Erst einmal eines vorweg @Sirus, du hast natürlich völlig Recht, wenn du schreibst, es ist eine Momentaufnahme. Das war ein Fehler von mir und dein Einwand ist natürlich plausibel, dass du einige Dinge heute möglicherweise etwas anders schreiben würdest. Entschuldige bitte das Missverständnis.
Die Auffschlüsselung in "drei Schulen" finde ich sehr interessant. Bei allen dreien kommt letztendlich "Pädosexualität" aus ganz unterschiedlichen Gründen heraus. Dennoch kommt sie bei allen drei Ansätzen heraus.
@Sirus schrieb: "Wir brauchen für letzteres doch eigentlich gar keinen Begriff, der versucht die Vorsilbe "Pädo-" noch mit Gewalt da irgendwie reinzudrücken." Ich denke schon, dass wir einen so einen Begriff brauchen. Aber wir drücken da nicht mit "Gewalt" die Silbe "Pädo" rein. "Pädosexualität" heißt platt übersetzt "Kindersexualität". Unsinnigerweise ist das eigentlich gar nicht gemeint, aber das sei mal dahingestellt. Gemeint ist "Sexualität mit Kindern" und damit der von dir angesprochene Kindesmissbrauch. Dieser Begriff ist ein Fachbegriff. Herr Dr. Alhers hat ihn sehr schön in seiner Dissertation erklärt. Überhaupt finde ich diese Arbeit und die klare Differenzierung der Begrifflichkeiten, die er darin vornimmt vorbildlich und wichtig. Eben WEIL das sonst kaum einer so klar ausdrückt und unterscheidet. Nachzulesen ist seine Arbeit hier: https://refubium.fu-berlin.de/bitstream/handle/fub188/8822/Ahlers_Dissertation.pdf?sequence=1&isAllowed=y
Warum denke ich wir brauchen den Fachbegriff Pädosexualität? 1. Dieser Begriff findet unheimlich hohe Akzeptanz Gerade WEIL verschiedene Menschengruppen ihre eigene Welt in diesen Begriff hineinzuinterpretieren suchen, wird es nicht sehr schwierig sein, ihn einzuführen, fangen wir erst einmal konsequent an, ihn zu verwenden. 2. Die Menschen benutzen gerne Fachbegriffe Fachbegriffe geben jedem Gespräch gleich einen professionellen Touch, auch wenn das einzelne Gespräch damit selbstverständlich nicht in jedem Fall notwendigerweise professionell sein muss. Damit haben solche Begriffe einen psychologischen Effekt. 3. Der Begriff lenkt vom Begriff "Pädophilie" ab Ich selbst bezeichne mich als "romantisch kinderliebend", weil ich mich nicht gerne als "Pädophil" bezeichnen möchte. Warum nicht? Weil Politik, Medien und Gesellschaft aus diesem Begriff, der eigentlich "Kinderliebe" bedeutet, etwas gemacht haben, was eben keine Kinderliebe bedeutet und auf mich, wie die meisten anderen romantisch kinderliebenden Menschen, einfach nicht zutrifft. Im Grunde möchte ich mich aber selbst gerne ebenfalls wieder mit einem Fachbegriff bezeichnen können. Dieser fehlt mir nun, weil er komplett zweckentfremdet wurde. Eine Umschreibung wie "romantisch kinderliebend" trifft es zwar IMHO richtig gut, ist aber weder ein Fachbegriff, noch wird sie Terminus werden. Sie wird sich also sehr wahrscheinlich nicht durchsetzen können. Der Begriff "Pädosexuell" hingegen kann das mit Leichtigkeit. Selbst wenn Kinderschutzorganisationen Pädophile gerne so nennen wollen, MEINEN sie doch die ganze Zeit tatsächlich Pädosexuelle und eben nicht Pädophile. Denn Pädophile sind, wie bereits heute schon wissenschaftlich bekannt, MEISTENS NICHT pädosexuell! Sprache ist ein mächtiges Werkzeug, was das Denken und Handeln der Menschen beeinflusst. Werden Begriffe richtig verwendet, würd auch die Sprache richtiger und damit bestenfalls das Denken und Handeln. Dann muss nur noch in die Köpfe gehen, dass teleophile Menschen (Erwachsenenliebende) eben auch pädosexuelle Taten begehen können. Und schwupps, haben wir unsere Differenzierung, die wir ohne den guten Fachbegriff der Pädosexualität kaum in der Lage sind zu erreichen. So jedenfalls die Theorie. In der Praxis wird man den Begriff Pädophile über kurz oder lang vergessen. Und dann ist er nicht mehr mit Pädosexualität gleichgesetzt.
