Lieber Leser,

der Wirbel nach Münster lässt langsam nach, und so ist meine dieses Mal Kiste nicht ganz so überfüllt, wie sie es die letzten Male war. Einige Einträge habe ich dennoch gesammelt – manches, das ärgerlich macht, anderes, das einen zum Lachen bringen kann, und ein paar Sachen, die nachdenklich stimmen können. Und einen Lichtblick gibt es auch noch, denn diesmal ist nicht alles, sondern nur fast alles negativ.

Sirius' Sonntagskiste

Sirius' Sonntagskiste ist mein persönlicher Wochenrückblick zum Thema Pädophilie. Jede Woche möchte ich Fundstücke zum Thema Pädophilie sammeln und meine Kiste mit Nachrichten, Medienartikel, Erlebnissen und Gedanken füllen. Jeden Sonntag werde ich dann an dieser Stelle meine Kiste öffnen um vorzustellen und zu kommentieren, was ich dort gesammelt habe. Das Ergebnis ist eine Reihe von Kommentaren und Gedanken zu aktuellen Themen, bei denen mir die Zeit für einen eigenen Blogbeitrag fehlt oder die einfach nicht umfangreich genug für einen eigenen Beitrag sind.
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  1. Mein Kopf platzt (15/2020)
  2. Ohne Tabus (17/2020)
  3. Verantwortung (19/2020)
  4. Rückkehr zur Tagesordnung (20/2020)
  5. Kinderentführer, Satanisten, Pädophile (21/2020)
  6. Den Pädo-Kriminellen den Kampf ansagen (22/2020)
  7. Hinunter in den Kaninchenbau (23/2020)
  8. Das Nachbeben von Münster (24/2020)
  9. Ja, aber... (25/2020)
  10. Echoes aus der Vergangenheit (26/2020)
  11. Volle Fahrt voraus und Kurs auf's Riff (27/2020)

1. Kentlers pädophile (?) Ideologie

Im Moment findet die Aufarbeitung eines der vielleicht größten Missbrauchsskandale in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland statt. Unter Leitung des Sexualwissenschaftlers und Pädagogen Helmut Kentler wurden über Jahrzehnte hinweg mit behördlicher Genehmigung und Unterstützung Kinder und Jugendliche an Sexualstraftäter vermittelt. Kentler selber war einer der prominentesten und einflussreichsten Vertreter einer Ideologie, nach der einvernehmlicher Sex zwischen Erwachsenen und Kindern nicht nur möglich, sondern sogar pädagogisch wertvoll sei. Kentler und seine Unterstützer nutzten ihren Einfluss, um diese Ideologie so weit wie möglich zu verankern, und gleichzeitig Missbrauch, der im Zuge dieser "Experimente" begangen wurde, zu vertuschen und zu decken.

Dass diese Verstrickungen jetzt aufgearbeitet werden, ist also wichtig und grundsätzlich zu begrüßen. Leider werden diese Taten und Ideologien in der Aufarbeitung immer wieder in direkten Zusammenhang mit Pädophilie gebracht. So zum Beispiel in einem aktuellen Artikel der Welt. Da ein Bild mehr als 1000 Worte sagt, hier eine Collage einiger Aussagen aus dem Artikel:

Auch die Studie der Uni Hannover, welche die Verstrickungen um Kentler untersucht und die in dem Artikel der Welt zitiert wird, enthält alleine 115 Erwähnungen von Pädophilie.

Mein Problem mit dieser Art der Aufarbeitung ist Folgendes. Es wird damit impliziert, als ob alle pädophilen Menschen der Ideologie von Kentler folgen würden. Diese Ansicht war vielleicht in den 70er-Jahren noch entschuldbar, da in der Zeit die einzigen Pädophilen-Gruppen, die öffentlich aufgetreten sind, leider solche waren, die der Ideologie tatsächlich gefolgt sind. Inzwischen haben sich die Zeiten aber geändert, und mit Projekten wie Schicksal und Herausforderung, Kein Täter Werden, Selbsthilfeforen wie Gemeinsam statt allein oder Virped und nicht zuletzt auch diesem Blog hier sollte inzwischen bewiesen sein, dass nicht alle pädophile Menschen so denken.

