen Therapeuten oder Arzt hat, ist die Basis für eine gemeinsame Zusammenarbeit.

Forderungen zur schrittweisen Aufhebung unseres Datenschutzes sind gefährlich und das zerstört integrale Werte unserer Demokratie.

"Bei tatsächlich vorliegenden Straftaten kann eine diagnostizierte Pädophilie zu höheren Strafen oder zusätzlichen Auflagen vor Gericht führen."

Die diesem Umstand zugrundeliegenden Tatsachen, hat User "Schneeschnuppe" hier in einem Kommentar sehr treffend dargelegt: (letzter Kommentar ganz unten) https://kinder-im-herzen.net/blog/sirius-sonntagskiste-nr-35-echoes-aus-der-vergangenheit

Sirius

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Mein Name hier ist Sirius – angelehnt an den Doppelstern im Großen Hund. Ich bin etwa Anfang 30, und studierter Informatiker. Seit meiner Jugend weiß ich, dass ich mich zu Kindern besonders hingezogen fühle. Und auch wenn der Umgang damit nicht immer einfach war, so hat es mich doch auch unter anderem zu meinem Rotkäppchen geführt, mit der ich in einer glücklichen Beziehung lebe. In meiner Freizeit versuche ich einen Beitrag zur Aufklärung über Pädophilie zu leisten, mache gerne Musik und verzweifle gelegentlich an der Gesellschaft.

