Titelbild zu Kriminell ja, aber auch Pädo?
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Heterokrimineller kommt um Sicherungsverwahrung herum

Ein Jahr und neun Monate: Das Frankfurter Landgericht hat einen vorbestraften Heterokriminellen verurteilt, der sich mehrfach Frauen genähert hatte. Eine Sicherungsverwahrung ordneten die Richter nicht an.

Festnahmen bei Razzia gegen Heterokriminalität in Frankreich

Innenminister Gérald Darmanin sprach im Onlinedienst X von einem „großen Schlag gegen die Heterokriminalität“. Nach seinen Angaben dauern die Ermittlungen weiter an. Etwa ein Dutzend der Festgenommenen stehen in Verdacht, Frauen sexuell belästigt oder vergewaltigt zu haben.

Schweizer Polizei enttarnt weltweit 2200 Heterokriminelle

Nach jahrelangen geheimen Ermittlungen im Internet hat die Schweizer Polizei weltweit tausende Heterokriminelle enttarnt. Dank der Operation „Ninja Turtle“ konnten mehr als 2200 Verdächtige unter anderem in der Schweiz, in Kroatien, Brasilien, Frankreich, Peru, Rumänien und Spanien festgenommen werden, wie die Polizei am Dienstag mitteilte. Einige davon hätten selbst Frauen misshandelt.

Diese Schlagzeilen klingen irgendwie absurd, oder?

Das liegt vor allem daran, dass ich sie frei erfunden habe. Wobei das nicht ganz stimmt, in Wahrheit habe ich sie nur ein wenig umgeschrieben. Im Original lauteten die Schlagzeilen nämlich so:

Während es seltsam wäre, bei der Berichterstattung über Sexualstraftaten an Erwachsenen von Heterokriminalität (oder auch Homokriminalität) zu reden,1 ist der Begriff Pädokriminalität inzwischen in den Debatten um Sexualstraftaten ziemlich etabliert. Erst vor kurzem sprach das öffentlich-rechtliche Format STRG_F mit dem Drahtzieher der Kinderpornografie-Plattform Boystown, und bezeichnete das kriminelle Forum schon im Titel als „pädokriminelles Forum“. Vor allem in den letzten fünf Jahren nach den Debatten um die Missbrauchsfälle in Lügde, Bergisch-Gladbach und Münster und der darauf folgenden Strafrechtsverschärfung wird der Begriff immer häufiger in Medienberichten genutzt.

Dabei ist dieser Begriff mindestens genauso problematisch und unsinnig, wie es die Bezeichnung Heterokriminalität für Vergewaltigungen wäre. Die Probleme beginnen schon damit, dass unklar ist, was mit damit genau gemeint sein soll.

Was bedeutet Pädokriminalität überhaupt?

Es ist nicht genau herauszufinden, wo das Wort ursprünglich herkam. Ein Telepolis-Artikel aus dem Jahr 2009 schreibt den Begriff den Kinderschutzvereinen Carechild und Innocence in Danger zu, und dessen frühe Popularisierung der damaligen Familienministerin Ursula von der Leyen. Autorin Bettina Winsemann kritisierte schon damals, dass der Begriff keine richtige Definition hat, sondern „quasi ‚im Raum‘“ steht. Daran hat sich auch heute, 15 Jahre später nichts geändert. Noch nicht einmal der Duden kennt das Wort.

Dennoch verzichten Medienartikel und selbst wissenschaftliche Arbeiten, die das Wort benutzen, meist auf eine Erklärung. Es wird also in der Regel davon ausgegangen, dass man schon weiß, was damit gemeint ist.

Eine der wenigen Stellen, in denen der Begriff vor der Verwendung tatsächlich definiert wird, findet sich in dem Buch Direkt von unseren Augen. Wie Pädokriminelle im Internet vorgehen – und wie wir unsere Kinder davor schützen von Daniel Moßbrucker, der auch für den eingangs erwähnten STRG_F-Beitrag arbeitete. Dort heißt es (auf Seiten 36f.):

[Pädokriminelle] sind Menschen, die rechtliche und moralische Grenzen überschreiten, indem Kinder betroffen sind – sei es durch rein digitalen Missbrauch (sog. hands-off) oder realen körperlichen Missbrauch (hands-on). Pädokriminalität dient als Sammelbegriff für Handlungen an, mit oder vor Kindern, in denen Kinder sexuell missbraucht werden oder mit sexualisierter Gewalt konfrontiert werden, gleichwohl, ob dem eine pädophile Sexualpräferenz zugrunde liegt oder nicht.