Aus diesen Gründen bin ich gegen den Plan, den Begriff Pädophile weiter von der Öffenlichkeit in den bestehenden Kontexten stehen zu lassen.
Was spricht dagegen, dass KTW aus den erworbenen Erkenntnissen Nutzen für den Kinderschutz zieht? Ich kann mir nicht vorstellen, dass KTW die Relevanz für Pädophile verlieren würde, wenn man dort zweigleisig fährt. Das eine muss das andere ja nicht ausschließen.
Wenn wir bedenken, wie nachhaltig sich die Bundesregierung auch für teils unsinnige und sogar kontraproduktive Maßnahmen zum konsequenten Kinderschutz einsetzt (man nehme da nur mal meinen "Lieblingsparagraphen" §184l StGB), dann kann auf der anderen Seite eigentlich niemand aus der Politik sagen, dass der Präventivschutz für Pädophile, die gefährdet sind pädosexuell (also übergriffig) zu werden, weniger wichtig ist, selbst wenn die Verteilungsrate dafür irgendwann vielleicht nur noch unter 10% aller Übergriffe betragen sollte. Die Anlaufstelle für Pädophile würde also bleiben. Vielleicht kann das Stigma hier sogar einmal ganz nützlich sein, denn auch die Gesellschaft wird nicht wollen, dass präventive Behandlungsmaßnahmen für die Therapie von Pädophilen zwecks Kinderschutz verschwinden.
Hingegen könnte und sollte sich KTW mit einem zweiten Bereich breiter aufstellen. Es macht keinen Sinn Pädophile und teleophile (= erwachsenenliebende) Menschen, die beide gleichermaßen Sorge haben irgendwann pädosexuell zu werden, in derselben Gruppe unterzubringen. Aus der Therapie ist bekannt, das beide Arten von Patient:innen unterschiedliche Therapieansätze benötigen, weil die Motivation für mögliche Pädosexualität bei diesen beiden Menschengruppen grundsätzlich unterschiedlich ist. Hierfür würde es Sinn machen, wenn KTW sich in einen zweiten Bereich abspaltet, der vielleicht sogar anders heißt.
IMHO gebe ich @Sirius Recht, dass die Bezeichnung KTW für Pädophile stigmatisierend ist, weil sie eine Gleichsetzung impliziert. Nun... es werden immer mal wieder Firmen und Institutionen umbenannt. Sicherlich macht es auch hier Sinn, über eine passendere Namensfindung für KTW nachzudenken. Auch hier könnte wieder das Stigma zugunsten einer Änderung verwendet werden: Wenn wenn auch teleophile Menschen angesprochen werden sollen, werden diese wahrscheinlich eher Hilfe suchen, wenn der Verein nicht mehr "Kein Täter werden" heißt.
Grundsätzlich bin ich da bei dir, die Trennung von "-philie" und "-sexualität" auf diese Art ist an und für sich konsistent und schlüssig. Problem ist aber, dass diese Begriffe kaum jemand so verwendet. In der Praxis hat daher auch der Begriff Pädosexualität fundamentale Probleme, weshalb ich den vermeide. Grundsätzlich gibt es nämlich zwei Schulen bei der Verwendung des Begriffs: die "KTW-Schule", nach der Pädosexualität (im Gegensatz zur Pädophilie) für Kindesmissbrauch steht (wobei auch hier schon oft nicht ganz klar ist, ob damit jetzt nur pädophile oder alle Kindesmissbrauchstäter:innen gemeint sind), und die "Kinderschützer-Schule", die Pädosexualität als Ersatz für den Begriff Pädophilie etablieren wollen, den sie als "verharmlosend" empfinden.
Und eigentlich gibt es daneben noch eine dritte Schule, die den Begriff Pädosexualität statt Pädophilie verwenden, um damit die Ähnlichkeit von Pädophilie als sexuelle Orientierung analog zu Hetero- oder Homosexualität zu betonen. Nicht wenige aus dieser Schule argumentieren leider dann auch gleich, dass genauso wie bei der Heterosexualität das Ausleben der Orientierung erlaubt sein sollte.
Leider gibt es sehr viele (auch wissenschaftliche) Arbeiten, die den Begriff nicht sauber definieren und in dem einen Satz als Synonym zur Pädophilie, und im nächsten Satz als Synonym für Missbrauch verwenden – womit unterm Strich wieder Pädophilie = Missbrauch bei rauskommt.