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Danke für die sachliche Kritik, ich versuche mal auf die einzelnen Punkte zu antworten. Einen Titel wie "Pädophilie – Wenn Sexualität Opfer schafft" verstehe ich zunächst als sachlich korrekt, da eine mit Kindern ausgelebte Pädosexualität Verbrechen ist und Opfer schafft. Ich empfinde das ehrlich gesagt so ein wenig als Wortklauberei. Sexualität ist eigentlich mehr als nur das Sexualverhalten, sondern beschreibt die Gesamtheit des sexuellen Verhaltens, aber auch der sexuellen Präferenzen und der sexuellen Identität einer Person. Unter der Interpretation kann man Pädophilie durchaus als Sexualität verstehen, und ich bin der Meinung, dass der Titel diese Interpretation auch nahe legt. Aber auch wenn wir sagen, dass Sexualität nur das Verhalten beschreibt, wird durch den Titel eine enge Verbindung nahe gelegt. Es wird eben nicht differenziert, sondern impliziert, dass das Schaffen von Opfern eine wesentliche Eigenschaft der Pädophilie ist. Eine Kinderleiche am See ist sicher viel abstrakter als das, was Eltern über Pädos eingetrichtert wird. Aber das ist doch genau das Schlimme: Das es für viele Eltern schwieriger ist, sich mit dem Gedanken auseinanderzusetzen, dass jemand in Gedanken ihr Kind sexuell begehrenswert finden könnte, als mit dem Gedanken, dass ihr Kind als Leiche im See enden könnte. Dass die bloße Existenz von Pädophilen als schwieriger zu Verdauen gilt als selbst schlimmste Gewalttaten an Kindern, zeigt, wie krank, hysterisch und verzerrt die Diskussionen zu dem Thema eigentlich inzwischen geworden sind. Sein letzter Satz den dein Zitat leider auslässt (warum?) dreht wieder die sachliche Aussage: Pädophilie allein hat keinen (oder weniger) Krankheitswert. Es stimmt, dass er mit dem letzten Satz seine Aussage ein Stück weit wieder relativiert. Dennoch, die vorigen, von mir zitierten Sätze beantworten die Frage eigentlich relativ klar: Pädophilie gilt „unter Medizinern“ als eine „abnorme Sexualpräferenz“, die schon „einen gewissen Krankheitswert hat“. Mal abgesehen davon, dass er damit einen wissenschaftlichen Konsens zu der Frage impliziert, den es so schlicht nicht gibt, verstehe ich in dem Zusammenhang den letzten Satz eher so, dass die Handlungen lediglich beeinflussen, wie krank ein Pädophiler wirklich ist, aber nicht, ob ein Pädophiler grundsätzlich krank ist. Ich habe das Zitat um den letzten Satz dennoch einmal ergänzt, da ich durchaus sehen kann, dass er die Interpretation der Aussagen beeinflussen kann. Das Zitat in deinem Text bezieht diese Reizkontrolle wiederholt klar auf - Straftäter, nicht auf non-offender - Tätigkeiten, die klar über normalen privaten Umgang mit Kindern hinausgehen […] Deine ganze weitere Argumentation zu diesem Punkt stützt sich auf diesen Strohmann, Schiltz habe explizit nicht-Täter eingeschlossen und die individuelle Betrachtung voll verneint ("Situationen mit Kindern grundsätzlich zu vermeiden"). Ich habe in die Stelle im Podcast reingehört und kann diese Interpretation irgendwie nicht nachvollziehen. Ich denke schon, dass sich die Aussagen von Schiltz zur Vermeidung von Kinderkontakt allgemein auf Pädophile beziehen: Die Frage war ganz klar, ob „Vermeidung im Umgang mit Kindern“ allgemein eine gute Strategie für Pädophile sei, und nicht nur auf Straftäter beschränkt. Und Schiltz' Antwort war ebenso klar und eindeutig: „Das ist eine sehr gute Strategie.“ Er sagt: „Wir machen das [Vermeidung von Kinderkontakt] auch, wenn wir mit bereits straffälligen Personen arbeiten“. Das zeigt, dass er in seiner Antwort über nicht straffällige Personen redet und die Strategien, die er Straftätern vermittelt auch für nicht-straffällige Pädophile anwenden will. Dazu kommt, dass seine Antwort jegliche Differenzierung vermissen lässt. Er sagt nicht „es kommt drauf an, wie es der Person im Umgang geht“ oder „es kommt drauf an, ob sich die Person im Umgang mit Kindern vernünftig verhält“. Nein, stattdessen: Vermeidung im Umgang mit Kindern ist immer eine „sehr gute Strategie“, Punkt. Die Beispiele, die er nennt, resultieren eher aus einem Unvermögen sich vorzustellen, dass Pädophile auch die Nähe von Kindern suchen können, ohne sich creepy zu verhalten oder die Kinder zur sexuellen Erregung zu instrumentalisieren.
Ach Sirius, ich weiß immer nicht so recht wie ich damit umgehen soll: ich sehe mich wiederholt in der ziemlich unangenehmen Lage, zwar im Grunde mit dir übereinzustimmen aber einige deiner Argumente daneben oder unausgegoren zu finden. Leicht anbgreifbar eben. Ich schneide hier mal nur vier dieser Punkte an: Der Titel: Wenn man auf der Trennung von Verhalten und Neigung bestehst dann finde ich, muss man das auch den Journalisten zugestehen: Pädophilie ist eben keine Sexualität (Handlungsweise) sondern eine sexuelle Präferenz. Einen Titel wie "Pädophilie – Wenn Sexualität Opfer schafft" verstehe ich zunächst als sachlich korrekt, da eine mit Kindern ausgelebte Pädosexualität Verbrechen ist und Opfer schafft. Bösartig ist der Titel ganz klar dennoch, da den Journalist*innen einerseits die Wirkung dieses Framings bewusst gewesen sein muss. Und andererseits offenbart der weitere Kontext, dass sie tatsächlich gar nicht sinnvoll differenzieren wie du in deinen Worten zur Einleitung weiter unten gut illustrierst. Eines der schwierigsten Themen Sie sagt "schwierig", nicht "schlimm", wie du sie zitierst und kritisierst. Inwiefern schwierig, das erklären die Moderatoren ja auch gleich indem sie ihre Familien erwähnen: es ist emotional schwierig und das glaube ich Normalos auch. Eine Kinderleiche am See ist sicher viel abstrakter als das, was Eltern über Pädos eingetrichtert