Liebe Leser,

was ist diese Woche nur los? Eine regelrechte Welle an Artikeln zum Thema Pädophilie ist auf diversen Seiten veröffentlicht worden, es scheint fast so, als ob die Journalisten die Flaute an Berichten während der Corona-Hochzeit nun ausgleichen wollen. Tatsächlich gibt es diese Woche so viel zu berichten, dass ich dem alleine nicht mehr Herr werden konnte und mir die Hilfe vom Seebären, ilytul und Ruby geholt habe. Diese Sonntagskiste ist also nicht das Werk einer einzelnen Person, sondern eine gemeinsame Anstrengung. Und das ist auch notwendig, denn es sind mal wieder alle gesammelten Inhalte – von einer sehr erfreulichen Ausnahme abgesehen – ziemlich kritikwürdig.

Sirius' Sonntagskiste

Sirius' Sonntagskiste ist mein persönlicher Wochenrückblick zum Thema Pädophilie. Jede Woche möchte ich Fundstücke zum Thema Pädophilie sammeln und meine Kiste mit Nachrichten, Medienartikel, Erlebnissen und Gedanken füllen. Jeden Sonntag werde ich dann an dieser Stelle meine Kiste öffnen um vorzustellen und zu kommentieren, was ich dort gesammelt habe. Das Ergebnis ist eine Reihe von Kommentaren und Gedanken zu aktuellen Themen, bei denen mir die Zeit für einen eigenen Blogbeitrag fehlt oder die einfach nicht umfangreich genug für einen eigenen Beitrag sind.
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  1. Mein Kopf platzt (15/2020)
  2. Ohne Tabus (17/2020)
  3. Verantwortung (19/2020)
  4. Rückkehr zur Tagesordnung (20/2020)
  5. Kinderentführer, Satanisten, Pädophile (21/2020)
  6. Den Pädo-Kriminellen den Kampf ansagen (22/2020)
  7. Hinunter in den Kaninchenbau (23/2020)
  8. Das Nachbeben von Münster (24/2020)
  9. Ja, aber... (25/2020)
  10. Echoes aus der Vergangenheit (26/2020)
  11. Volle Fahrt voraus und Kurs auf's Riff (27/2020)

1. Admin eines Pädophilie-Forums gefasst

Im Falle einer bundesweit vernetzten Gruppe von Kindesmissbrauchstätern, die durch Ermittlungen aufgeflogen ist, welche in Bergisch-Gladbach ihren Anfang genommen haben, gab es diese Woche neue Entwicklungen, die groß durch die Medien gegangen sind. So wurde vor allem eine zentrale Figur des Missbrauchsnetzwerks von einem Einsatzkommando festgenommen, das mit einer Schrotflinte erst seine Haustür aufgeschossen und dann seine Wohnung gestürmt hat.

Für die Medien ist Missbrauch trotz jahrelanger Aufklärungsarbeit von Organisationen wie Kein Täter Werden und Schicksal und Herausforderung ja leider immer noch so ziemlich gleichbedeutend mit Pädophilie, und so wundert es nicht, dass zum Beispiel Spiegel Online groß verkündet, der Administrator eines Pädophilie-Forums sei gefasst worden.

Besonders erschreckend fand ich in diesen Fall allerdings, dass diese Ansichten sich auch in den oberen Rängen der Ermittlungsbehörden offenbart haben. Der Kölner Polizeipräsident Uwe Jacob beschrieb den Festgenommenen etwa als "Administrator eines der Chatforen, in dem sich Pädophile ausgetauscht hätten" und verkündete, er würde den "Pädo-Kriminellen" den Kampf ansagen.

