Sicher gab es auch Leute ausserhalb von Fachkreisen, denen der Begriff Pädophilie bekannt war. Aber die waren eine klare Minderheit, auch in der öffentlichen Wahrnehmung. In den Medien, in Filmen usw. kam der Begriff äußerst selten vor. Ich schätze, dass mindestens 90 Prozent der Bevölkerung mit dem Begriff damals nichts anfangen konnten. Ist natürlich mein persönlicher Eindruck. Der Begriff Pädophilie wurde eigentlich erst ab Ende der 90er häufiger gebraucht, auch im Zuge der ganzen Gesetzesänderungen und Strafverschärfungen.
In den 90er Jahren gab es eigentlich nur "Kinderschänder", sonst nichts. Der Begriff Pädophilie war dem öffentlichen Bewusstsein weitgehend unbekannt.
Dem würde ich nicht ganz zustimmen, ich bin in den 90ern geboren und bin durch meine Mutter sehr früh mit dem Begriff Pädophiler, bzw. Pädo in Kontakt gekommen. In Fernsehberichten zu dem Thema kam es auch hin und wieder vor, wenn jemand ein Interview gegeben hat. Ich glaube das war so die Zeit wo das allmälich aufkam und sich mehr verbreitet hat.
Gab es da irgendwie eine Zusammenarbeit?
Nicht wirklich, soweit ich weiß hat sich der Händler inzwischen ganz aus dem Thema zurückgezogen.
In den 90er Jahren gab es eigentlich nur "Kinderschänder", sonst nichts. Der Begriff Pädophilie war dem öffentlichen Bewusstsein weitgehend unbekannt. Sicher sieht man klar die Fortschritte seitdem, aber auch die Mängel, die seitdem unverändert geblieben sind. Solange Fakten bezüglich Pädophilie nicht differenziert werden, sondern als Verharmlosung gelten, wird es nur noch mehr Geschädigte geben, auf allen Seiten. Sicher hat KTW viel bewegt. Ich erinnere mich gut an die Anfeindungen ganz am Anfang. Von daher ist auch die erwähnte Taktik verständlich, der ich sachlich nie zustimmen konnte. Ich persönlich habe mich als Pädophiler nie von KTW angesprochen gefühlt. Ich habe schon in den 90er Jahren gelernt mit meiner Pädophilie und meiner Sexualität umzugehen. Ich muss auch keine Kinder meiden, damit nichts passiert. Mir war immer völlig klar, dass es niemals sexuelle Handlungen mit bzw. an Kindern geben darf. Auch viele Äußerungen von Herrn Beier waren mir zu pauschal und oberflächlich. Seit ich mir meiner Pädophilie bewusst bin, seit 37 Jahren, lebe ich als nicht straffällig gewordener unbescholtener Bürger und Steuerzahler in diesem Land. Ohne jemals therapiert worden zu sein, ohne Hilfe, ohne ein Gespräch mit "realen" Menschen über meine Situation. Und da bin ich nicht der einzige. Soviel dazu. Ich erinnere mich auch an einen Artikel im Focus im Jahr 1995. Dort wurde über das Thema Kindesmissbrauch und Pädophilie geschrieben. Dort wurde explizit erwähnt dass es auch Pädophile gibt, die die Kinder wirklich lieben. Also nicht bloß rein pädosexuelle und Missbrauchstäter. Diese Differenzierung hatte mich damals so überrascht das ich das bis heute nicht vergessen habe. Bald danach kam aber "Dutroux" und dann die beiden Mädchenmorde in Deutschland. Da war es das dann mit der Sachlichkeit. Ab da hieß es nur noch undifferenziert draufschlagen. Eine Besserung kam dann tatsächlich erst mit KTW.
Naja, du musst bedenken das viele der Verfassungsbeschwerden auch nicht professionell erstellt sind. Der Bundesverfassungsrichter der als Berichterstatter von der § 184l Beschwerde ist hatte mal ein Interview gegeben, wo er das auch beantwortet:
https://www.youtube.com/watch?v=HXM2KSKOnAs
@Sirius Sind beide Verfassungsbeschwerden aus pädophiler Sicht? Denn ich habe auch einen Blogartikel aus 2021 von einem Puppenhändler (Dollslounge) gefunden der ebenfalls angekündigt hatte eine Verfassungsbeschwerde einzureichen.
Gab es da irgendwie eine Zusammenarbeit?