Das Kentler-Netzwerk also als Pädophilennetz zu bezeichnen, oder seine Positionen als pädophile Position zu bezeichnen, ist also ähnlich unfair wie nationalsozialistische Haltungen als "Deutsche Positionen" zu bezeichnen, nur weil viele Deutsche solche Haltungen hatten und immer noch haben.

2. Interview mit KTW-Psychologin Dr. Anna Konrad

Nach den ganzen eher weniger überzeugenden Experteninterviews der letzten Woche ist gab es diese Woche endlich mal wieder eines, das man tatsächlich auch guten Gewissens weiterempfehlen kann. Zeit Online hat ein Interview mit Dr. Anna Konrad geführt, die seit 17 Jahren am Berliner Standort von "Kein Täter Werden" (KTW) arbeitet.

Das Interview fängt bereits überzeugend an mit dem Hinweis, dass sich das Gespräch nicht um die Welle an Missbrauchsfällen drehen soll, und da eine Unterscheidung zu Pädophilie zu treffen ist. Besonders (positiv) überrascht hat mich auch eine Aussage zu pädophilen Frauen, die ich so bisher noch nicht von einer KTW-Mitarbeiterin gehört habe. Normalerweise heißt es immer, dass Pädophilie bei Frauen kaum vorkommen würde, obwohl es eigentlich keine Forschung gibt, welche diese Aussage unterstützt. Frau Konrad betont jedoch: "Wie hoch der Anteil der pädophilen Frauen ist, wissen wir nicht, hierzu gibt es kaum Studien." Dies gibt den aktuellen Stand der Wissenschaft wesentlich akurater wieder, und stempelt Frauen mit Pädophile nicht als "kaum relevante Exoten" ab, was andere Interviews (sicherlich oft unbeabsichtigt) erreichen.

Alles in allem ist die Zeit bisher das einzige Medium, das in der Debatte nach Münster einen kühlen und sachlichen Kopf bewahrt hat und sich nicht der vielfachen Stigmatisierung pädophiler Menschen, die in der Medienberichterstattung immer wieder vorgekommen ist, angeschlossen hat – und dieser Trend setzt sich auch mit diesem Interview erfreulicherweise fort.

3. Pädophilie und Rufschädigung

In den USA wurde der Schauspieler und Stand-up-Comedian Chris D’Elia beschuldigt, minderjährige Frauen online sexuell belästigt zu haben. Ins Rollen gebracht wurde der Stein von dem Tweet einer Frau, die beschreibt, dass D'Elia ihr eine anzügliche Nachricht geschrieben habe, als sie 16 Jahre alt war.

Die Medien stürzen sich geradezu auf diesen Fall, da es ihnen eine unwahrscheinlich schöne Story bietet: denn D'Elia spielt in der Netflix-Serie "You" nicht nur jemanden, der wie er selber auch Stand-up-Comedian ist, sondern der außerdem einer 15-Jährigen K.O.-Tropfen gibt um sie zu missbrauchen. Die Parallelen zwischen der Geschichte und den Vorwürfen werden von den Medien genüsslich ausgeschlachtet, etwa von der BILD und dem Stern.

Auch wenn die Vorwürfe natürlich absolut nichts mit Pädophilie zu tun haben, da es hier um Jugendliche geht, so ist er dennoch jetzt als "Pädophiler" gebrandmarkt. So macht ein Zitat aus Twitter immer wieder die Runde, ohne dass es infrage gestellt wird: "Ich bezweifele stark, dass das Casting dieses Ekels als Pädophiler ein Zufall war." In der BILD wird er mit Harvey Weinstein und Jeffrey Epstein verglichen, die beide ihre Stellung ausgenutzt haben, um zahlreiche sexuelle Übergriffe zu begehen, und stellenweise ist schon von einem neuen Pädophilie-Skandal die Rede.

Diese Vorwürfe sind wohl bemerkt kein Stück weit bewiesen. D'Elia selber bestreitet, zu den Frauen Kontakt gehabt zu haben. Dennoch reichte alleine schon dieser Tweet, um seine Karriere effektiv zu beenden. Sein Agent hat ihn gefeuert, seine Kollegen distanzieren sich von ihm. Auf Comedy Central wurden mehrere Sendungen, an denen er teilgenommen hat, gelöscht.