Mich als Administrator eines Pädophilie-Forums und Betreiber eines Chatforums, in dem sich Pädophile austauschen ärgert es ganz besonders, dadurch direkt und ganz offiziell von den Ermittlungsbehörden auf eine Stufe mit Menschen gestellt zu werden, die den schweren Missbrauch Dutzender Kinder bundesweit organisiert und möglich gemacht haben. Und nicht nur das, es verstärkt bei mir das Gefühl, alleine schon aufgrund meiner sexuellen Orientierung und meines Engagements im Bereich der Selbsthilfe polizeilich unter Generalverdacht zu stehen. Wenn laut Polizeipräsident Jacob das schlimme des Chats es war, dass sich dort Pädophile ausgetauscht haben – muss ich dann auch befürchten, dass meine Tür demnächst mit einer Schrotflinte kaputt geschossen wird, weil ich die Aktivitäten eines bundesweit agierenden Pädophilen-Netzwerkes unterstütze?

2. Keine Sorge: auch die UN ist gegen Pädophilie

Auf der rechten Nachrichtenseite EinReich wurde ein Artikel veröffentlicht, welcher der UN vorwirft, Pädophilie legalisieren zu wollen. Darum geht es allerdings nur vordergründig: eigentlich geht es gegen Transgender und LGBT, und mit dem Vorwurf der Pädophilie soll eine bereits mehrere Jahre alte Entscheidung der UN in Verruf gebracht werden, einen Experten einzuberufen, der sich gegen die Stigmatisierung und Verfolgung von Menschen aufgrund ihrer sexuellen oder geschlechtlichen Identität einsetzen soll. Damit bemüht sich der Artikel einer oft verwendeten Taktik homophober Menschen, indem eine Verbindung zwischen Pädophilie und Homosexualität (oder, wie in diesen Fall, Transgender) gezogen wird.

Der Artikel ist an sich höchst absurd und kann eigentlich von niemanden mit gesundem Menschenverstand ernst genommen werden. Dennoch haben sich zwei Faktencheck-Seiten damit etwas genauer befasst. Anstatt sich aber mit der fehlerhaften Logik des Originalartikels und den zahlreichen Falschaussagen zu beschäftigen, stellen beide Seiten vor allem eines klar: dass die Vereinten Nationen Pädophile genauso verabscheuen, wie der Rest der Welt auch.

Auf mimikama etwa wird zugegeben, dass sich die UN durchaus gegen Gewalt und Diskriminierung von Menschen aufgrund ihrer sexuellen Identität einsetze. Das würde Pädophilie aber nicht einschließen, denn: "Pädophilie [ist] allerdings keine sexuelle Orientierung, sondern eine paraphile Störung. […] Auf die LGBTQ-Community trifft dies jedoch nicht zu." Mal abgesehen davon, dass laut DSM-V und ICD-11 Pädophilie keine Störung ist und einige Wissenschaftler in dem Bereich der Ansicht sind, dass man Pädophilie durchaus als sexuelle Orientierung sehen kann – selbst wenn man es als Störung sieht ist das doch kein Grund, weshalb wir nicht Schutz gegen Gewalt und Diskriminierung verdient hätten, oder?

Noch schlimmer ist es auf der Faktencheck-Seite correctiv, wo schon in der Überschrift verkündet wird, dass die UN natürlich alle Formen der Gewalt gegen Kinder verurteilt und deswegen offensichtlich "Pädophilie nicht legalisieren" möchte. Der Artikel geht noch weiter als der von mimikama und behauptet nicht nur, dass die UN sich nicht für Pädophile einsetzen würde, sondern dass sie darüber hinaus Pädophilie sogar "verurteilen" würde.

Und mit Schrecken musste ich beim Blick in die Quellen des Artikels feststellen, dass der Autor damit sogar recht hat. So heißt es in einer Resolution der UN aus dem Jahr 2017:

Die Generalversammlung […] verurteilt alle Formen der Gewalt gegen Kinder in allen Umfeldern, namentlich körperliche, seelische, psychische und sexuelle Gewalt, […] Pädophilie, […] und fordert die Staaten nachdrücklich auf, verstärkte Anstrengungen zu unternehmen, um im Wege eines umfassenden Ansatzes jede derartige Gewalt gegen Kinder zu verhüten und sie davor zu schützen

Dass die UN auf der einen Seite die Notwendigkeit anerkennt und Anstrengungen unternimmt, sexuelle und geschlechtliche Minderheiten vor den Folgen von Stigmatisierung zu schützen, aber sich dann selber an der Stigmatisierung pädophiler Menschen beteiligt, ist für mich mehr als bitter.