Das erinnert mich an zwei weitere Konzepte, die ich im Studium gelernt habt: Wissensrevision und epistemische Verwurzelung. Bei der Wissensrevision geht es im Grunde darum, wie man damit umgeht, wenn man neue Erkentnisse erfährt, die mit dem bisher geglaubten Wissen in Konflikt stehen. Wenn der Chef also bisher glaubte: „alle Menschen in meinem Umfeld sind grundsätzlich gut“, „Klase ist ein Mensch in meinem Umfeld“ und „Pädophile sind alle schlecht“, und er erfährt jetzt die Information „Klase ist pädophil“ entsteht ein Widerspruch, der aufgelöst werden muss, indem etwas von den bisherigen Glaubenssätzen aufgegeben werden muss. Das kann entweder „alle Menschen in meinem Umfeld sind grundsätzlich gut“ oder „Pädophile sind alle schlecht“ sein. Epistemische Verwurzelung heißt, dass nur das aufgegeben wird, woran man am wenigsten stark überzeugt ist. In dem Fall ist der Glaube daran, dass Pädophile alle schlecht sind also stärker verwurzelt als der Glaube, dass Menschen grundsätzlich eher gut sind, sodass lieber letzteres als ersteres aufgegeben wird.
Man kann das auch bei den Medienarbeiten sehen, an denen Ruby mitgewirkt hat. In der Vorstellung der Leute sind Pädophile immer männlich. Wenn sie also eine pädophile Frau sehen, wäre das auch eine erstklassige Gelegenheit festzustellen, dass ihre bisherigen Annahmen über Pädophile nicht zutreffen können, und diese grundsätzlich zu überdenken. Anstatt, dass die passiert, sieht man eher, dass die bei Männern gehaltenen Vorurteile genauso auch auf Frauen übertragen werden, an deren Existenz man vor fünf Minuten noch gar nicht gedacht hat („gut zu wissen dass es auch Frauen gibt, die Kinder missbrauchen“).
Das ist im übrigen das, was ich damit meinte, dass die Gleichstellung von Pädophilie und Missbrauch nicht der Haupttreiber für das Stigma sind. Man kann Leute über vieles aufklären, darüber dass nicht alle Pädophilen Täter sind, nicht alle Täter pädophil, dass es auch Frauen gibt etc… aber dadurch wird nie die grundlegende Überzeugung angegriffen, dass Pädophile irgendwie anders sind, mindestens latent gefährlich, damit auch anders behandelt gehören. Diese Überzeugung ist so tief (epistemisch) in den Leuten verwurzelt, dass sie lieber jede andere Annahme aufgeben, als diese zu hinterfragen. Das ist unser eigentliches Hauptproblem.
Ich denke auch, das zeigt dass das BVerG es zumindest für möglich hält, dass an der Beschwerde was dran sein könnte. Rein statistisch ist die Wahrscheinlichkeit, zu verlieren aber immer noch deutlich höher als die Wahrscheinlichkeit, zu gewinnen.
Während meiner Outings habe ich einen interessanten Effekt bemerkt, an den mich dieser Artikel erinnert: Ich bin ein sehr ruhiger, kooperativer und teamfähiger Mensch, der überlegt und auch empathisch agiert. Demnach entspreche ich so überhaupt nicht dem Klischee eines Pädophilen. Ich outete mich meinem damaligen Teamchef. Anstelle jedoch sein Vorurteil zu revidieren, dass pädophile Menschen einem bestimmten Narrativ entsprechen müssen, kam ihm nur der Gedanke, misstrauischer gegenüber allen Menschen zu sein. Tatsächlich finde ich es sehr seltsam, dass, wenn man schon erkennt, dass das die eigenen Vorurteile überhaupt nicht auf pädophile Menschen passen, man nicht erwägt, diese Vorurteile fallenzulassen, sondern eher erwägt, sie vielleicht auch auf Menschen anzuwenden, denen gegenüber man vorher vertraute. Dass dieser Mensch solche Überlegungen überhaupt in Betracht zog, finde ich wirklich erschreckend. Und es zeigt, wie schwierig der Kampf gegen die Vorurteile ist, die den Menschen unausgesetzt medial eingeredet werden.