Natürlich ist es möglich, dass die Vorwürfe zutreffen und sich D'Elia tatsächlich anderen Menschen gegenüber sexuell übergriffig verhalten hat. Aber in dem Fall sollte es eine Sache der Gerichte sein, seine Schuld festzustellen. Ich finde es schockierend, dass ein einziger Tweet ausreicht, seine Karriere zu beenden und ihn öffentlich als "pädophil" zu brandmarken, ohne dass es eindeutige Beweise für ein Fehlverhalten seinerseits gibt.

Und selbst wenn er schuldig sein sollte: nichts von dem, was er getan haben soll und nichts von dem, was sein gespielter Charakter tat, hat irgendetwas mit Pädophilie zu tun.

4. Die Treppe zum Goldenen Pädo

– von Ruby

Der Artikel, dem ich mich hier widmen möchte, stammt von einem Potsdamer Blogportal namens "Stadt für alle", deren Betreiber Kritik daran äußern, wie die architektonische Gestaltung ihrer Stadt von offizieller Seite her gehandhabt wird.

In diesem Fall rührt ihre Empörung daher, dass die Restaurierung eines Treppengeländers am Potsdamer Stadtschloss in Angriff genommen werden soll und dieses auch noch von offizieller Seite aufgrund ihrer Schönheit hochgelobt wird.

Aber was hat das mit unserer Thematik zu tun? Nun… Das Geländer wird nach der Restaurierung dann (wie bei der Erbauung) von neun Bronzestatuen geziert werden, welche kleinen nackten Jungen nachempfunden sind.

Das Bild des Engels in Gestalt des nackten, unschuldigen Kindes findet man häufig in der Kunstgeschichte, soweit also nichts Besonderes. Interessant ist, was die Redaktion von "Stadt für alle" daraus macht...

Bedenklich ist, dass gerade Geld aus einem Buchverlag, welcher Schulbücher auflegt, diesen Revanchismus betreibt und aktuell Pädophilie fördert. Kunsthistoriker Körner schwärmt schon im Vorfeld der Eröffnung: „Das wäre ein wunderschöner Hingucker auf der langen, der Stadt zugewandten Fassade des Schlosses.“ Die Klientel wird sich freuen.

Sie sind also der Meinung, dass dieses historische Bauwerk "Pädophilie fördert", (was immer das heißen mag) und zukünftig als eine Art Mekka für Pädophile genutzt werden wird. Abschließend begründen sie dies mit der Aussage:

"Pädophile nennen ihre knabenhaften Opfer auch gern Engel."

Ach, deshalb nenne ich Sirius so gerne Engelchen...

5. Pädophilie und Strafe

In Freiburg steht aktuell ein ehemaliger Fußballtrainer wegen Missbrauch von Kindern vor Gericht. Teil der Verhandlung ist die Frage, ob bei dem Angeklagten pädophile Neigungen vorliegen. Laut Staatsanwalt sei eindeutig, dass er seit seiner Jugend pädophile Neigungen verspüre. Ein psychiatrisches Gutachten soll diese Frage nun klären.

Das wiederum wirft ganz andere, interessante Fragen auf. Was für einen Einfluss hat es auf das Gerichtsverfahren, wenn festgestellt wird, dass der Angeklagte tatsächlich pädophil ist? Und welchen Einfluss sollte es haben?

Bei vielen Menschen scheint die Ansicht vorzuherrschen, dass sexueller Kindesmissbrauch, wenn er von einem pädophilen Täter begangen ist, besonders verwerflich ist und daher härter bestraft gehört. In einem ähnlichen Fall aus Lenzburg in der Schweiz steht ein ehemaliger Fußballtrainer wegen des Besitzes von Kinderpornographie vor Gericht. Und so betont der Staatsanwalt in diesem Fall die besondere Verwerflichkeit seiner Taten aufgrund der pädophilen Neigungen des Angeklagten, und fordert eine besonders einprägsame Bestrafung, der das Gericht zu großen Teilen nachgekommen ist:

