Es ist kaum zu glauben, aber Halloween liegt jetzt schon hinter uns, und bald können wir schon die Adventszeit einläuten (war nicht erst gestern noch Juli?) Ich hoffe, Ihr habt die gruseligste Nacht des Jahres gut überstanden und Euch von eventuellen Schrecken gut genug erholt, um mit mir zusammen ein wenig in meiner Kiste kramen zu können. Nach den prall gefüllten Kisten der letzten beiden Wochen habe ich diese Woche allerdings kaum etwas mitgebracht, diesmal gab es nur vergleichsweise wenig Neues zum Thema Pädophilie (was wohl eher positiv zu bewerten ist). Was ich gefunden habe sind noch einige Stimmen zum Thema "Original Play", eine etwas kuriose Verurteilung wegen Kinderpornographie, und eine RTL-Meldung, die mehr Fragen aufwirft als sie beantwortet.

1. Nachtrag zu "Original Play"

Letzte Woche hatte ich bereits über das Konzept "Original Play" geschrieben, das aufgrund von Missbrauchsvorwürfen viel Kritik einstecken musste. Auch diese Woche ist das Thema noch aktuell in den Medien. Dieses Mal gibt es vor allem Reaktionen von Seiten der Politik. Die SPD-Jugendsenatorin Sandra Scheeres hat in einem Schreiben KiTas dazu angehalten, das Konzept nicht anzuwenden, und wie die taz berichtet fordern Stimmen aus der CDU und FDP eine Aufklärung möglicher Grenzüberschreitungen, die im Rahmen von "Original Play" begangen sein könnten. Gleichzeitig holt die AfD zu einem polemischen Rundumschlag aus und nutzt die Gelegenheit gleich, um die Pädophilie-Kontroversen bei den Grünen wieder ans Tageslicht zu rufen.

2. Kinderpornographie und Pädophilie

(suedkurier.de, 29.10.2019)

Der Südkurier berichtet von einem interessanten juristischen Fall. Ein Familienvater wurde wegen Verbreitung von Kinderpornographie zu einer Bewährungs- und Geldstrafe verurteilt. Das Ungewöhnliche dabei: der Angeklagte gab bei der Verhandlung an, die Bilder nicht aufgrund einer pädophilen Neigung verbreitet zu haben, sondern um offene Schulden zu begleichen. Die Staatsanwaltschaft hält diese Darstellung für "glaubwürdig". 

Damit stellt sich für mich eine interessante Frage: wäre das Strafmaß höher ausgefallen, wenn bei dem Angeklagten eine pädophile Neigung festgestellt worden wäre? Bei der Art, wie der Artikel geschrieben ist könnte man fast den Eindruck bekommen. "Pädophil sei er aber nicht, sagt der Angeklagte" – als ob ihn dies praktisch entlasten würde. Aber ist es wirklich besser, wenn jemand aus reinem Profit und nicht aus sexueller Präferenz heraus Kinderpornographie tauscht? Der Angeklagte zeigt zwar Reue, aber dies gilt auch für viele pädophile Menschen, die wegen Kinderpornographie angeklagt sind, und dennoch haben nur die wenigsten Medien in solchen Fällen das gleiche Maß an verständnisvoller Milde übrig, wie es der Südkurier hier an den Tag legt.

3. RTL warnt vor "mutmaßlichen Pädophilen"

(rtl-hessen.de, 30.10.2019)

RTL warnt vor einem "mutmaßlichen Pädophilen" (sprich: einer wegen Missbrauch und Besitz von Kinderpornographie verurteilten Person), der sich aktuell "sehr wahrscheinlich" an mehreren Einrichtungen für Kinderbetreuung bewirbt. Interessant finde ich hier, dass es tatsächlich irgendeine Art von Mitteilungspflicht seitens der Behörden gibt, allerdings erschließt sich mir der Sinn dahinter nicht ganz. Woher wissen die Behörden, dass sich die Person wahrscheinlich an entsprechenden Einrichtungen bewerben wird? Besteht diese Mitteilungspflicht grundsätzlich bei allen verurteilten Kindesmissbrauchstätern, die wieder freigelassen werden? Wird die Verurteilung der Person nicht spätestens beim Einfordern des Führungszeugnisses offensichtlich? Und wie genau sollen Eltern und Erzieher jetzt mit "erhöhter Sensibilität und Aufmerksamkeit" reagieren, wie es ihnen von den Behörden geraten wird (ich vermute mal es wird darauf hinauslaufen, dass in nächster Zeit alle männlichen Bewerber mit noch höherer Skepsis begutachtet werden)? Die kurze Meldung bei RTL bietet dazu leider keine Informationen – hat aber wenigstens genügend Platz, um das Wort "Pädophil" stigmatisierend unterzubringen… 

4. Etwas, das ich nie haben kann

Das trübe Herbstwetter setzt mir stimmungsmäßig in den letzten Wochen ziemlich zu, und entsprechend habe ich mich diese Woche für einen etwas düsteren musikalischen Abschied entschieden. Something I Can Never Have von den Nine Inch Nails lässt sich, wie ich finde, textlich durchaus sehr gut auf die Pädophilie anwenden: die Angst vor sich selber ("I'm down to just one thing and I'm starting to scare myself"), der langsame Fall in Depressionen und das Verzweifeln an einer Neigung, die Einen oft zur Einsamkeit verdammt ("This thing is slowly taking me apart / Grey would be the color if I had a heart"), und der Wunsch nach etwas, das man nie haben kann – sei dies gelebte Sexualität oder eine erfüllte romantische Beziehung mit einem Kind ("I just want something I can never have").