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In den vergangenen Tagen haben wir auf auf unserer Anti-Stigma-Seite Wir sind auch Menschen eine ganze Flut von Hassnachrichten, entweder über unseren Fragen & Antworten-Bereich oder über unser Kontaktformular, erhalten. Viele dieser Nachrichten enthielten Morddrohungen und generell extrem menschenfeindliche Aussagen. Den Großteil davon haben wir nicht freigeschaltet und unbeantwortet gelassen, mit Ausnahme einer "Frage", um an dieser exemplarisch zu zeigen, welchem Hass wir quasi tagtäglich ausgesetzt sind.

Der Verfasser der Nachricht kündigt an, uns jagen zu wollen und bezeichnet uns als Abschaum der Gesellschaft, der Kinder missbraucht. In einem wahnsinnig kreativen Seitenhieb auf den Namen unserer Website spricht er uns zudem unsere Menschlichkeit ab. Diese Nachricht für sich ist erstmal nichts besonderes. Jeder, der sich für Aufklärung über Pädophilie einsetzt, hat vermutlich schon hundertfach solche und schlimmere Nachrichten bekommen. Interessant finde ich etwas anderes. Und zwar fällt auf, dass der Verfasser der Nachricht uns unterstellt, Kinder zu missbrauchen, obwohl wir uns auf unserer Seite ja an verschiedenen Stellen klar von sexuellem Kindesmissbrauch, Kinderpornografie und Forderungen nach der Legalisierung dieser distanzieren.1 Nun könnte man meinen - und vielleicht ist es auch so -, dass der Verfasser unsere Seite einfach überhaupt nicht gelesen hat und einfach annahm, dass Pädophile nunmal Kinder missbrauchen oder zumindest Kindesmissbrauch legalisieren wollen. Es gibt allerdings auch noch eine andere Möglichkeit, zu der ich gleich komme.

Vor kurzem erhielten wir über das Kontaktformular ebenfalls die Nachricht einer Frau, auf welche ich antwortete, da sie als einzige eine Email-Adresse angegeben hatte. In ihrer Nachricht warf sie uns vor, unser einziges Ziel sei es, unsere "kriminellen Handlungen straffrei ausüben" zu können (sprich Kindesmissbrauch und Kinderpornografie zu legalisieren) und fragte, ob wir wüssten, was wir einer Kinderseele damit antun. In der zugegebenermaßen naiven Hoffnung, dass auch sie einfach nicht ausreichend über das Thema informiert war, Pädophile mit Missbrauchstätern gleichsetzte und einfach unsere Seite nicht ausreichend durchgelesen hatte, antwortete ich ihr, angesichts ihrer Anschuldigungen sehr respektvoll, wie ich fand, auf ihre Mail. Ich stellte richtig, dass unser Ziel keineswegs die Legalisierung von sexuellem Kindesmissbrauch und Kinderpornografie ist und dass niemand aus unserem Team je ein Kind missbraucht hat und dies auch nicht vorhat, da wir uns der Folgen für das Kind bewusst sind (schließlich hatte sie ja sogar gefragt, ob wir um der Folgen von Missbrauch auf Kinder wissen).

Ihre Antwort hierauf war... ernüchternd. Wer "so eine Neigung hat, wird sie zwangsläufig auch real ausleben wollen", behauptete sie und dass die meisten von uns dies auch tun. "Du kannst mir viel erzählen, dass kein einziger von euch dies [...] gemacht hat. Weil er einem missbrauchten Kind gedroht hat oder oder oder. Nie im Leben kannst du die Hand für dich oder für jemand anderen ins Feuer legen. Das ist Fakt!" Im Weltbild dieser Frau gibt es also quasi überhaupt keine nicht-übergriffigen Pädophilen, sondern höchstens Pädophile, die noch nicht verurteilt wurden.