Umso wichtiger ist es, klare politische Haltungen pädophiler Menschen zu benennen. Anti-Contacter zu sein - also Sex mit Kindern und Missbrauchsabbildungen konsequent abzulehnen - ist eine politische Haltung, genauso wie es eine ist, dass manche Leute eben das Gegenteil davon verfolgen und Pro-Contacter sind. Von diesen Gruppierungen pädophiler Menschen müssen wir uns nicht nur klar abgrenzen, wir müssen auch ganz klar benennen, dass es die Pro-Contact-Haltung gibt. Und wir müssen bekannt machen, dass es die Anti-Contact-Haltung gibt. Nur so können wir uns von dem Vorurteil lösen, dass alle Pädophilen letztendlich tatsächliche Kinderschutzgesetze wie §176 StGB abschaffen wollen. Wir können klar benennen, dass wir Anti-Contacter sind und völlig andere Haltungen und Ziele als die Pro-Contacter haben, nämlich die Haltungen und Ziele, die auf "Wir sind auch Menschen" klar und deutlich für alle nachzulesen sind und die auch ich vollständig befürworte.
Die Beschwerde tauchte allerdings nicht in der Druckversion des Jahresberichts 2022 auf. Habe schon das Gefühl das die Beschwerden die im Bericht stehen schon eine höhere Chance haben. Ich weiß allerdings auch nicht was die Kriterien zur Aufnahme sind vlt. wie interessant etwas ist?
Denn es sticht auf jeden Fall heraus.
Ohje, wie die Zeit vergeht … habe ich korrigiert, danke für den Hinweis.
Äh… nur ein Hinweis: vor 15 Jahren? Das sind bereits 20 Jahre, Sirius. Ich war 2005 zu ersten Vorgesprächen und 2006/07 in Therapie. Und 2004 hatte bereits „Verantwortung für Kinder“ den Betrieb aufgenommen. 15 = Tippfehler?
Nicht zu früh freuen! Es handelt sich um eine Einschätzung des Gerichts und es kann noch deutlicher länger dauern. Das beste Beispiel ist die Verfassungsbeschwerde zu den Drohneneinsätzen aus Ramstein (2 BvR 508/21).
Dieser war in unter den geplanten Entscheidungen für das Jahr 2023 gelistet: https://www.bundesverfassungsgericht.de/DE/Aktuelles/GeplanteEntscheidungen/vs_2023/geplante-Entscheidungen-2023_node.html
Es wurde aber bis heute nicht entschieden und er ist jetzt nochmal unter 2025 aufgetaucht: https://www.bundesverfassungsgericht.de/DE/Aktuelles/GeplanteEntscheidungen/geplante-Entscheidungen_node.html
Super Beitrag, Danke, hoffe, das öffnet einigen die es lesen die Augen.
Zu meinem Post von eben über den Jahresbericht des Bundesverfassungsgerichts. Die Beschwerden haben es ebenfalls in den gedruckten Jahresbericht 2024 geschafft, was bedeutet das diese von größerer Bedeutung sind was die Terminierung der Entscheidung betrifft. Von den 78 aufgeführten Verfahren wurden nur 18 in den Jahresbericht aufgenommen und darunter § 184l StGB.
"Die Verfassungsbeschwerden wenden sich gegen das seit Juli 2021 geltende strafbewehrte Verbot des Inverkehrbringens, Erwerbs und Besitzes von Sexpup- pen mit kindlichem Erscheinungsbild. Der Gesetzgeber hatte die Einführung des Straftatbestands insbesondere mit der Gefahr begründet, dass Sexpuppen mit kindlichem Erscheinungsbild bei den Nutzern die Hemmschwelle zur sexuali- sierten Gewalt gegen Kinder senkten und damit zur sexualisierten Gewalt gegen Kinder mittelbar beitrügen. Die Beschwerdeführer berufen sich auf gegenteilige Studien und sehen das Verbot als unverhältnismäßigen Eingriff in ihre Intim- sphäre an."
Das Bundesverfassungsgericht hat den Jahresbericht 2024 veröffentlich und damit auch die geplanten Entscheidungen für das Jahr 2025. Ratet mal was dabei ist? Eure Verfassungsbeschwerden zu § 184l StGB. Dieses Jahr ist es also so weit. Hab Gänsehaut bekommen, weil die Ungewissheit bald sein Ende findet - hoffentlich ein schönes.
"Verfassungsbeschwerden gegen das in § 184l Strafgesetzbuch (StGB) strafbewehrte Verbot des Inverkehrbringens, Erwerbs und Besitzes von Sexpuppen mit kindlichem Erscheinungsbild, das als Teil des Gesetzes zur Bekämpfung sexualisierter Gewalt gegen Kinder am 1. Juli 2021 in Kraft trat. Die Beschwerdeführer sehen sich unter anderem in ihrem allgemeinen Persönlichkeitsrecht in Gestalt des Rechts auf sexuelle Selbstbestimmung verletzt."