Deswegen bin ich dafür, die Dinge einfach beim Namen zu nennen: Pädophilie ist Pädophilie, und Kindesmissbrauch ist Kindesmissbrauch (oder meinetwegen auch sexualisierte Gewalt gegen Kinder). Wir brauchen für letzteres doch eigentlich gar keinen Begriff, der versucht die Vorsilbe "Pädo-" noch mit Gewalt da irgendwie reinzudrücken. Das Schlimme an sexuellen Übergriffen an Kindern sind schließlich die Grenzüberschreitungen, und nicht die sexuelle Präferenz des:der Täter:in.
Über die Begriffe können wir gerne einmal diskutieren. Beiträge bei KiH sind immer eine Momentaufnahme des:der Autor:in zu dem jeweiligen Zeitpunkt, und vieles, was ich früher mal geschrieben habe (wie die von dir erwähnte Bezeichnung "Menschen mit Pädophilie") würde ich heute auch nicht mehr so schreiben.
Es ist eine verfahrene Situation. Zwar wehrt sich KTW auch explizit gegen das Stigma, und konnten da im Laufe der Jahre auch ein paar Fortschritte erstreiten. Aber dadurch, dass sie sich unter den Namen "Kein Täter Werden" expizit an Pädophile richten, ist die Grundausrichtung des Projekts fundamental stigmatisierend, da es impliziert, dass Pädophile grundsätzlich gefährlich sind und externe Hilfe benötigen, um keine Straftaten zu begehen. Und auch die Minderung des seelischen Leids und die gesellschaftliche Stigmatisierung wird eigentlich nie als Unrecht für sich genommen bezeichnet, sondern damit begründet, dass dies das Übergriffsrisiko pädophiler Menschen erhöhen würde. Anders herum hätten sie sich nie so etablieren können, wenn sie es anders angegangen hätten.
Ich fände die Idee gar nicht mal so schlecht, wenn sich KTW umorientiert und an Menschen wendet, die sich gefährdet sehen sexuelle Übergriffe zu begehen – ganz allgemein und unabhängig von der sexuellen Orientierung der Person. Schon jetzt ist das im Grunde ja die eigentliche Zielgruppe, auch wenn die Werbung und Darstellung des Projekts etwas anderes aussagt. Das Resultat wäre allerdings, dass pädophile Menschen in Deutschland die einzige Anlaufstelle verlieren würden, die sich zumindest so halbwegs für uns einsetzt. Mangels (RL-) Selbsthilfegruppen und aufgeklärter Therapeut:innen würde dies die bereits katastrophale Abdeckung von psychologischer Hilfe für pädophile Menschen noch schlimmer machen.
Und auch hier im Punkt 4 geht es wieder um die falsch verwendeten Begrifflichkeiten. Übrigens @Sirius ist der Gegensatz von pädophil nicht etwa "Heterosexuell", sondern "Teleophil". Und wer "Teleophil" (Erwachsenenliebend) ist muss nicht "Teleosexuell" sein (also diese Sexualität ausleben).
Tatsächlich hat KTW den Begriff "Pädophilie" (Kinderliebe - inneres Erleben - emotionale wie auch sexuelle Hingezogenheit zu Kindern) verteidigt und wollte nicht, dass er durch "Pädosexualität" (Ausgelebte sexuelle Handlungen an und mit Kindern) ersetzt wird. In den Medien wird Pädophilie aber fast ausschließlich im Zusammenhang mit Kindesmissbrauch verwendet und sogar oft damit gleichgesetzt. Das ist in beiden Fällen also eine falsche Darstellung. Ich persönlich hätte ganz und gar nichts dagegen, wenn dafür der Begriff Pädosexualität verwendet würde. Er könnte den Begriff der Pädophile, der NICHTS mit ausgelebten sexuellen Handlungen zu tun hat, entstigmatisieren.
Anmerkung: Ich finde die Bezeichnung "Menschen mit Pädophilie" schwierig. Wir reden schließlich auch nicht von "Menschen mit Heterosexualität". Nebenbei ist es schon eine Unterstellung jemanden "heterosexuell" zu nennen, insofern man dann davon ausgeht, dass dieser Mensch seine Sexualität mit Menschen anderen Geschlechts tatsächlich auslebt. Das ist zwar sicherlich der Normalfall - und deswegen hat sich der Begriff eingebürgert - ich würde es aber vorziehen von "Heterophilie" zu sprechen. Jemand der "Heterophil" ist kann auch "Heterosexuell" sein. Es ist genau dasselbe wie bei "Pädophil" und "Pädosexuell".