3. Polizei will Pädophilen mit fiktiven Kinderpornos Falle stellen

- von Ruby

Die Internetseite "20minuten" berichtet in einem Artikel über die rechtliche Situation in der Schweiz bezüglich der Verwendung von künstlich erstellter Kinderpornographie zu Ermittlungszwecken. Dies ist dort derzeit, im Gegensatz zu Deutschland, nicht erlaubt.

Interessant finde ich folgende Aussage von Stephan Walder, den stellvertretenden leitenden Staatsanwalt im Kanton Zürich und Cyber-Experten:

Es wird kontrovers diskutiert, ob die Verbreitung von Kinderpornografie zu Strafverfolgungszwecken verhältnismässig ist. Wohl könnte man ins Feld führen, die verbreiteten Bilder seien künstlich generiert, also habe keine sexuelle Missbrauchshandlung gegenüber einem Kind bei der Herstellung der Datei stattgefunden. Andererseits befriedigen genau solche Bilder und Filme die Bedürfnisse der Täter gleichwohl, da die Erzeugnisse sehr echt wirken.

Besonders der von mir fett markierte letzte Satz zeigt noch einmal deutlich die gesellschaftliche Einstellung und einen häufigen Denkfehler bei diesem Thema auf. Den Einsatz fiktiver Kinderpornographie für Ermittler zu legalisieren wird positiv hervorgehoben mit der Begründung, dass man dadurch in Kinderpornotauschringe gelangen kann, um Straftäter zu fassen. Durch die Herstellung entstehe kein Schaden an realen Kindern, da diese fiktiv ohne Einsatz von echtem Material am Computer erstellt würden.

Gleichzeitig sagt dieses Zitat aber aus, dass dieses nun als unschädlich geltende Material nicht für Pädophile zur Verfügung stehen darf, obwohl es den gleichen Effekt auf sie hat wie echtes Material: die Befriedigung der sexuellen Bedürfnisse der Konsumenten.

Die Idee, dass diese fiktive Kinderpornographie, wenn sie doch kaum von echter zu unterscheiden ist, für Pädophile (und andere Interessierte) zu erlauben, um damit eventuell Missbrauch zu verhindern, kommt ihnen gar nicht.

Das Material selbst kann nicht durch die Nutzung unterschiedlicher Menschen entweder schädlich oder unschädlich sein. Entweder ist die Existenz und Herstellung von solchem Material problematisch oder sie ist es nicht. Zu sagen, Ermittler dürfen es für "den höheren Zweck" nutzen, den Besitz und die Herstellung dieses Materials im privaten Rahmen zur Ersatzbefriedigung aber zu kriminalisieren ist absurd, insbesondere wenn dadurch von diesen Menschen kein echtes Material konsumiert werden würde.

Geht es hierbei also wirklich um den Kinderschutz oder nicht doch viel eher darum, pädophilen Menschen ihre Fantasien und Bedürfnisse nicht zu gestatten?

4. Herausforderung ärztliche Schweigepflicht

- von Dem Seebären

Der Prignitzer Urologe Torsten Katterwe hat 2019 mit einer Weiterbildung begonnen, um sich zusätzliche Qualifikationen im Bereich der Sexualmedizin anzueignen.

Was sicherlich grundsätzlich erst einmal begrüßenswert ist, so wünscht man sich doch einen behandelnden (Fach-) Arzt, der auch über den Tellerrand schauen kann, kann am Ende jedoch sowohl für den Arzt als auch den Patienten problematisch werden.

