Gutefrage.net war lange Zeit ein Ort, an dem ich mich sehr gern aufgehalten habe. Ich war dort, schon lange bevor ich mir meiner Pädophilie bewusst geworden bin, aktiv, habe viele nette Menschen kennengelernt und nicht zuletzt wäre ich ohne gutefrage wohl nie mit anderen Pädophilen in Kontakt gekommen, die mich während der Phase des Coming-Ins (also des Bewusstwerdens meiner pädophilen Neigung) unterstützt haben.

Als ich dann begonnen habe, über Pädophilie aufzuklären, war gutefrage einer der wenigen Orte, an denen das noch möglich war, da gutefrage – zumindest verglichen mit den meisten anderen Plattformen – sehr tolerant dem Thema gegenüber war. Damit meine ich, dass man sich dort als pädophiler Mensch zu erkennen geben konnte, man über die eigenen Empfindungen schreiben konnte und andere beispielsweise über den Unterschied zwischen Pädophilie und Kindesmissbrauch aufkären konnte – alles unter der Prämisse, dass sexuelle Handlungen zwischen Erwachsenen und Kindern niemals stattfinden dürfen. Beiträge, die Kindesmissbrauch verharmlost und (angeblich) einvernehmliche sexuelle Kontakte zwischen Erwachsenen und Kindern befürwortet haben, wurden und werden dort seit eh und je gelöscht und Nutzer, die wiederholt durch solche Beiträge auffielen, gesperrt.

Natürlich war auch dort nicht alles perfekt, Anfeindungen und Beleidigungen gegenüber pädophilen Menschen gab es dort wie überall, aber diese wurden meist zeitnah gelöscht und alles in allem war gutefrage eine positive Ausnahme im Umgang mit dem Thema.

Leider blieb es nicht dabei. Schon vor den jüngsten Entwicklungen, wegen derer ich diesen Beitrag schreibe, fiel auf, dass sich das Blatt auf gutefrage langsam zu unseren Ungunsten wendete. Ich wurden beispielsweise für 24 Stunden gesperrt, weil ich darauf hingewiesen hatte, dass Pädophilie laut ICD-11 nicht grundsätzlich als Störung gilt, sondern dort zwischen Pädophilie und pädophiler Störung unterschieden wird. Dies sei verharmlosend, hieß es von Seiten gutefrages. Zudem bildete sich eine Art Allianz verschiedener Usermods, die in Diskussionen völlig willkürlich Beiträge, die ihnen nicht passten, löschten und auf die Weise sachliche Diskussionen unmöglich machten. Jedoch muss man auch hier sagen, dass nach einer Beschwerde bei dem Team von gutefrage, die entsprechenden Beiträge meist wieder hergestellt wurden, wenn sie zuvor grundlos gelöscht worden waren, die „Gewaltenteilung“ bei gutefrage also immernoch funktionierte. 

Und damit kommen wir zu den angesprochenen jüngsten Entwicklungen in Form einer neuen Richtlinie. Gutefrage war der Diskussionen zu dem Thema offenbar überdrüssig und entschied sich daher, solche Diskussionen einfach von vorneherein zu unterbinden. Unter dem Punkt „stark anstößige, obszöne oder vulgäre Beiträge“ (zu denen, gutefrage zufolge, Pädophilie wohl ganz grundsätzlich zählt) heißt es jetzt

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Dazu muss erst einmal gesagt werden, dass in der gesamten Zeit, die ich bereits auf gutefrage aktiv bin, ich nicht ein einziges Mal mitbekommen habe, dass die Plattform von Pädophilen missbraucht wurde, um ihre sexuelle Neigung dort auszuleben, ebenso wie es eine Frage wie „Sollte es eine Pädophilenquote unter Kindergärtnern geben?“ nie gegeben hat. Diese Frage als Beispiel dafür zu nutzen, was nicht mehr erlaubt ist, ist meiner Ansicht nach der Versuch gutefrages, das Thema, ob Pädophile Kontakt mit Kindern haben können, auf die Weise ins Lächerliche und Absurde zu ziehen. 