Die Begrifflichkeiten werden fast durchgängig falsch verwendet (leider sogar von KiH). Das ist sehr unvorteilhaft und stigmatisiert Unschuldige eher noch mehr. @Sirius: Sprich mich bei Gelegenheit gerne mal darauf an. Es ist wirklich wert, sich ausführlich über die korrekte Verwendung von Begrifflichkeiten Gedanken zu machen.
Ich lese gerade mal die alten Artikel hier nach. Zu einer der Überlegungen hier, möchte ich gerne Stellung nehmen. @Sirius schreibt: "Damit liegt es aber ein Stück weit im Interesse von KTW, nicht allzu niedrige Zahlen hier zu nennen, denn wenn sie sagen würden dass nur 5% der Zielgruppe des Projekts tatsächlich an Missbrauch beteiligt ist könnte man ja die durchaus berechtigte Frage stellen, ob es da nicht bessere Stellen gibt, an denen man eher ansetzen sollte."
Darüber habe ich bisher noch nicht nachgedacht und es ist ein sehr wichtiger Punkt, wie ich finde. KTW kann sich nur über Prävention legitimieren und nicht etwa als Anlaufstelle, die pädophilen Menschen ermöglicht, psychisch besser mit dem Stigma umzugehen. Ist jemand zwar pädophil aber weder- selbst noch fremdgefährdend, gilt er nach aktuellen medizinischen Erkenntnissen als NICHT krankheitswertig und wird damit von KTW abgewiesen, obwohl er vielleicht seelische Unterstütung benötigt! Die Aufgabe von KTW ist somit vorrangig, pädophile Krankheitswertigkeit zu behandeln und damit Prävention gegen Kindesmissbrauch zu leisten. Dass das Stigma seelische Beeinträchtigungen auch bei Menschen verursacht, die weder etwas mit Kindesmissbrauch noch mit Missbrauchsabbildungen am Hut haben, wird (absichtlich) ausgeblendet. Dennoch habe ich höchsten Respekt vor dem Projekt und finde es enorm wichtig, dass es dieses Projekt gibt.
Das Stigma ist so groß, dass sich seitens KTW mit der psychologischen Unterstützung stigmatisierter Menschen nicht in der Öffentlichkeit argumentieren lässt. Wenn KTW aber schon dazu steht, dass etwa 2/3 aller Sexualdelikte in dem Bereich auf das Konto von sogenannten Ersatzhandlungstätern - also NICHT pädophilen Menschen - geht, dann sollte man bei KTW IMHO explizit dafür werben, dass man auch Ersatzhandlungstäter erreichen möchte. Vor allem macht das in dem Zusammenhang Sinn, da andere Quellen zu (wesentlich) höheren Zahlen bzgl. der Taten von Ersatzhandlungstätern kommen. Das würde nicht nur zum Verständnis beitragen, Pädophilie eben NICHT mit Kindesmissbrauch gleichzusetzen, sondern es wäre eine echte Prävention gegen Kindesmissbrauch für den Großteil der Fälle - der ansonsten regelrecht ausgeblendet wird. Ich frage mich schon lange, warum KTW nur Pädophile und nicht stärker auch Menschen anspricht, die Gefahr laufen aufgrund ihrer Lebenssituation Ersatzhandlungstäter zu werden, OBWOHL sie auf Erwachsene "stehen". Wenn KTW das mit in das Hauptprogramm aufnimmt, würde der Verein nicht seine Legitimation verlieren, wenn die Verhältnisraten bzgl. Übergriffe pädophiler Menschen nach unten korrigiert werden müssen.
Das Problem ist hier: Letztlich wird nicht zwischen Pädophilie und Pädosexualität unterschieden. Pädosexualität ist der real verübte Kindesmissbrauch. Pädophile hingegen ist das innere Erleben, also die (sowohl emotionale aber auch sexuelle) Hingezogenheit zu Kindern. Vor allem, wer sich Kindern emotional verbunden fühlt, belästigt sie eher nicht sexuell. Das ist übrigens auch bei Fachleuten hinlänglich bekannt. So weiß z. B. der Sexualwissenschaftler und -therapeut Dr. Christoph Joseph Ahlers, dass es Pädophilen darum geht, partnerschaftliche Gemeinschaft mit einem Kind zu erleben. Wörtlich schreibt er in seinem Buch "Vom Himmel auf Erden" (S. 392): "Überrumpelung, Gewalt, penetrative Praktiken sind in pädophilen Kontexten und im Hinblick auf die gewünschte soziale Bindung kontraproduktiv - verzeihen Sie diese strategisch wirkende Umschreibung. Solche Formen von konkreter sexueller Nötigung oder Vergewaltigung werden tendenziell häufiger von Ersatzhandlungstätern verübt."