Diese Verfassungsbeschwerden, wenn sie erfolgreich sind, wecken hoffentlich die Politiker endlich mal auf damit sie realisieren, wie absolut unverhältnismäßig das gesamte StGB mittlerweile ist. Das öffentliche verbreiten von echten Missbrauchsaufnahmen einer 14 Jährigen Person wird sanfter bestraft als das Teilen einer 13 Jahre alten Strichmännchenfigur, oder ein Text wo eine fiktive 13 Jährige erwähnt wird. Das ergibt im Kontext des Rechtsgüterprinzips eines Rechtstaates 0 Sinn. Das eine hat ein nachweisbares, reales Opfer das andere nicht.
Das allein ist aufgrund des Strafrahmens m. E. verfassungswidrig. Insbesondere, wenn man weiß das es nicht um das Merkmal "Kind" geht, sondern um den Körperbau. Wenn z. B. eine Fantasiekreatur die wie 13 aussieht und im unrealistischen Stil gezeichnet ist, dann ist die Strafe trotzdem höher als wenn jemand Vergewaltigungsaufnahmen einer 14 Jährigen ins Netz stellt.
Den dummen Wutbürger wird es immer geben. Es war für den Auschuss leichter den Antrag abzulehnen, weil ein identischer Antrag der CDU vorhanden ist der den Fokus auf das Löschen von Missbrauchsbildern konzentriert.
Das gleiche Ziel, nur weniger schizophren und keine "Denk doch an die Kinder" vibes einer explodierenden Karen - auch wenn die geforderte Massenüberwachung dabei ist.
Was mich am Antrag der AfD wundert ist das dieser sich mit der Verharmlosung der AfD nicht übereinstimmt. Dort steht "um den Fokus auf reale Missbrauchsopfer zu konzentrieren und keine Ressourcen zu verschwenden für ein Kind das nicht existiert". Waren die nicht gegen Zeichnungen? Wieso ist das verfolgen von Strichmännchen was in vielen Staaten legal verbreitet wird insb. auf deren Lieblingsplattform X denn keine Verschwendung von Ressourcen?
Da sollen die mal an Elon Musk und ihm bitte sagen er solle aufhören die Accounts von japanischen Künstlern mit extremer Reichweite aktiv zu lassen. Im Anschluss dann bitte ermitteln und löschen lassen, die echten Kinder können auch mal warten.
Der in den Ausschuss des Inneren und Sport überführte Antrag der AfD, wo "Wir sind auch Menschen" diffamiert wurde ist abgelehnt worden:
Den Kampf gegen Kinderpornografie intensivieren und noch entschlossener durch- führen!
Antrag der Fraktion der AfD - Drs. 19/6521
Der Ausschuss beschließt mit den Stimmen der Vertreterinnen und Vertreter von SPD, CDU und Bündnis 90/Die Grünen und gegen die Stimme des Vertreters der Fraktion der AfD, die Beratung über den Antrag abzuschließen. Er empfiehlt dem Landtag, diesen abzulehnen.
Zustimmung: SPD, CDU, GRÜNE Ablehnung: AfD Enthaltung: -
Mal sehen, was die AfD jetzt daraus zaubert.
Aufmerksamkeit zu erregen und Öffentlichkeit zu schaffen ist unbedingt notwendig und richtig. Ohne wenn und aber. Nur so kann man seine Themen und Grundaussagen öffentlich transportieren. Die Hater sind völlig egal. Die sollen sich allein in ihrem Hasskreislauf drehen. Schade um die Zeit. Es müssen Fakten bezüglich Pädophilie ins öffentliche Bewusstsein gebracht werden. Natürlich wird das jetzt mehrheitlich erst mal nichts ändern an den Klischeevorstellungen dieser Gesellschaft, trotzdem ist es nicht umsonst und jeder kleine Fortschritt hat auch das Potenzial der Ausweitung in sich. Wir brauchen die Öffentlichkeit, und das wird auch auf lange Sicht nicht fruchtlos bleiben.
Kinder im Herzen ist ein Weblog zum Thema Pädophilie, der von pädophil empfindenden Menschen betrieben wird, die sich entschieden haben ihre sexuellen Wünsche nie mit Kindern auszuleben. Wir schreiben über diverse Themen im Zusammenhang mit Pädophilie, die uns bewegen.