Der wichtigste Satz ist aber natürlich folgender: „Im Bereich Pädophilie sind lediglich konkrete Ratsuchen Betroffener zulässig.“. Ein Community Manager von gutefrage führte weiter aus, was damit gemeint ist:

Im Klartext heißt das, Fragen zu Pädophilie sind nur noch erlaubt, wenn sie von einer pädophilen Person stammen, die schön in das Klischee des unter der Neigung leidenden und kurz vor einem Übergriff stehenden Pädos passt oder von einer Person, die „Opfer einer pädophilen Tat“ geworden ist. Womit gutefrage dann auch unter Beweis gestellt hätte, dass sie immernoch nicht in der Lage sind, zwischen einer Neigung und einer Tat zu unterscheiden. Oder was ist bitteschön eine pädophile Tat? Ist jede Tat, die ein Pädophiler begeht, eine pädophile Tat? Auch wenn sie ohne Einbeziehung eines Kindes stattfindet, z.B. Masturbation zu Fantasien? Und auf der anderen Seite, wie nennt gutefrage es, wenn ein Kind von einer nicht pädophilen Person missbraucht wurde?

Aber zurück zum Thema. Die Begründung für diese Richtlinienänderung ist also, dass Pädophilie verharmlost würde. Was gutefrage hierbei unter „Verharmlosung“ versteht, wurde ja schon in der Vergangenheit deutlich. Da reicht es aus, zu sagen, dass Pädophilie nicht grundsätzlich eine Störung ist, um Verharmlosung vorgeworfen zu bekommen. Außerdem gäbe es Fragen, „wo grundsätzlich der Tenor einer Entkriminalisierung das Ziel der Frage ist“. Das klingt ja schlimm. Ich bin ausdrücklich gegen die Entkriminalisierung sexueller Handlungen mit Kindern oder von Aufnahmen, die solche Handlungen zeigen! Wer weiterliest, sieht aber, dass gutefrage das gar nicht mit "Entkriminalisierung" gemeint hat. Es geht um Kindersexpuppen. Man bekommt als pädophile Person jetzt also nicht nur diese unschädliche Möglichkeit, seine Sexualität auszuleben, verboten. Nein, man darf dieses Verbot jetzt nichtmal mehr kritisieren. Und wieder einmal bin ich sprachlos, ob dieser Ungerechtigkeit. 

Diese Richtlinienänderung ist nun bereits etwa drei Monate her. Wie sieht denn nun der tatsächliche Umgang mit dem Thema Pädophilie bei gutefrage aus? 

Positiv lässt sich hervorheben, dass ich überhaupt noch schreiben darf und mein Account nicht deaktiviert wurde, weil ich ja ein Pädophiler bin, der keinen konkreten Rat sucht. Außerdem werden Beiträge, die Beleidigungen enthalten (zumindest dann, wenn es wirklich krasse sind) oder in denen mir Straftaten wie Kindesmissbrauch oder der Konsum von Kinderpornografie unterstellt werden, immernoch recht zeitnah gelöscht. 

Ansonsten setzt gutefrage die neue Richtlinie größtenteils um. Es gibt kaum noch Fragen zu Pädophilie, die nicht entweder von Personen stammen, die befürchten pädophil zu sein und die von gutefrage standardmäßig den Hinweis vorgesetzt bekommen, wie wichtig es sei, dass sie sich professionelle Hilfe suchen (dabei ist sich gutefrage auch nicht zu schade, einen verunsicherten 14-jährigen Jungen, dem ein fast 12-jähriges Mädchen gefällt, mit ebendiesem Hinweis noch mehr zu verunsichern) oder aber von Leuten, die Pädophilie grundsätzlich mit Missbrauch gleichsetzen (zum Teil sogar mit dem Missbrauch von Jugendlichen). 

Damit wandelt sich gutefrage wohl nun immer mehr in Richtung twitter und reddit. Noch sind zwar Beleidigungen und Drohungen gegenüber Pädophilen untersagt, allerdings frage ich mich schon, wie lange das noch der Fall sein wird oder wann Drohungen z.B. gegenüber Pädophilen, die mit Kindern arbeiten, als gerechtfertigt für den Schutz von Kindern angesehen werden. 

Wir dürfen gespannt bleiben. 

Nachtrag, 04.06.2023: Inzwischen habe ich meinen gutefrage-Account selbstständig deaktiviert, da mich der Aufenhalt dort psychisch zu sehr belastet hat.