Pädosexuell hingegen können jedoch auch Leute sein, die eben nicht pädophil sind und damit keinen emotionalen Bezug zu Kindern haben. Pädosexuelle sind größtenteils Ersatzhandlungstäter, wie aus Statistiken hinlänglich bekannt ist. Das sind also bekannte Fakten, die sich Rechercheren lassen. Wenn jemand sachlich über diese (sogar aus der Wissenschaft bekannten) Zusammenhänge schreibt und dann vorgeworfen bekommt, Pädophilie zu verharmlosen, ist das also nicht nur unangemessen, sondern höchst unsachlich.
Pädophile bedeutet übersetzt "Kinderliebe" und hat nichts mit ausgelebter Sexualität zu tun. In seiner Bedeutung betrachtet ist der Ausdruck "Verharmlosung von Pädophile" etwa so zu verstehen, als wenn jemand "Verharmlosung von Kinderliebe" sagen würde. Wo der Begriff Verharmlosung eher passt, ist im Bereich der Pädosexualität. Leute die z. B. das Mindestalter herabsetzen wollen, um Sex mit Kindern zu haben, stehen IMHO zu Recht in der Kritik.
Aber wenn jemand sagt, Pädophile werde verharmlost, wenn man sie sachlich erklärt, hat ganz offenbar nicht verstanden, zwischen Pädophilie und Pädosexualität zu unterscheiden. Das ist insofern zu kritisieren, weil es unbeteiligte Menschen darum bringt, sich ein sachliches Gesamtbild über die Situation machen zu können. Das wiederum führt dazu, dass sich Stereotype und das Narativ des pädophilen Monsters festigen. Dazu trägt nun leider auch Gute Frage bei, wahrscheinlich sogar ohne sich dessen in geringster Weise bewusst zu sein. Solche Richtlinienänderungen verunmöglichen sachliche Reflektion zu dem Thema. Das trägt dazu bei, dass nun auch die Verantwortlichen von Gute Frage denjenigen Recht geben, die das Stigma gegen Unschuldige verharmlosen - das Stigma gegen Menschen, die Kinder weder sexuell behelligen, noch Missbrauchsabbildungen benutzen.
Das ist ein sehr gutes Beispiel dafür, warum eine klare Abgrenzung und das Verständnis von gängigen Begrifflichkeiten unumgänglich ist, um Vorurteile abzubauen. Leider bringen selbst viele Betroffene diese klaren Definitionen allzu oft durcheinander. Vielleicht könnte die begriffliche Abgrenzung wenigstens stärker (klarer) auf Seiten wie KiH und WasM mit aufgenommen werden. Es würde die sachliche Diskussion sicherlich fördern.
Kleinigkeit am Rande, aber ist das Argument "Comics sind Anleitungen für XY" nicht das Selbe wie "Ego-Shooter führen zu Amokläufern"? Oder wird da differenziert, weil es sich bei den Erotikcomics um "Triebe" handelt?
Sehr gute Zusammenfassung der aktuellen Situation, die auch in etwa meiner Wahrnehmung entspricht. Seit der Änderung der Richtlinien war ich auf GF kaum noch aktiv, was zum Teil einfach daran liegt, dass es keine interessanten Fragen zum Thema mehr gibt.
Am Ende führt das leider dazu, dass es nur eine akzeptable Narrative im Bereich Pädophilie gibt, nach der Pädophile alle mindestens gefährliche potenzielle Triebtäter sind, die in Therapie gehören um zu lernen, nicht zum Täter zu werden. Ob diese Darstellung tatsächlich der Lebensrealität des durchschnittlichen pädophilen Menschen entspricht, ist am Ende egal, denn alles, was davon abweicht, wird schnell als „verharmlosend“ deklariert und notfalls unter diesem Vorwand einfach ausgelöscht.
Eine Strafbarkeit gem. § 176e StGB würde ich hier als fernliegend ansehen. Ein Comic ist in der Regel keine Anleitung, außerdem ist er nicht dazu bestimmt, Kindesmissbrauch zu fördern. Kann natürlich im Einzelfall je nach Ausgestaltung des Comics anders sein. Aber der von ein Moment festgestellte Unterschied im Strafmaß zeigt ja schon, dass der Gesetzgeber hier etwas anderes im Blick hatte als beim § 184b (nämlich das sog. "Pedophiles Handbook") Eine Strafbarkeit nach § 184b StGB würde ich persönlich ebenfalls verneinen, weil Comics schon der Form nach kein wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergeben und keine Verwechslungsgefahr besteht. Das hilft allerdings niemandem was, weil es auch möglich ist, diesen Paragraphen so auszulegen, dass entsprechende Comics unter strafe stehen. Und dann ist es am Ende auch relativ egal, ob der BGH nach 4 Jahren das Urteil aufhebt, die Kacke ist dann am Dampfen. Ich kann daher nur jedem raten, auf sich aufzupassen, und sich nicht darauf zu verlassen, dass Gerichte und Staatsanwaltschaften das Gesetz so auslegen wie wir oder wie sie es bis jetzt getan haben. Spätestens das Urteil aus Ennepetal hat gezeigt, dass der Konsum von Hentai/Shotacon aktuell nicht rechtssicher möglich ist.