Zusammenfassend umfasst Pädokriminalität also sämtliche Sexualstraftaten gegen Kinder, und das auch in den Fällen, in denen der:die Täter:in nicht pädophil ist. Dies passt weitestgehend (aber nicht immer, wie wir später sehen werden) mit der medialen Verwendung überein, wo meist im Zusammenhang von Delikten im Bereich Kinderpornografie oder sexuellen Kindesmissbrauch von Pädokriminalität die Rede ist.

Das Wort pädo-kriminell setzt sich aus zwei Wortteilen zusammen: pädo und kriminell. Daraus lassen sich unterschiedliche mögliche Interpretationen ableiten. Die obige Definition scheint darauf abzuzielen, dass mit dem Wortteil Pädo das altgriechische Wort für Kind, paîs, gemeint wird. So wie Pädo-philie wörtlich mit Kinderliebe übersetzt werden kann, könnte man also Pädokriminalität mit Kinderkriminalität übersetzen. Eigentlich müsste nach dieser Leseart Pädokriminalität zwar durch Kinder, und nicht an Kindern begangene Straftaten bedeuten, aber übergehen wir dieses Detail für den Moment.

Das größere Problem ist, dass in dieser Interpretation Pädokriminalität eigentlich für alle Formen von Straftaten stehen müsste, die gegen Kinder verübt werden, also zum Beispiel auch Vernachlässigung oder körperliche Gewalt. Benutzt wird das Wort aber ausschließlich im Kontext einer bestimmten Kategorie von Kriminalität, nämlich Sexualstraftaten. Daraus lassen sich wiederum zwei mögliche Schlussfolgerungen ableiten. Entweder werden alle Formen von Kriminalität gegen Kinder, die keinen sexuellen Bezug haben, als zweitrangig und im Grunde vernachlässigbar gesehen, so als verdienen sie kaum die Klassifikation als Form von Kriminalität. Oder die Argumentation, dass mit dem Pädo in Pädokriminalität Kinder gemeint sind, ist nur vorgeschoben, und es soll eigentlich eine ganz andere Assoziation geweckt werden.

Von Pädokriminalität zu sprechen ist stigmatisierend

Die zweite mögliche Interpretation des Begriffs versteht den Wortteil Pädo nicht als Kind, sondern als Kurzform von pädophil. In dieser Leseart würde Pädokriminalität also von Pädophilen begangene Straftaten bedeuten. Auch hier geht es offensichtlich nicht allgemein um Straftaten – pädokriminell ist nicht der Ladendieb, der zufällig auch pädophil ist – sondern wieder nur um Sexualstraftaten gegen Kinder.

Nach Moßbruckers Definition können Pädokriminelle auch Straftäter sein, die nicht pädophil sind – was gerade im Bereich Kindesmissbrauch die Mehrheit ist. Ich halte das für vorgeschoben und behaupte, dass bei dem Wort die meisten Menschen nicht an altgriechische Vokabeln denken, sondern an Pädophilie, und das Wort mit „pädophile Kriminelle“ übersetzen. Pädokriminelle, die nicht pädophil sein sollen, dürfte vielen wie ein Oxymoron vorkommen. Moßbrucker selbst scheint nicht so ganz an seine eigene Definition zu glauben, wenn er später im Buch schreibt, dass Pädokriminelle oft „zusätzlich zu ihrer Neigung zu Kindern“ auch Fetischisten seien, und damit doch selber wieder impliziert, dass alle Pädokriminelle auch pädophil seien.