Die Staatsanwältin hob die Schwere seiner Taten hervor: Der Angeklagte habe «egoistisch und verwerflich zur eigenen sexuellen Lustbefriedigung» gehandelt, es sei eine sehr grosse Menge an Dateien, der abgebildete Kindesmissbrauch wiege schwer. «Kinder müssen geschützt werden, Konsum und Verbreitung solcher Dateien steigert die Nachfrage», sagte sie und forderte 20 Monate Freiheitsstrafe unbedingt und eine vollzugsbegleitende Therapie, denn ein Risiko für Rückfälligkeit sei vorhanden. «Für Pädophilie gibt es keine heilende Behandlung», sagte sie, man könne nur lernen, mit dieser Neigung umzugehen

Der Eindruck, der hier entsteht, ist, dass der Angeklagte besonders hart bestraft werden soll, weil er pädophil ist. Die pädophile Neigung wäre also ein wesentlicher Teil der Gerichtsverhandlung und hätte maßgeblich Einfluss auf die Urteilsfindung – zumindest insofern, ob dem Angeklagten auch noch eine Zwangstherapie auferlegt wird.

Aber ist dies fair? Pädophilie ist Teil der sexuellen Orientierung, die sich niemand aussucht. Und das Grundgesetz bestimmt eigentlich, dass jeder vor dem Gesetz gleich behandelt werden muss, und nicht einzelne Minderheiten aufgrund ihrer sexuellen Orientierung oder ähnlicher Eigenschaften besonders schwer bestraft werden. Dennoch scheint es selbstverständlicher Alltag zu sein, dass dies beim Thema Pädophilie plötzlich nicht mehr zu gelten scheint.

6. Kriminalisierung pädophiler Menschen in den Medien

Nicht jeder pädophile Mensch wird zum Straftäter, und die meisten Kindesmissbrauchstäter und Konsumenten von Kinderpornographie sind nicht pädophil.

Leider wird diese wichtige Unterscheidung in den Medien oft nicht gemacht, und Pädophilie mit Straftaten oft in einen Topf geworfen. Gerade das trägt aber massiv zur Stigmatisierung pädophiler Menschen bei, da die meisten Menschen so den Eindruck gewinnen, dass Pädophilie und Kindesmissbrauch ein und dieselbe Sache ist. Um auf dieses Problem aufmerksam zu machen, möchte ich hier jede Woche Beispiele für diese Behandlung des Themas Pädophilie in den Medien sammeln.






7. Karousell

– von Ruby

Da Sirius langsam die themenspezifischen Lieder ausgehen und auch, um mal eine etwas andere Art von Musik in seiner Sonntagskiste zu würdigen als sonst, habe ich "Carousel" von Melanie Martinez vorgeschlagen. Mir gefällt die Parallele zur Pädophilie, die man in dieses Lied hineindeuten kann und besonders der kindliche Bezug, der sich in vielen ihrer Songs wiederfinden lässt.


Bis nächste Woche,
Sirius

3 Kommentare

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David

Sehr sehr bedenklich finde ich beim "Kentler-Thema", dass man als Schluss aus der Sache zieht, dass Kinder nicht an Pädophile vermittelt werden dürfen. Ich glaube nicht einmal, dass bei den vielen Erwähnungen von "Pädophilie" immer eine Verwechslung mit dem Wort "Missbrauchstäter" passiert. Vielmehr scheint das Problem für die Gesellschaft tatsächlich die Pädophilie der Täter zu sein (Wie ich schon in meinem Artikel "Das unsichtbare Problem" sagte: Man hasst uns mehr als Missbrauchstäter).

Gäbe es zwei Kinder, die je einem Täter mit Normalsexualität und einem straffreien Pädophilen vermittelt würden, wäre der Aufschrei über die Vermittlung an den Pädophilen grenzenlos. Der Nicht-Pädophile würde keine Beachtung finden und würden seine Missbrauchstaten schließlich aufgedeckt, wäre die Reaktion etwas zwischen "Dann muss er ja doch pädophil sein" und "Hätte man ja nicht ahnen können". Das Gericht würde (wie weiter unten in deiner Sonntagskiste bewiesen) seine Taten als minder schwer werten, da er nicht pädophil ist. Der Pädophile würde, ohne Taten begangen zu haben, wegen seines "verwerflichen Wunsches" ein Kind zu haben, wahrscheinlich wegen irgendetwas an den Haaren herbeigezogenem in Haft genommen werden. Leider ist dieses Szenario gar nicht so unwahrscheinlich. Denn all das passiert jetzt schon regelmäßig.