wird. Trotzdem stimme ich zu: indem sie die "Schwierigkeit" betonen gewinnen sie keinen Blumentopf sondern reiben das Stigma nochmals stärker rein. Zeigen hier unnötiges Verständnis für ignorante Leute. Allerdings hängt der [Krankheitswert] natürlich auch immer davon ab, inwiefern eine Person nach dieser Neigung handelt. Herr Schiltz finde ich äußert sich hier hörbar vorsichtig. Er zaudert wie nirgends sonst im Interview, hört ihr das auch? Warum frage ich mich. Warum haut er nicht klar raus: "Die Neigung an sich wird schon als "komisch" gesehen aber Krankheitswert hat sie nur, wenn daraus Leiden entsteht bliblablubberklärung"? Sein letzter Satz den dein Zitat leider auslässt (warum?) dreht wieder die sachliche Aussage: Pädophilie allein hat keinen (oder weniger) Krankheitswert. Trotzdem lässt er angebrachte Kritik an der Fragestellung aus, wie ich sie teils von Dr. Ahlers geliebt habe, der oft erstmal die Fragesteller freundlich zusammengefaltet hat bevor er die richtige Frage beantwortete. Sowas hätte ich mir von Schiltz hier auch gewünscht. ich denke das wollte er hier nicht. Und dieser letzte Satz wird nicht das sein, was beim Zuhörer hängenbleibt. Nicht zuletzt, da weder der Grund für die Einordnung als abnormal noch die Abhängigkeit vom Handeln nach der Neigung erläuert wird. Daher bin ich bei der Kritik und den Vergleichen zur Situation Homosexueller wieder voll bei dir. Hier werden Strategien und Behandlungsmethoden, die ursprünglich für die Behandlung von Sexualstraftätern entwickelt wurden und dort vielleicht sogar Sinn ergeben (ich weiß es nicht), eins zu eins auch auf Pädophile angewandt, die nie ein Kind missbraucht haben. Auf diesen Punkt habe ich im Interview sehr geachtet und ich muss widersprechen: Nein das tut er (im Interview) nicht. Das Zitat in deinem Text bezieht diese Reizkontrolle wiederholt klar auf - Straftäter, nicht auf non-offender - Tätigkeiten, die klar über normalen privaten Umgang mit Kindern hinausgehen: "vor einem Schulhof stehen, [...] im Schwimmbad herumhängen und dort Beobachtungen machen." also Kinder beglotzen. Und ob ein Straftäter frei sein sollte, später "im Kindergarten [zu] arbeiten", da kann man durchaus geteilter Meinung drüber sein. - "Reize, die sie in problematische Triebsituationen bringen könnten", wozu auch erläutert wird, das dies hochindividuell sei. Deine ganze weitere Argumentation zu diesem Punkt stützt sich auf diesen Strohmann, Schiltz habe explizit nicht-Täter eingeschlossen und die individuelle Betrachtung voll verneint ("Situationen mit Kindern grundsätzlich zu vermeiden"). Beides ist, finde ich, falsch. Soviel zu den angekündigten 4 Beispielen. Was Pädophilie bei Frauen angeht: Welchen Vorteil bringt es diese Vermutung bei jeder Erwähnung extra zu betonen? , dass es wahrscheinlich nur super wenige gäbe??!? Das regt mich auch ENDLOS auf. Warum? - Entweder es gibt wesentlich mehr pädophile Frauen als die Wissenschaft vermutet. Dann ist das falsch, kontraproduktiv, invalidierend und suuuper schädlich für die Selbstwahrnehmung krass vieler Menschen. - Oder es gibt tatsächlich nur super wenige pädophile Frauen. Dann wär es zwar nicht sachlich falsch aber schädlich und trotzdem kontraproduktiv, dass so darauf herumgeritten wird. - Und die Vermutung einfach auszulassen und es beim "Wir wissen es nicht" mit kurzer neutraler Begründung zu belassen würde nichts von diesem Schaden anrichten. Letzteres wäre neutral und sachlich. Oh, was soll denn eigentlich neutral und sachlich bleiben? Richtig, der Journalismus. Liebes Aktenzeichen-Team: Aufgabe verfehlt.
Derartige Ungenauigkeiten finden sich leider ständig in wissenschaftlichen Artikeln zum Thema. Dennoch erwähnt der Artikel einige, wie ich finde, sehr valide Punkte, allen voran: Es gibt überhaupt keinen Beweis dafür, dass Kein Täter Werden überhaupt hält, was es verspricht. Die Zahlen, die bisher im Projekt veröffentlicht wurden, zeigen, dass es bei Klienten, die Täter sind sehr hohe Rückfallquoten gibt, während einige Nicht-Täter sogar erst im Verlauf der Therapie zu Ersttätern werden. Im Bezug auf das PPJ kritisiert König den Einsatz von Medikamenten, den ich bei Minderjährigen ebenfalls sehr fragwürdig finde.
Hab nur 1min lang reingeguckt in den Artikel und buchstäblich der erste Absatz, den ich lese, schmeißt voll Pädophilie als Sexualpräferenz aus KTW-Kontext mit der „pädophilen Störung“ aus dem DSM durcheinander — UND baut das Ergebnis zu einem heftigen Kritikpunkt aus, man würde dem wissenschaftlichen Konsens widersprechen (Festschreibung von mir): Ein Hauptziel der Behandlung im Präventionsprojekt für Jugendliche ist es, die „sexuelle Präferenzbesonderheit für das kindliche Körperschema“ in das eigene Selbstbild zu integrieren und diese zu akzeptieren, da keine Veränderung der sexuellen Präferenz (im Sinne einer Löschung sexueller Fantasien) in Aussicht gestellt werden kann (Schlinzig et al. 2021, S. 189). Auch diese äußerst pessimistische therapeutische Haltung widerspricht international anerkannten Klassifikationssystemen. Das DSM‑5 weist darauf hin, dass eine „pädophile Störung“ grundsätzlich veränderbar ist, sowohl mit als auch ohne Therapie (Falkai und Wittchen 2015, S. 962) Macht diesen Artikel für mich jetzt nicht gerade vertrauenswürdig.
"Bei tatsächlich vorliegenden Straftaten kann eine diagnostizierte Pädophilie zu höheren Strafen oder zusätzlichen Auflagen vor Gericht führen." Die diesem Umstand zugrundeliegenden Tatsachen, hat User "Schneeschnuppe" hier in einem Kommentar sehr treffend dargelegt: (letzter Kommentar ganz unten) https://kinder-im-herzen.net/blog/sirius-sonntagskiste-nr-35-echoes-aus-der-vergangenheit