Manche Gespräche sind starker Tobak

Wie er bereits erfahren musste, sind manche Gespräche in dem Bereich "extreme Praktiken" (was auch immer damit konkret gemeint ist) oder "Pädophilie" harter Tobak, was gleichermaßen verständlich, aber auch absehbar klingt.

Personen, die sich mit einem Problem an einen Arzt oder Therapeuten wenden, haben für gewöhnlich schon einen recht hohen Leidensdruck, der natürlich nicht zwangsläufig durch fragwürdige Taten gefüttert wurde, aber man auch wohl solche Situationen erwarten kann.

Und natürlich ist es nachvollziehbar, wenn es belastend sein kann, solche intimen Geständnisse seiner Patienten zu erfahren und es ist dann sicherlich auch herausfordernd darauf professionell und hilfreich eingehen zu können. Allerdings sehe ich dies nun einmal als Teil dieser Tätigkeit an und man sollte sich im Vorfeld darüber im Klaren sein, was auf einen zukommen kann.

In solchen Fällen informieren wir dann das Jugendamt

Problematisch finde ich jedoch das (Veröffentlichen des) Vorgehen(s), dass bei Kenntnisnahme einer Straftat das Jugendamt informiert wird, da eine Anzeige der Straftat aufgrund der ärztlichen Schweigepflicht nicht möglich sei. Mal abgesehen davon, dass dies ja nur in ganz konkreten Situationen hilfreich wäre, bezweifle ich, dass unter diesen Voraussetzungen sich Betroffene dafür entscheiden werden mit "offenen Karten" zu spielen und somit bereits im Voraus eine mögliche Hilfestellung scheitern wird. Zumindest wäre eine genaue Abwägung der berichteten Straftat nötig, worauf in dem Artikel jedoch nicht näher eingegangen wird.

Diese Menschen müssen lernen damit umzugehen, ohne dass sie straffällig werden

Auch wenn, wie zuvor bereits erwähnt, vermutlich tatsächlich nur Menschen mit einem hohen Leidensdruck diese Probleme bei einem Arzt / Therapeuten ansprechen werden, vermittelt diese Aussage jedoch nun wieder direkt den Eindruck, als würde jeder Pädophile unter seiner Neigung leiden und könnte sich diesbezüglich nicht kontrollieren. Es ist sicherlich nicht zu bestreiten, dass es auch diese Pädophile gibt, jedoch, wie üblich, den Eindruck vermitteln zu wollen, dass dies der Normalfall sei, trägt nicht gerade zur Aufklärung bei. Andererseits erhöht dies natürlich den Bedarf an Spezialisten wie Herrn Torsten Katterwe - ein Schelm, wer böses dabei denkt.

5. Der Pädo, der kein Pädo war

- von ilytul

Der Fall, über den ich jetzt schreibe, beginnt bereits im Jahre 2019. Ein Rentner möchte seinem Enkel eine Hüpfburg zeigen und fotografiert diese dazu nichtsahnend mit seinem Handy, dies sehr zum Leidwesen aufgebrachter Passanten. Diese konfrontieren ihn, woraufhin der Rentner sich vermeintlich in Widersprüche verwickelt (wir reden wohlgemerkt von einem 78-Jährigen, der sich konfrontiert sieht, ein Pädo zu sein, etwas, das man auch in der heutigen Gesellschaft nicht sein sollte) und rufen anschließend die Polizei.

Die herbeigerufenen Beamten ermitteln, stellen bei dem stundenlang auf der Dienststelle festgehaltenen Senior keine Straftat fest und lassen ihn anschließend laufen.

Soweit, so gut.

Die Beamten lassen es sich allerdings nicht nehmen, einer Person, bei der kein Hinweis auf eine Straftat vorliegt, eine „eindringliche Ansprache“ zu halten (was auch immer das bedeuten mag; ist damit eine Gefährderansprache gemeint?) und die Daten an die Kriminalpolizei weiterzuleiten. Diese untersucht den Fall zusätzlich auf eine mögliche sexuelle Motivation des Rentners, verneinen dies anschließend, brandmarken ihn aber dennoch in den Datenbanken als möglichen Pädophilen. Der Rentner stellt irgendwann einen Auskunfts- und Löschantrag, welcher allerdings mit der Begründung abgelehnt wird, dies baue seine Hemmschwelle als Pädophiler ab und erhöhe die Gefahr, aus einer sexuellen Motivation heraus Kinder zu fotografieren.