@Einen Moment Ich habe § 176e StGB nicht vergessen, ich bezweifle, dass er hier zur Anwendung kommen kann. Nach Abs. 1 ist die Verbreitung oder Veröffentlichung nur strafbar, wenn der Inhalt "dazu bestimmt ist, die Bereitschaft anderer zu fördern oder zu wecken, eine solche Tat zu begehen". In Abs. 2 ist es ähnlich, hier geht es um einen Inhalt, der verbreitet wird, "um die Bereitschaft anderer zu fördern oder zu wecken, eine solche Tat zu begehen." Hier spielt also die Motivation des Täters eine Rolle ("dazu bestimmt ist", "um"), und eine entsprechende Motivation muss die Staatsanwaltschaft erstmal nachweisen. Sofern keine diesbezüglichen Äußerungen des Täters vorliegen, und sich diese Motivation nicht zweifelsfrei aus den entsprechenden Inhalten ergibt, fällt hier die Strafbarkeit weg.
Bezüglich deines letzten Absatzes stimme ich dir zu. Meines Erachtens gibt es in der Gesetzgebung in diesem Bereich (§§ 176-176e, 182, 184b, 184c, 184l StGB) mehrere Regelungen, die "komisch" und teilweise verfassungsrechtlich bedenklich sind. Beispielsweise würden sich Eltern wegen dem Besitz von tatsächlicher Kinderpornographie strafbar machen, wenn sie ein Foto ihres Kindes besitzen, auf welchem z.B. zu sehen ist, wie ihr damals 13-jähriges Kind im Bikini modelt. Und dank der Strafverschärfung 2021 hat die Staatsanwaltschaft keine Möglichkeit, dass Verfahren wegen Geringfügigkeit o.ä. einzustellen.
@Einen Moment, dieser Paragraph lässt sich erst in Zusammenhang bringen mit fiktiver Kinderpornografie, wenn ein wissenschaftlicher Nachweis existiert, der bestätigen würde, dass fiktive Kinderpornografie als Einstiegsdroge dient. Doch bisherige Ergebnisse weisen sogar auf das Gegenteil hin, dass es als eine Art Ventil wirkt. Somit dient dies nicht als eine Anleitung oder der Förderung einer Bereitschaft eine solche Tat in der Realität zu begehen.
@frage
In Enneptal wurden die Inhalte als "sehr real" bezeichnet. Wieso hängt sich hier jeder an dem Wort "Comic" auf? Es ist auch ein Comic, wenn man echte Fotos verwendet und sie in das Comic-Format einbaut. Auf der deutschen Wikipedia Seite ist bspw. ein Webcomic im realistischen Stil als Beispiel abgebildet.
Mir sind viele Menschen bekannt, die auch solch einen Usernamen tragen könnten, weil sie es einfach in Foren usw. zugeben und stolz ihre Waifus benennen (letztes Jahr erst sprach ne Erwachsene Frau auf dem Weg zur Messe drüber) und kaum keiner interessiert sich dafür. Die meisten assoziieren das nicht mit "Pädo" sondern fühlen sich sogar dann angegriffen.