Das Problem für die Gesellschaft sind also die Pädophilen. Nach der Kentler-Sache ist nicht damit zu rechnen, dass es irgendwann noch einmal möglich sein könnte, Kinder öffentlich an pädophile Menschen zu vermitteln, dabei ist die Idee dahinter eigentlich eine sehr gute. Kinder, die niemanden mehr haben gibt es genug. Es gibt wenige Menschen, die überhaupt echtes Interesse an ihnen zeigen (wer behauptet, dass es anders sei, den bitte ich einmal in deutsche Schulen zu gehen und mit den Kindern dort zu sprechen). Gleichzeitig igeln sich unzählige schwer vereinsamte Pädos mit einem Riesenloch im Herzen zu Hause ein. Und nur Kinder können dieses Loch füllen. Beide Seiten würden unbeschreiblich profitieren. Kinder müssen an straffreie Pädos vermittelt werden dürfen. Die sexuelle Orientierung sagt nichts darüber aus, was für ein Mensch jemand ist. Die gängigen Methoden zur Überprüfung der Eignung potentieller Adoptiveltern können auch auf Pädophile angewandt werden, weil Pädophile nicht allein durch ihre Neigung zu schlechten Menschen werden. Wobei angemerkt werden muss, dass diese gängigen Methoden im Allgemeinen besser werden müssen, weil auch immer noch Kinder an Adoptiveltern geraten, die sie körperlich misshandeln (was interessanterweise lange nicht so viele Menschen zu interessieren scheint, wie das "Problem der Pädophilie").

Wir sind momentan Lichtjahre von einer Vermittlung von Kindern an Pädophile entfernt und traurigerweise wage ich zu bezweifeln, dass es überhaupt irgendwann einmal möglich sein wird. Und das obwohl die Benachteiligung pädophiler Menschen eine haltlose Diskriminierung einer Minderheit ist, da sie nicht wissenschaftlich begründet werden kann. Da im Gegenteil hinreichend bekannt ist, dass die Sexualität nichts mit den Werten eines Menschen zu tun hat. Irgendwie ist es ja interessant, zuzuschauen, wie die Welt dieses Verbrechen in Zukunft wahrscheinlich immer verzweifelter rechtfertigen wird, da es keine glaubwürdige Begründung dafür gibt, sie sich dem Vorschlag aber niemals öffnen wird. ;)

Sirius

Ja, das finde ich auch ist eins der tragischen Sachen an der Kentler-Geschichte: dass der Grundgedanke, Straßenkinder an Pädophile zu vermitteln – auch wenn man das heute nicht mehr vorschlagen könnte wenn man nicht gelyncht werden will – an sich gar keine so schlechte Idee ist, wenn man es vernünftig machen würde. Und das heißt, so ein Projekt nicht von jemanden durchführen zu lassen, der sich für die positive pädagogische Wirkung von Sex zwischen Kindern und Erwachsenen ausgesprochen hat, und die Minderjährigen dann an vorbestrafte Sexualstraftäter vermittelt, ohne, dass dies dann weiter kontrolliert wird.

Schneeschnuppe

Ob ein Täter als pädophil gilt oder nicht, spielt vor Gericht tatsächlich eine wichtige Rolle.

Ein Ersatztäter gilt als Gelegenheitstäter, den man rehabilitieren kann, ein Pädophiler als Triebtäter, dessen Gefährlichkeit in seiner Natur liegt. Die besseren Aussichten auf eine Rehabilitation wirken sich bereits bei der Strafzumessung im Sinne einer potentiell niedrigeren Strafe aus, da es zu den Grundsätzen der Strafzumessung gehört, zu berücksichtigen, welche Auswirkungen die Strafe auf die zukünftige Lebensführung des Täters haben wird.

Für die Rehabilitation sind kürzere Strafen günstiger, da Freiheitsentziehung einen entsozialisierenden und deprivatisierenden Effekt hat. Lange Haftstrafen sind für die Wiedereingliederung in die Gesellschaft also schädlich. Glaubt man ohnehin nicht wirklich an eine Rehabilitation, dann muss man hier wenig Rücksicht nehmen. Der Sühne-Charakter der Strafe tritt in den Vordergrund. Der Vollzug der Freiheitsstrafe soll abschreckend wirken und dem Schutz der Allgemeinheit vor weiteren Straftaten dienen.