Der hinzugezogene Datenschutzbeauftragte Petri stellt dazu fest, dass aufgrund der fehlenden sexuellen Neigung die Daten sofort hätten gelöscht werden müssen, was allerdings ausblieb.

An diesem Punkt stellen sich mir einige Fragen:

  1. Wie kann ein Mensch, der laut Ermittlungen kein Pädo ist mit 78 Jahren noch zum Pädo werden? Wie können die mit dem Löschantrag befassten Beamten das mit allen Erkenntnissen, die Sexualforscher gewonnen haben, vereinbaren?
  2. Warum wird ein Mensch, bei dem explizit keinerlei Hinweise auf pädophile Neigungen vorlagen, als potentieller Pädo markiert?
  3. Warum werden überhaupt noch Menschen aufgrund ihrer Sexualität bei den Behörden markiert, selbst wenn keine Straftat vorlag und warum ist auch das offenbar in Ordnung?
  4. Warum ist es in Ordnung, Kinder zu fotografieren, wenn keine Pädophilie vorliegt? Wie ist diese Doppelmoral zu erklären?
  5. Warum weigert sich die Behörde, einen unschuldigen Mann in ihren Datenbanken und Akten als unschuldig zu bezeichnen und muss ihm unbedingt einen Stempel aufdrücken? Wie ist das mit der Professionalität, die gerade in diesem Beruf von überragender Bedeutung ist, in Einklang zu bringen?

Dieser Fall zeigt wieder sehr eindrücklich, wie mit Menschen umgegangen wird, bei dem nur der leiseste Verdacht auf eine pädophile Neigung vorliegt, selbst wenn dieser entkräftet wurde. Pädophile scheinen bei allem sonstigen Fortschritt, den das Land in den letzten Jahrzehnten gemacht hat, immer noch eine extrem vorverurteilte Gruppe zu sein, die selbst von einigen in der Staatsmacht mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln gegängelt werden. Was diese Beamten mit unserem Rechtsstaat veranstaltet haben und noch tun, ist eine absolute Schande.

6. Wie aus einem Traum Realität wurde

Puh, lasst uns für den Moment einmal den Blick von den ganzen Negativen Presseerzeugnissen dieser Woche abwenden und uns zur Abwechslung den Blick auf etwas Gutes richten, das diese Woche veröffentlicht wurde.

Anfang 2019 sprach ich mit einer Kommilitonin der TU Dortmund, woraus dann ein Artikel für eine Uni-Zeitschrift wurde. Einige Monate später sprachen für einen weiteren Artikel noch einmal über Skype. In der Zwischenzeit hatte sich bei mir einiges geändert. Die Möglichkeit einer Beziehung, die ich beim ersten Interview noch als eine Art unrealistischen Wunschtraum beschrieben hatte, war plötzlich und ganz unvermittelt für mich zur Realität geworden.

Aus den Interviews ist nun ein sehr schöner und lesenswerter Artikel auf jetzt geworden.

7. Angeklagter wehrt sich gegen Pädophilie-Vorwürfe

Normalerweise wehren wir uns ja dagegen, direkt mit Missbrauchstätern gleich gesetzt zu werden. In dem Fall um einen Urologen in Österreich, der über 100 Jungen missbraucht haben soll, ist es interessanterweise genau anders herum.