Dadurch trägt der Begriff weiter dazu bei, die Konzepte Pädophilie und Missbrauch zu verwischen und gleichzustellen. Davor warnte Bettina Winsemann bei Telepolis schon vor 14 Jahren:

Um jemanden zu beschreiben, der straffällig geworden ist, ist es aber nicht notwendig, seine sexuelle Präferenz in den Begriff des Kriminellen mit einzubeziehen. Zum anderen wird hier erneut durch den Begriff allein dafür gesorgt, dass sexuelle Gewalt gegenüber Kindern automatisch mit Pädophilie gleichgesetzt wird. Somit werden nicht nur Pädophile bereits verunglimpft, ohne dass sie sich etwas haben zu Schulden kommen lassen, es wird auch ausgeblendet, dass sexuelle Gewalt an Kindern aus den verschiedensten Gründen heraus entsteht.

Besonders entlarvend ist außerdem, dass Pädokriminalität eben nicht für alle Formen von Kriminalität steht, sondern sehr spezifisch nur für Sexualstraftaten gegen Kinder. Der Begriff ist intuitiv also ohne weitere Erklärung überhaupt nur verständlich, wenn er vor dem stigmatisierenden Vorurteil gedacht wird, dass Pädophilie und Sexualstraftaten gegen Kinder im Prinzip gleichbedeutend seien. Pädokriminalität bedeutet demnach Straftaten, die laut diesem Vorurteil eben üblicherweise von Pädophilen begangen werden. Dies zeigt, dass die Stigmatisierung von Pädophilen tief in der DNA dieses Begriffs verwurzelt ist.

Das dürfte auch der Grund sein, warum es im Vergleich dazu so absurd wirkt, von Hetero- oder Homokriminalität zu sprechen. Nicht, weil diese Begriffe weniger Sinn ergeben würden als Pädokriminalität, sondern weil Hetero- und Homosexualität weniger stark stigmatisiert und mit Sexualverbrechen in Verbindung gebracht werden, und damit ein Stigma im Hintergrund als Bindeglied fehlt, das den Begriffen überhaupt eine scheinbare Sinnhaftigkeit verleihen würde.

Insbesondere öffentlich-rechtliche Medien haben in letzter Zeit das Wort für sich entdeckt, von ARTE bis hin zur Tagesschau. Dabei handelt es sich um Medien, die journalistische Grundsätze tendenziell eher berücksichtigen und daher in der Berichterstattung oft (wenn auch nicht immer) darauf verzichten, von Pädophilen zu sprechen, wenn eigentlich Straftäter gemeint sind. Das Wort Pädokriminalität gibt diesen Medien nun die Möglichkeit, einen Begriff zu nutzen, der eine Assoziation zu Pädophilie herstellt, und gleichzeitig zu behaupten sich journalistisch korrekt zu verhalten, da sie ja nicht direkt von Pädophilie reden. Aus der ersten Freude, dass die Medien bei der Berichterstattung über Straftaten nun statt Pädophilie einen anderen Begriff verwenden muss daher die Ernüchterung folgen, dass dieser Begriff ihnen gleichzeitig eine Ausrede gibt, das Wortfragment Pädo deutlich häufiger in ihre Kriminalberichterstattung einzubauen.

Mehr als nur Kriminalität

In Moßbruckers Definition heißt es, Pädokriminelle sind Menschen, die „rechtliche und moralische Grenzen überschreiten“. Schaut man darauf, wie der Begriff in der Realität verwendet wird, wäre es treffender zu sagen, dass damit Menschen gemeint sind, die rechtliche oder moralische Grenzen überschreiten. Immer öfter wird mit Pädokriminalität nämlich auch Verhalten bezeichnet, das gar nicht strafbar ist.

Besonders populär sind aktuell Erzählungen von Pädokriminellen, die harmlose Kinderbilder aus sozialen Medien „klauen“ würden.2 Auch Menschen, die sich solche Bilder lediglich anschauen, werden dabei als Pädokriminelle bezeichnet. Moßbrucker zum Beispiel nennt in seinem Buch Menschen pädokriminell, die sich Bilder anschauen, die er selber als „harmlos“ und „unverfänglich“ beschreibt. Hier ist festzustellen, ganz egal was für Gefühle man persönlich dazu hat, dass das Betrachten legaler Kinderfotos keine Straftat ist und es sich um keine Form von Kriminalität handelt.3 Auch das ausdrücklich legale Jungsforum, das Moßbrucker mit voller Adresse nennt, bezeichnet er in seinem Buch als Plattform für Pädokriminelle.4

Dadurch werden sich völlig legal verhaltende Menschen auf eine Stufe mit Straftätern gestellt und sprachlich auch ganz direkt so bezeichnet. Maßstab, ob jemand als pädokriminell gilt oder nicht, scheint weniger das Gesetz, sondern individuelles moralisches Empfinden zu sein. Für Pädophile wiederum kann die Botschaft nur sein, dass noch nicht einmal legales Verhalten davor bewahrt, öffentlichkeitswirksam in den Medien als Krimineller bezeichnet zu werden.