Auch die Auswirkungen auf eine mögliche Bewährung (Aussetzung der Strafvollstreckung) sind massiv. Aus dem Wikipedia-Artikel Sozialprognose:

"Eine Sozialprognose oder Legalprognose ist eine kriminologische, psychiatrische und psychologische Risikobeurteilung einer straffälligen Person bezüglich ihrer Fähigkeit und Motivation, zu einem späteren Zeitpunkt Regeln und Gesetze einzuhalten. Sie ist nach § 56 (1) StGB Grundlage der Einschätzung ob eine Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt werden muss oder kann und bei der Resozialisierbarkeit von Straftätern."

Aus dem Wikipedia-Artikel Strafaussetzung zur Bewährung:

"Der Sinn der Bewährung ist an die Straftheorien geknüpft. Die Bewährung lässt vermuten, dass sich der Täter schon die Verurteilung zur Warnung dienen lässt und künftig auch ohne die Einwirkung des Strafvollzugs keine Straftaten mehr begehen wird (§ 56 StGB). Insbesondere bei Straftätern, die keine oder kaum Sozialisierungsdefizite aufweisen, besteht eher die Möglichkeit, eine Aussetzung einer Strafe zur Bewährung vorzunehmen. Nach einer teilweisen Strafverbüßung besteht außerdem die Möglichkeit, einen Strafrest zur Bewährung auszusetzen. (…)"

Es können nur Freiheitsstrafen mit einer Dauer von bis zu zwei Jahren zur Bewährung ausgesetzt werden. Die Entscheidung darüber trifft das erkennende Gericht. Das erkennende Gericht hat dabei eine Prognose zu erstellen, ob davon auszugehen ist, dass der Täter auch ohne den Vollzug der Freiheitsstrafe künftig keine Straftaten mehr begehen wird.

Liegt die Freiheitsstrafe unter sechs Monaten und erscheint die Prognose günstig, so ist die Strafe zwingend zur Bewährung auszusetzen (§ 56 Abs. 1 i. V. m. Abs. 3 StGB). Im Bereich von sechs Monaten bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe ist die Aussetzung zusätzlich zum Vorliegen der Prognose davon abhängig, dass die Verteidigung der Rechtsordnung die Strafvollstreckung nicht gebietet (§ 56 Abs. 3 StGB). Hier wird demnach auf den Gedanken der Generalprävention abgestellt. Bei Freiheitsstrafen über zwölf Monaten bis zu zwei Jahren kann die Strafe zur Bewährung ausgesetzt werden, wenn die Prognose günstig ist, die Verteidigung der Rechtsordnung dem nicht entgegensteht und darüber hinaus besondere Umstände vorliegen (§ 56 Abs. 2 StGB)."

Das Rückfallrisiko ist bei Ersatztätern geringer. Sie haben daher im Gegensatz zu „Triebtätern“ bzw. „Neigungstätern“ eine weit bessere Aussicht auf eine Bewährungsstrafe und die Aussetzung einer Reststrafe zur Bewährung.

Auch in Hinblick auf die Verhängung, Dauer (mindestens zwei und höchstens fünf Jahre) und Schärfe einer Führungsaufsicht haben Ersatztäter deutlich bessere Karten als pädophile Täter.

Die Führungsaufsicht ist eine „Maßregel der Besserung und Sicherung“, die nicht als Strafe gilt, sondern auf die Zukunft gerichtet eine erneute Straffälligkeit verhindern helfen sollen. Die Maßnahmen sind teils einschneidend, unterliegen einer Kontrolle und werden von den von ihnen Betroffenen typischerweise durchaus als Strafe empfunden.

Führungsaufsicht kann bei Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung verhängt werden, die mindestens sechs Monate betragen. Sie tritt in diesem Deliktbereich automatisch bei einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr ein und kann in diesem Fall ausnahmsweise entfallen, wenn zu erwarten ist, dass der Verurteilte keine Straftaten mehr begehen wird (was bei Ersatztätern deutlich häufiger angenommen wird als bei Neigungstätern).

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