Wie ich bereits in meiner Sonntagskiste #29 erwähnt habe, wäre es genauer ihn als homosexuell zu bezeichnen anstatt als pädophil, da jeder der Opfer männlich, aber nur eine Minderheit überhaupt potentiell vorpubertär sind. Der Angeklagte selber gibt lediglich zu, "im Rahmen der sexuellen Aufklärung Übergriffe auf pubertierende Burschen" begangen zu haben. Obwohl es also womöglich noch nicht einmal tatsächlich vorpubertäre Opfer gibt oder sie zumindest nur einen vergleichsweise kleinen Anteil bilden, wurde er in einem Gutachten als pädophil diagnostiziert.

Der Arzt versucht jetzt, sich gegen dieses Gutachten zu wehren. Denn im Falle einer Verurteilung könnte die Pädophilie-Diagnose bedeuten, dass er zusätzlich zur Haftstrafe in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen werden könnte. Genauso wie die Gleichstellung mit Missbrauchstätern für uns also massive negative Konsequenzen in Form von fortgesetzter Stigmatisierung hat, so kann interessanterweise also auch die Gleichstellung mit uns für Missbrauchstäter negative Konsequenzen in Form von härterer Bestrafung haben.

8. Polens pädophile Priester

Leider hat es sich ja schon so ziemlich eingebürgert, dass der Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche mit Pädophilie in Verbindung gebracht wird. "Pädophile Priester" sind in aller Munde und inzwischen zu einer Art Witzfigur geworden.

Normalerweise gehe ich also gar nicht mehr groß auf einzelne Artikel ein, die von "pädophilen Priestern" oder "Pädophilie in der Kirche" sprechen, weil es einfach nicht viel Neues dazu zu sagen gibt. Bei DW ist allerdings ein Artikel über einen Missbrauchsskandal in der polnischen Kirche erschienen, der vom Ausmaß dieser stigmatisierenden Formulierungen her doch noch eine Erwähnung wert ist. Der Artikel redet nicht nur von "pädophilen Priestern", sondern auch von "pädophilen Taten", "Pädophilie unter den Geistlichen", und einer "Demonstration gegen Pädophilie".

Bei dieser penetranten Erwähnung von Pädophilie, wenn doch eigentlich Missbrauch gemeint ist, stellt sich fast schon die Frage eines bewussten Vorsatzes.

9. Kriminalisierung pädophiler Menschen in den Medien

Nicht jeder pädophile Mensch wird zum Straftäter, und die meisten Kindesmissbrauchstäter und Konsumenten von Kinderpornographie sind nicht pädophil.

Leider wird diese wichtige Unterscheidung in den Medien oft nicht gemacht, und Pädophilie mit Straftaten oft in einen Topf geworfen. Gerade das trägt aber massiv zur Stigmatisierung pädophiler Menschen bei, da die meisten Menschen so den Eindruck gewinnen, dass Pädophilie und Kindesmissbrauch ein und dieselbe Sache ist. Um auf dieses Problem aufmerksam zu machen, möchte ich hier jede Woche Beispiele für diese Behandlung des Themas Pädophilie in den Medien sammeln.










10. Engländer in New York

Englishman in New York gehört zu einem der bekanntesten Lieder des Sängers Sting und hat natürlich erst einmal überhaupt nichts mit Pädophilie zu tun. Wenn man genauer auf den Text hört, lassen sich aber durchaus einige Parallelen zum Thema finden: das Gefühl fremd und unpassend in der Gesellschaft zu sein, und die Ignoranz anderer lächelnd ertragen zu müssen. Und das Lied schließt mit einem ganz wichtigen Satz, der gerade für pädophile Menschen relevant ist: Sei du selbst, egal was die anderen sagen.


Vielen Dank an Ruby, ilytul und den Seebären für die "Rettung" aus der überfüllten Kiste!