Meine Erfahrung ist das viele das zumindest im Bereich von Manga nicht ernst nehmen und eher als verharmlosung sehen, so bspw. auch hier in den Heise Kommentaren (man beachte die Like und Dislikes der Kommentare): https://www.heise.de/forum/heise-online/Kommentare/Steam-Nutzer-aus-China-umgehen-die-Porno-Sperre-mit-App-fuer-Hintergrundbilder/Re-Zitat-Nackte-Anime-Figuren-in-anzueglichen-Posen/posting-41367334/show/
@Lolicon Die Herstellung fiktiver Inhalte ist m. E. nicht strafbar, das widerspricht auch der Meinung des BVerfG in der Sache. Schließlich lässt sich der Kunstwert nicht bestimmen, wenn sie nicht hergestellt werden kann. Im Gesetz ist bezüglich der Herstellung auch nur "tatsächliches" Geschehen abgedeckt. (einen kinderpornographischen Inhalt, der ein tatsächliches Geschehen wiedergibt, herstellt). Würde man wirklichlkeitsnahe Darstellungen herstellen dann ist es insofern strafbar das man dann natürlich Besitz erlangt. Falls du dich auf §184b Abs. 1. Satz 1, Nummer 4 beziehst, was nachdem "oder" folgt dann ist dies an die Bedingung die nach "um" folgt geknüpft. Das soll Vorbereitungshandlungen abdecken und greift, wenn du (meist geschäftlich) eine Verbreitung vorbereitest. Eine Verbreitung ist erfüllt, wenn der Kreis der Teilnehmer nicht mehe ermittelbar ist, also wenn jmd. einer Person privat etwas überreicht, oder sendet ohne das andere Zugriff haben dann ist es keine Verbreitung. Das Zugänglich machen greift in §184 nicht bei erkennbar fiktiven Inhalten (es unternimmt, einer anderen Person einen kinderpornographischen Inhalt, der ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergibt, zugänglich zu machen oder den Besitz daran zu verschaffen,).
Dieser Kommentar ist keine Rechtsauskunft sondern meine Meinung.
@klimaschutz01 und @Lolicon Das Problem ist das ihr Zwei den neuen Paragraphen §176e vergessen habt.
"Wer einen Inhalt [...] der geeignet ist, als Anleitung zu einer in den §§ 176 bis 176d genannten rechtswidrigen Tat zu dienen, und der dazu bestimmt ist, die Bereitschaft anderer zu fördern oder zu wecken, eine solche Tat zu begehen"
Im Bundestag wurde angesprochen das die damalige Rechtslage eine Ahndung im privaten Tausch und der Besitz nicht geahndet werden konnte, da sie als fiktive Pornographie galten. Jetzt werden solche "Anleitungen", aber auch im Besitz erfasst. Der Gesetzgeber hat hier also fiktive Pornographie also berücksichtigt. Nun die Frage, was genau fördert die Bereitschaft Missbrauch zu begehen? Es ist nicht unmöglich das ein Staatsanwalt argumentieren könnte das sich aus einer Geschichte, oder einem Comic, die eine Story bildlich stützt, eine Anleitung resultieren kann. Also, das eine Tat dargestellt bzw. beschrieben wird, welche nachgeahmt werden könnte. Das gleiche mit einzelnen Kunstwerken, je nachdem was gezeichnet wurde. Genau solche Argumente bringen schließlich Staatsanwälte in Länder wie Kanada, oder England, um selbst unrealistische Mangas zu verfolgen.
Was dann widerum komisch ist, ist das selbst bei einer Verbreitung nach §176e eine Geldstrafe möglich ist, aber ein Comic mind. drei Monate. Das ist ein Wertungswiderspruch, da eine fiktive Schilderung mit einem höherem Gefahrenpotenzial versehen wird, als eine Aufforderung bzw. Anleitung.
Ich stimme Euch voll zu, dass dieses "Streitgespräch" ziemlich misslungen ist, weil Josefine das, was sie von ihren Tätern erleiden musste, auf Georg überhaupt nicht zutrifft und sie den völlig falschen zum Ziel Ihrer natürlich berechtigten Kritik an Missbrauchstätern gemacht hat und ihm gegenüber auch ziemlich herablassend verhalten hat. Gegen Ende des Videos hatte ich aber den Eindruck, dass es ihr langsam bewusst wurde, dass Georg nicht solche Taten begangen hat und diese auch nicht verharmlost. Das finde ich schonmal ein Hinweis, dass bei ihr vielleicht auch ein Umdenken bezüglich des Umgangs mit Pädophilen eingesetzt hat. Und dies ist für mich bei aller Kritik an ihrem Verhalten ein positives Zeichen, dass auch bei Menschen, die durch den Missbrauch ihr ganzes Leben lang zu leiden haben und aufgrund ihrer Vergangenheit allen Pädophilen zunächst ablehnend gegenüberstehen, sich eine differenzierte Einstellung gegenüber Pädophilen durchsetzen kann.