Mich lässt beim Lesen dieser Nachricht der Eindruck nicht los, dass die Verfasserin insgeheim sogar will, dass wir Kinder missbrauchen. Zwar hat sie erwähnt, dass die Neigung selbst schon falsch und verwerflich sei, aber vermutlich merkt sie dennoch, dass das alleine nicht ausreicht, um ihren Hass auf uns zu rechtfertigen. Und da sie trotz meiner Mail und den Aussagen auf unserer Webseite die Möglichkeit, dass es Pädophile gibt, die weder Kinder missbrauchen noch Missbrauch legalisieren wollen, nicht in Betracht ziehen will, bleibt für mich eigentlich nur diese Interpretation: Sie wünscht sich, dass wir übergriffig werden. Weil sie nur auf diese Weise ihr Weltbild aufrechterhalten kann: "Pädophile missbrauchen Kinder. Das ist so. Das muss so sein." Und mit jedem Kind, das von einem Pädophilen missbraucht wird (oder auch von einem nicht-pädophilen Ersatzhandlungstäter, mich würde wundern, wenn sie den Unterschied kennen würde), festigt sich dieses Weltbild. Jede Information, die ihm widerspricht, wird beiseite gewischt: "Diese Pädophilen lügen und manipulieren doch sowieso alle, denen kann man nicht glauben". Es ist eben viel einfacher, an seinem Weltbild, an seinen Vorurteilen, an seinem Hass festzuhalten als diese zu hinterfragen. Denn wenn man das täte, bestünde ja die Möglichkeit, dass man feststellt, sich die ganze Zeit geirrt zu haben. Dass man Menschen gehasst und beschimpft hat, die vollkommen unschuldig sind. Und dann würde sich vielleicht auch das eigene Gewissen melden. Und aus diesem Grund halte ich es zumindest nicht für ausgeschlossen, dass Personen wie diese Frau - und wenn es nur unbewusst passiert -, sich wünschen, dass Pädophile Kinder missbrauchen und sich auch ein wenig freuen, wenn es passiert. Weil es sie davor bewahrt, sich für sich selbst schämen zu müssen.


  1. Damit es zu keinen Missverständnissen kommt, Angriffe auf die Menschenwürde wie oben beschrieben, sind in keinem Fall tolerierbar, auch nicht bei Pädophilen, die sich tatsächlich für die Legalisierung von Kindesmissbrauch und Kinderpornografie einsetzen. "Die Würde des Menschen ist unantastbar", heißt es in Artikel 1 des Grundgesetzes und das gilt auch für Menschen mit gefährlichen Ideologien - was nicht heißt, dass man diese nicht energisch, aber sachlich kritisieren darf. Das wiederum halte ich sogar für unsere Pflicht.  

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1 Kommentar

Die Leute verstehen gar nicht, was für ein großes Glück es ist, dass ihre eigenen Vorurteile nicht zutreffen. Würde tatsächlich jede:r Pädophile mindestens einmal ein Kind missbrauchen, würde es bei der schieren Masse an pädophilen Menschen, die es gibt, kaum noch Kinder geben, die keine Missbrauchserfahrungen machen - vor allem, da dazu ja nochmal die nicht-pädophilen Täter:innen kommen.

Und ich sage bewusst Glück, weil solche Personen exakt gar nichts dazu beitragen, dass Menschen keine Übergriffe begehen. Pro Tip: der erste Schritt, um als Gesellschaft Straftaten zu verhindern besteht nicht darin, Leuten irgendwelche Therapien aufzudrängen (egal ob sie diese brauchen oder nicht) sondern darin, dass man Menschen, die keine Straftaten begehen überhaupt erst einmal nicht so behandelt, als wären sie Straftäter.

Regenbogenfisch

Ich bin männlich, Anfang 20 und interessiere mich hauptsächlich für Mädchen zwischen 3 und 15 Jahren. Auf Kinder im Herzen möchte ich mich für Aufklärung und einen sachlicheren Umgang mit dem Thema Pädophilie einsetzen. Desweiteren engagiere ich mich als Moderator im Selbsthilfechat Die P-Punkte.