Bis nächste Woche,
Sirius

9 Kommentare

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Dieter Gieseking

Wer den zumindest populistischen Begriff "Pädo-Kriminelle" verwendet, stellte ALLE unter Generalverdacht. Niemand verwendet die Begriffe Hetero-Kriminelle oder Homo-Kriminelle. Auf den 1. Blick könnte dieser Begriff eine unwesentliche Kleinigkeit sein. Aus meiner Sicht stellt dieser Begriff jedoch eine pauschale Kriminalisierung dar und man muss ständig dagegen vorgehen. Es ist bei einem pädophilen Forum etc.. heutzutage ein Kinderspiel, einen Anfangsverdacht zu konstruieren. Die Ermittlungsbehörden gehen immer von kriminalistischen Erfahrungswerten aus und mit einer solchen Begründung können HD-Beschlüsse bei Gerichten erwirkt werden. Zu diesen Erfahrungswerten gehört auch, dass spätestens bei der HD strafrechtlich relevante Beweise gefunden werden. Hat der Verdächtige Beschwerde gegen die HD eingelegt, dann hat diese nur dann Aussicht auf Erfolg, wenn nichts belastbares gefunden wurde. Hinzu kommt, dass wenn das BVerfG eine HD im nachhinein als rechtswidrig anerkannt hat, die zuvor sichergestellten Beweismittel dennoch auswerten darf und diese angeklagt werden dürfen. Im Prinzip ist dies ein Freibrief für die Ermittlungsbehörden durch die Hintertür. Rechtswidrige HDs werden dadurch quasi im Nachhinein legalisiert. Das Beweisverwertungsverbot greift nicht. Der Verdächtige hat nur eine Chance: Er muss sofort nach der HD Beschwerde beim Landgericht einlegen. Gegen die ablehnende Entscheidung des LG muss er sofort Beschwerde beim BVerfG per Eilantrag einlegen. Erklärt das BVerfG die HD zum Zeitpunkt der Durchführung als rechtswidrig, dann kann der Verdächtige nur hoffen, dass die Ermittlungsbehörden noch nicht mit der Auswertung begonnen haben. Hat die Behörde bereits mit der rechtswidrigen Auswertung begonnen und es gibt Zufallsfunde, dann ist die Entscheidung des BVerfG wirkungslos. Im Übrigen hat der Verdächtige natürlich auch dann einen Schaden genommen und finanzielle Kosten gehabt, wenn das Ermittlungsverfahren eingestellt wurde. So oder so: Schon seit vielen Jahren funktioniert der "Rechtsstaat" bei diesen Themenkomplexen nicht mehr....

Sirius

Nunja, "Pädo-Kriminelle" ist immerhin schonmal um mehrere Größenordnungen besser als "Pädophile"… aber ich gebe dir recht, dass da immer noch eine ziemliche Stigmatisierung drin steckt. Die meisten Sexualverbrechen gegen Kinder werden nicht von Pädophilen begangen, weshalb es keinen Sinn ergibt da trotzdem von Pädo-Kriminellen zu reden. Man sollte eigentlich meinen, dass ein Polizeipräsident, der in dem Bereich ermittelt, über den Anteil der Tätertypen besser informiert ist.

Dieter Gieseking

Künstlich hergestellt Kinderpornos zum Zweck von Ermittlungen: Schon der ehemalige Richter am BGH Thomas Fischer hat in seiner Kolumne bei Spiegel-Online die Frage gestellt, warum fiktive KP eigentlich nur für die Ermittler legalisiert wird. Wenn es doch keine realen Opfer gibt und damit kein Rechtsgut verletzt wird, dann könnte man solche KP auch für alle Menschen als legal erklären. In den sonst so strengen USA ist dies nämlich der Fall. Bei der Legalisierung für Ermittlungsbehörden geht es also nicht um einen besseren Kinderschutz vor sexueller Gewalt, sondern primär um eine effektivere Strafverfolgung. Dabei wird die Produktion & Verbreitung von neuen fiktiven KP billigend in Kauf genommen. Man geht auch davon aus, dass Dumme diese KP-Fakes nicht erkennen. Warum man in D nicht den USA folgt, ist auch klar: Die Moral hat gegenüber rechtsstaatlichen Prinzipien gewonnen. Es ist eine Gesinnung des Gesetzgebers, die die Bundesregierung in der Koalition von CDU/CSU & SPD mehrheitlich durchgesetzt hat. Ein Betroffener müsste Beschwerde beim BVerfG einlegen. Ich halte die Erfolgsaussichten für durchaus realistisch, denn auch in den USA hatte eine solche Beschwerde Erfolg gehabt. Im Übrigen gibt es auch noch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte(EGMR).

