Dieser Beitrag ist nur ein kurzer Gedanke, der mir letztens kam und den ich einmal aufschreiben wollte. Wahrscheinlich ist er auch ein gutes Beispiel dafür, dass die Blogbeiträge hier immer nur eine Momentaufnahme sind und erstens nie jeden einzelnen Gedanken abdecken und zweitens Meinungen und Ansichten sich auch im Laufe der Zeit verändern können.
So habe ich die Bezeichnung "nicht-übergriffiger Pädophiler" in der Vergangenheit selbst nicht wirklich hinterfragt und sie hin und wieder in für mich passendem Kontext einfach übernommen, weil sie möglichst kurz wiedergeben konnte, was auf mich zutrifft. Die Frage ist, muss man sich überhaupt explizit vom Fehlverhalten anderer abgrenzen, nur weil man zufällig die Sexualität gemein hat? An manchen Stellen meiner Meinung nach durchaus, dafür ist die Beschreibung "nicht-übergriffig" nur leider überhaupt nicht geeignet - aber kurz etwas zu dem Begriff selber.
Der Zusatz "nicht-übergriffig" hat sich im deutschsprachigen Raum als direkte Übersetzung für "non-offending" durchgesetzt. Es handelt sich in erster Linie um eine Eigenbeschreibung die ihren Ursprung wohl in dem englischsprachigen Selbsthilfeforum VirtuousPedophiles hat, die jedoch inzwischen auch öfter von Wissenschaftlern und Therapeuten in Studien rund um die Thematik Therapie, Pädophilie und Missbrauch genutzt wird. Wenn man nach einer genauen deutschen Definition sucht, findet man...nichts. Der englischsprachigen Verwendung kann man jedoch entnehmen, dass der Begriff einen pädophilen Menschen beschreibt, der noch nie direkt oder indirekt eine Straftat an Kindern begangen hat. Das geht so aus dem Begriff jedoch nicht hervor.
In der Theorie haben wir hier einen "sauberen" Begriff der Täter von Nichttätern unterscheiden soll und der damit auch auf mich zutrifft. Praktisch gesehen ist der Begriff völlig nichtssagend und es fehlt eine klare Haltung. Jeder kann Nichttäter sein, unabhängig von seinen Ansichten. Und eine Straftat die in der Vergangenheit liegt, macht jemanden der seitdem keine Straftaten mehr begeht zu dem Zeitpunkt zum nicht-übergriffigen Pädophilen. Jemand der bisher nur nicht die passende Gelegenheit hatte, aber durchaus den Willen zu einer Straftat, ist aktuell auch nicht-übergriffig. Somit ist der Begriff als verkürzte Beschreibung dafür zu sagen "Ich bin gegen sexuellen Kontakt zwischen Kindern und Erwachsenen" komplett unbrauchbar (wofür er meist verwendet wird) und höchstens eine rechtlich relevante Beschreibung. Zumal ich es für falsch halte indirekt ehemaligen Tätern für immer ihre Taten vorzuhalten, indem man sagt jemand der z.B. schon einmal Missbrauchsabbildungen konsumiert hat, kann diese Bezeichnung nicht mehr nutzen - denn das verhindert Besserung und steht auch z.B. dem Kerngedanken unseres Selbsthilfechats entgegen.
Dazu kommt ein weiteres Problem. Die Bezeichnung impliziert, dass das Nichttätersein eines Pädophilen überhaupt hervorgehoben werden muss, weil die meisten Pädophilen Täter wären und jemand der nicht übergriffig ist, somit eine Ausnahme. Sie ist schlichtweg stigmatisierend. Kein teleiophiler, heterosexueller Mann würde auf die Idee kommen sich als "nicht übergriffig" zu bezeichnen. Wenn überhaupt, würde das doch erst den Verdacht erwecken, dass er eigentlich doch vorhat jemanden zu vergewaltigen. Das schafft ein völlig falsches Bild davon was Pädophilie eigentlich ist. Pädophilie ist nicht der Wunsch danach sich einem Kind gegenüber übergriffig zu verhalten - es ist der Wunsch danach, Intimität mit einem Kind erleben zu können - was naturbedingt nicht umsetzbar und damit etwas ist womit man sich als pädophiler Mensch einfach abfinden muss. In sich selbst sind das also zwei völlig verschiedene Dinge. Und es tut weh immer wieder betonen zu müssen, dass ich Kindern nichts antun will, weil angenommen wird, dass das nicht der Normalzustand wäre. Da ich das dank aktuellem Zeitgeist jedoch häufig muss, erhält sich das Stigma durch die Verwendung sozusagen selbst am Leben.
In offiziellen E-Mails oder in unserem Selbsthilfechat haben wir diese Bezeichnung zwar noch nie verwendet, aber auch in Bezug auf meine persönliche Außendarstellung werde ich von der Bezeichnung also zukünftig noch mehr Abstand nehmen. Stattdessen erkläre ich mich lieber etwas länger, falls Fragen von Außenstehenden dazu bestehen.