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Die Leute verstehen gar nicht, was für ein großes Glück es ist, dass ihre eigenen Vorurteile nicht zutreffen. Würde tatsächlich jede:r Pädophile mindestens einmal ein Kind missbrauchen, würde es bei der schieren Masse an pädophilen Menschen, die es gibt, kaum noch Kinder geben, die keine Missbrauchserfahrungen machen - vor allem, da dazu ja nochmal die nicht-pädophilen Täter:innen kommen. Und ich sage bewusst Glück, weil solche Personen exakt gar nichts dazu beitragen, dass Menschen keine Übergriffe begehen. Pro Tip: der erste Schritt, um als Gesellschaft Straftaten zu verhindern besteht nicht darin, Leuten irgendwelche Therapien aufzudrängen (egal ob sie diese brauchen oder nicht) sondern darin, dass man Menschen, die keine Straftaten begehen überhaupt erst einmal nicht so behandelt, als wären sie Straftäter.
Die Budapest-Konvention ist, im Gegensatz zur Cybercrime-Konvention ein Vertrag des Council of Europes, des Europarates, einer Art europäischen "Mini-UN" (vereinfacht gesagt). Die Cybercrimekonvention hebt diese europäische Konvention nun auf ein neues Level und baut sie auf und um, erneuert sie, passt sie an die Entwicklungen der letzten Jahrzehnte an. Nichtsdestotrotz sind beide Verträge unabhängig, es wird also nicht einfach Budapest durch die Cybercrime-Konvention ersetzt, sondern beide existieren nebeneinander.
Die Menschenrechte sind genau von solchen Organisationen aufgestellt worden: Der EU, der UN, dem Europarat (der hat mit der EU gar nix am Hut, Politiker sind nicht so sonderlich gut im Namen einfallen lassen), oder der Parlamentarische Rat. Menschenrechte alleine bringen niemanden etwas, wenn es nicht jemanden gibt, der sie durchsetzt, der an der Seite der Schwachen steht, damit die Menschenrechte gelten und nicht das Recht des Stärkeren. Das ist das Versprechen des Rechtstaates in einer Freiheitlichen-Demokratischen Grundordnung. Dieses Versprechen wird leider nicht immer eingelöst, weshalb es Kontrolle braucht, Kontrolle durch die Medien, Kontrolle durch das Volk, Kontrolle durch Zwischenstaatliche Organisationen.
Ich verstehe nur eines nicht. Einerseits ärgerst du dich darüber, wie die Homosexuellen mit den Pädophilen umgegangen sind, und auf der anderen Seite tust du genau dasselbe mit deinen letzten Absätzen über die Pro-C-Pädophilen. Damit schlägst du genau in dieselbe Kerbe. Im Gegensatz zum pädophil sein kann man sich seine Meinungen und Ansichten aussuchen und auch aktiv ändern. Schon daher hinkt der Vergleich. Stellung zu beziehen gegenüber einer Haltung, die man ablehnt, ist nicht dasselbe wie gegen Menschen mit einer abweichenden Sexualität undifferenziert zu stigmatisieren. Was bringt es dir, auf die Pädophilen herabzuschauen, die eine andere Einstellung haben als du selbst? Die Einstellung, dass es einvernehmliche Sexualkontakte mit Kindern gibt, hat großen Schaden angerichtet - und zwar einmal bei den Kindern, die Opfer von Menschen wurden, die aus der Theorie Praxis gemacht haben. Aber auch für die Pädophilenszene selber. Heute noch kämpfen wir mit dem historischen Ballast von über einem Jahrhundert politischen Aktivismus, der versucht hat, das Schutzalter abzuschaffen. Dazu kommt, das ein militanter Flügel der Pro-C-Aktivisten regelmwäßig versucht, über Angriffe und Unterdrückungsmethoden den Anti-C-Flügel zum Schweigen zu bringen. Die Schwulenszene, die Grünen, die linke Szene oder die evangelische Kirche hat bei all ihren moralischen Versagen in der Vergangenheit und der Überkorrektur in den Distanzierungsversuchen, die regelmäßig in Hetzkampagnen gegen Pädophile Menschen im Allgemeinen münden, zumindest schon lange verstanden, dass einvernehmliche Sexualität zwischen Erwachsenen und Kindern nur ein Wunschtraum war - genauso wie der Rest der Gesellschaft und die überwiegende Mehrheit der