Der Seebär

Ich frage mich dabei auch, wie sichergestellt wird, dass in den Reihen der Ermittler nicht auch Menschen mit einer pädophilen Neigung arbeiten und dann eben diese Materialien für den "persönlichen Gebrauch" benutzen?

Wie man es dreht und wendet, ist es einfach nur eine Farce wie Sirius es schon so treffend bezeichnet hat. Entweder gleiches (Un-) Recht für alle oder man kann das Gleichheitsprinzip bzw die gesamte Rechtstaatlichkeit in Frage stellen.

Max Weber

Ich denke da missberstehst du die Absicht mit der künstlichen KiPo: es ist meinem Verständnis dabei nicht das Ziel, als künstlich erkennbare Bilder zu erzeugen und zu verwenden, sondern solche, die für das menschliche Auge nicht von Fotos zu unterscheiden wären. Man muss wohl kaum mehr „dumm“ sein um viele der moderneren CGI nicht auf den ersten Blick von echten Fotos unterscheiden zu können.

Dieter Gieseking

Mit Sicherheit gibt es auch dort Pädophile, wie überall. Die Ermittlungsbehörden dürfen neuerdings bei großen Datenmengen die Auswertung der Inhalte an private Unternehmen auslagern. Privatpersonen haben dort also problemlosen Zugang zu KP/JP. Ein sogenannter Schnellkurs soll die Mitarbeiter "qualifizieren". Bisher nur hoheitliche Aufgaben des Staates dürfen also von der Privatwirtschaft durchgeführt werden. Im "Namen des Kinderschutzes" ist heute halt alles möglich....

Sirius

Ich halte das ja ohnehin für eine ziemliche Farce, dass Ermittler virtuelle Kinderpornographie benutzen dürfen.

Ich hoffe, ich bringe Betreiber von KiPo-Plattformen jetzt nicht auf dumme Gedanken… aber im Prinzip müsste man bei der Registrierung doch nur ein Kinderpornographisches Bild mit senden, und verlangen, dass dieses Bild zusammen mit dem neuen Material bei der Registrierung zurück geschickt wird. Ermittler dürfen zwar fiktives Material erstellen und verbreiten, aber doch immer noch keine reale Kinderpornographie verbreiten.

Auch mit den neuen Befugnissen sollte es also recht einfach sein, Ermittler aus solchen Tauschbörsen auszuschließen. Gerade deswegen empfinde ich das Gesetz eigentlich nur als reine Schikane. So als würde der Staat uns unter die Nase reiben wollen: "Guckt mal, wir dürfen das und ihr nicht, weil wir im Gegensatz zu euch keine widerlichen Perverslinge sind!"

Dieter Gieseking

Die Betreiber von solchen Foren etc... werden mit Sicherheit schon Strategien entwickelt haben. Der Gesetzgeber kann aber der Öffentlichkeit sagen: Wir haben etwas getan und haben den Kampf verschärft. Damit sollen die Menschen beruhigt werden. Ob die Maßnahmen greifen und sinnvoll sind, interessiert erste einmal niemanden mehr. Hauptsache es wurden Gesetzeslücken geschlossen. Die nächste Gesetzeslücke wartet allerdings schon. Auf die Idee, dass scharf - schärfer und am Schärfsten völlig kontraproduktiv ist, kommt natürlich niemand. Das grundsätzliche Problem wird damit jedenfalls nicht gelöst...

Regenbogenfisch

Puh, was für eine Woche. Danke für's Zusammentragen und Kommentieren der Meldungen, Sirius, Ruby, Seebär und Ilytul.

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