Was man aus meiner Sicht auch nicht unerwähnt lassen sollte, sind die Kommentare unter dem Video. Klar, sehr viele Leute sympathisieren stark mit Josefine und finde auch das Format gut (was ich wie Ihr ziemlich misslungen finde s.o.), aber es gibt auch einige, die Georg ihre Anerkennung aussprechen und auch das Verhalten von Josefine kritisieren. Ich denke somit, dass die Kommentare ein gutes Spiegelbild der gesellschaftlichen Sicht auf pädophile Menschen sind, wo natürlich die Leute mit Vorurteilen und teilweise auch Hass sehr stark sind, die Leute mit Verständnis aber auch keine Einzelfälle sind. Und bin der Ansicht, dass man bei vielen Menschen eine differenzierte Sichtweise auf Pädophile gerade durch Stellungsnahmen wie von Georg zum Umdenken kann, dem ich es übrigens sehr hoch anrechne, wie er sich in diesem Gespräch verhalten hat und meinen größten Respekt für seine ruhige und sachliche Argumentation verdient hat.
Meine größte Kritik richtet sich an Leeroy, der in der Auswahl der Konstellation der Gesprächspartner versagt hat und auch unwissenschaftliche Aussagen einfach hat stehen lassen, wie dass es bei Pädophilie grundsätzlich um eine Krankheit/Störung handelt und nicht um eine Sexualpräferenz, die nur bei Fremd. oder Eigenschaden zu einer Störung wird. Dass sich diese Vorstellung bei so vielen Kommentatoren verfestigt hat, sehe ich übrigens als die problematischste Wirkung des Videos.
Ein Gedanke kommt mir dazu noch in den Sinn.
Und zwar würde ich inzwischen sogar so weit gehen zu sagen, dass die Reaktion von Josephine auch eine Form von Gewalt darstellen. Das natürlich vorhandene Mitgefühl gegenüber Menschen, die Schlimmes erlebt haben, wird instrumentalisiert und gegen eine Minderheit verwendet. Und das einmal auf individueller Ebene, indem unbeteiligten Menschen Schuld- und Schamgefühle eingeredet werden und sie dadurch systematisch psychisch kaputt gemacht werden, was man durchaus als emotionale oder psychische Gewalt bezeichnen kann. Und dann auf gesellschaftlicher Ebene, indem wir als Minderheit klein gehalten und von potenziellen Unterstützern isoliert werden, durch das Aufbauen eines falschen Dilemmas zwischen Kinderschutz und Gleichberechtigung von Pädophilen, und indem das Thema Pädophilie ausschließlich durch die Linse der Prävention betrachtet wird.
In dem Video scheint Josephines Schicksal genutzt zu werden, um Georg vorzuführen und von Anfang an in eine defensive und passive Position zu drängen, wo er gar nicht wirklich für sich einstehen kann. Das ist emotionale Manipulation vom Feinsten: „Du bist schuld daran, dass es mir so schlecht geht. Weil du hier sitzt und die Fragen beantwortest, die dir gestellt werden, und eigentlich schon, weil du überhaupt geboren wurdest und existierst.“ Wie hätte Georg unter der Prämisse je selbstbewusst für sich, seine Rechte und zumindest einen respektvollen Umgang in dem Dialog einstehen sollen?
Ganz egal, wie schlimm das ist, was Josephine widerfahren ist, es gibt ihr nicht das Recht Gewalt gegenüber Menschen auszuüben, die damit absolut gar nichts zu tun haben.
hilft nur Auswandern ne andere Möglichkeit gibts da nicht
"Ein Blick ins Gesetz erspart viel Geschwätz". In diesem Falle ein Blick auf § 184b Abs. 1 Satz 2 StGB. Dort ist nämlich zu lesen, dass kinderpornographische Inhalte in den Fällen das Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 4, die "kein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen" wiedergeben, mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis 5 Jahren bestraft sind. Nicht 1 Jahr. Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 4 beschreiben Verbreitung und Herstellung mit Verbreitungsabsicht von Kinderpornographie, dementsprechend ist die Mindeststrafe sowohl für Herstellung mit Verbreitungsabsicht, als auch für Verbreitung von fiktiver Kinderpornographie 3 Monate Freiheitsstrafe. Die Herstellung von fiktiver Kinderpornographie ohne Verbreitungsabsicht i.S.d. Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 ist nicht strafbar, ebenso wenig wie Abruf, Besitz oder Besitzverschaffung (s. Abs. 3). Es ist interessant, dass du anderen Leuten Ahnungslosigkeit hinsichtlich des deutschen Strafrechts vorwirfst, während du selbst deine eigene Ahnungslosigkeit offen zur Schau stellst.
Kinder im Herzen ist ein Weblog zum Thema Pädophilie, der von pädophil empfindenden Menschen betrieben wird, die sich entschieden haben ihre sexuellen Wünsche nie mit Kindern auszuleben. Wir schreiben über diverse Themen im Zusammenhang mit Pädophilie, die uns bewegen.
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