Wissenschaftler. Warum können ausgerechnet wir uns nicht davon lösen und führen immer noch die gleichen Debatten, die vor 50 Jahren schon hätte begraben werden sollen? Solange wir diese Trennung von diesem Gedankengut nicht hinbekommen bin ich überzeugt davon, dass die Pädophile Gemeinschaft keine Zukunft in der Gesellschaft hat. Und dazu gehört aus meiner Sicht, klare Haltung zu beziehen und diese zu verteidigen. Und dass du die frauenfeindlichen Äußerungen "einiger" Nutzer im Girlloverforum hier in diesem Artikel so prominent erwähnst, empfinde ich als äußerst deplatziert. Es geht bei weitem nicht nur um das GLF, frauenfeindliche Ansichten sind mir leider schon in sehr vielen Bereichen der Szene begegnet. Der Beitrag ist exepmplarisch für ein größeres Problem, dem leider oft kaum Einhalt geboten wird. Das GLF war mir in der Hinsicht nach meinen kurzen Aufenthalten dort besonders negativ in Erinnerung geblieben, und so hat es passenderweise auch nicht lange gedauert, bis ich das Beispiel dort gefunden habe. Wenn man nicht möchte, dass das Forum mit frauenverachtenden Aussagen in Verbindung gebracht wird, sollte man frauenverachtenden Aussagen vielleicht einfach keine Plattform geben? Denn das nimmt uns allen letztendlich unsere Glaubwürdigkeit und unsere Integrität. Im Gegenteil: an Glaubwürdigkeit und Integrität verlieren wir, wenn wir unkritisch und undifferenziert alles akzeptieren und keine eigene Haltung zu Postionen innerhalb der Szene einnehmen, und uns vor Kritik scheuen aus einer falsch verstandenen Solidarität mit Menschen, mit denen uns am Ende nicht viel verbindet außer unserer sexuellen Orientierung. Und wenn wir ehrlich sind heißt "Solidarität" in dem Zusammenhang doch auch nichts anderes als dass Anti-Cs aufhören sollen zu existieren, damit die Szene die ca. 20 Jahre zurück in die Vergangenheit gehen und wieder so tun kann, als gäbe es uns gar nicht.
Hallo, vielen Dank für diesen wirklich informativen und ausführlichen Artikel. Ich verstehe nur eines nicht. Einerseits ärgerst du dich darüber, wie die Homosexuellen mit den Pädophilen umgegangen sind, und auf der anderen Seite tust du genau dasselbe mit deinen letzten Absätzen über die Pro-C-Pädophilen. Damit schlägst du genau in dieselbe Kerbe. Und warum? Genau aus denselben Gründen, warum die LGTB-Leute mit uns Pädos nicht mehr reden. Aus Opportunismus. Zeige mir, auf wen ich spucken kann, um mich besser zu fühlen. Was bringt es dir, auf die Pädophilen herabzuschauen, die eine andere Einstellung haben als du selbst? Zumal Pro-C ja nicht bedeutet, generell sexuelle Kontakte zu Kindern forcieren zu wollen. Pro-C bedeutet lediglich, dass man die Möglichkeit eines sexuellen Kontaktes als angenehme Erfahrung für das Kind nicht ausschließt. Wenn du ein wenig im Girlloverforum gelesen hättest, dann wüsstest du das sicherlich auch. Es gibt dort derzeit niemanden, der Sex mit Kindern als oberstes Gebot betrachtet, oder der für eine Herabsenkung des Schutzalters eintreten würde. Und dass du die frauenfeindlichen Äußerungen "einiger" Nutzer im Girlloverforum hier in diesem Artikel so prominent erwähnst, empfinde ich als äußerst deplatziert. Du hast genau den einen User zitiert, der andauernd verwarnt und gesperrt worden ist und der sich zigmal unter neuem Namen wieder angemeldet hat. Dieser Nutzer und auch ein weiterer, der manchmal frauenfeindliche Beiträge einstellt, können nun wirklich nicht für das GLF stehen. Zumal solche Beiträge nicht nur von mir heftig kritisiert wurden und werden. Du hast es aber so hingestellt. Warum? Ich glaube nicht, dass ein Diskurs über Pädophilie und deren gesellschaftlich zu erreichende Akzeptanz dauerhaft und ehrlich geführt werden kann, wenn man sich derart über in Teilen andersdenkende Pädophile stellt. Denn das nimmt uns allen letztendlich unsere Glaubwürdigkeit und unsere Integrität.