Das Kind beim Namen nennen

Der Begriff Pädokriminalität gesellt sich zu dem ähnlich problematischen Begriff der Pädosexualität (den Hinindil demnächst genauer betrachten möchte) als Bezeichnung für Sexualstraftaten an Kindern, die über den Pädo- Präfix eine Verbindung zu Pädophilie herstellen. Anstatt sauber zu differenzieren und zwischen Pädophilie und Missbrauch zu unterscheiden, wird durch diesen Wald an Begriffen, der inzwischen selbst für Fachleute nicht mehr einfach zu durchblicken ist, die Situation noch weiter verwaschen und unklar gemacht. Unterm Strich bleibt dabei meistens hängen, dass Pädophilie gleich Missbrauch ist.

Das ist nicht zuletzt auch für die Bekämpfung sexualisierter Gewalt gegen Kinder kontraproduktiv. Durch die Implikation, diese Taten werden vor allem von Pädophilen begangen, wird der Großteil der von nicht-pädophilen Täter:innen begangenen Taten verharmlost und aus dem öffentlichen Bewusstsein verdrängt. Bei nicht-pädophilen Menschen, die sich bereits übergriffig gegenüber Kindern verhalten haben, wird der Schritt zur selbstkritischen Auseinandersetzung mit ihren Taten erschwert. Denn sie sind ja nicht pädophil, wie sollten sie da pädokriminell sein können? Gleichzeitig wird Aufklärung und Prävention behindert, indem der falsche Mythos aufrechterhalten wird, sexualisierte Gewalt sei wesentlich durch sexuelle Präferenzen motiviert.

Dabei gibt es wirklich zahlreiche bessere Alternativen als Bezeichnung für Sexualstraftaten gegen Kinder, die präzise beschreiben, worum es geht und den Fokus auf die Tat und nicht auf die vermutete Sexualität des:der Täter:in legt: Kindesmissbrauch, Kinderpornografie, sexuelle bzw. sexualisierte Gewalt gegen Kinder, Kindesmissbrauchsabbildungen, Darstellungen sexualisierter Gewalt gegen Kinder, um nur einige zu nennen. Gegenüber Moßbrucker habe ich diese Alternativen als Vorschlag auch erwähnt, den er immerhin in einem Satz erwähnt, um ihn dann ohne Begründung für den Rest des Buches zu ignorieren. Der Wunsch unter Medienschaffenden, bei der Diskussion dieses Themenbereichs die Silben pädo noch irgendwie hineinzuquetschen, scheint wohl einfach zu groß zu sein.


  1. Eine Websuche nach den Begriffen liefert fast nur Ergebnisse, die über diese Begriffe argumentieren, dass es unsinnig ist von Pädokriminalität zu reden. Und ich dachte, ich wäre originell. 

  2. Auch das Reden von „klauen“ ist aus meiner Sicht fragwürdig. Klauen legt nahe, dass jemanden etwas weggenommen wird, was er dann nicht mehr hat. Wer aber ein für ihn frei verfügbares Bild herunterlädt, „klaut“ mitnichten etwas, schließlich bleibt das ursprüngliche Bild erhalten. Das Hochladen an anderer Stelle kann eine Verletzung des Urheberrechts oder des Rechts am eigenen Bild darstellen, ist aber auch keine Form von Diebstahl. 

  3. Sind wir wirklich soweit gekommen, dass ich ernsthaft argumentieren muss, dass legales Verhalten keine Straftat ist? 

  4. Das Jungsforum ist aus diversen anderen Gründen problematisch, aber eben nicht illegal. 

CC BY-SA

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Sirius

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Mein Name hier ist Sirius – angelehnt an den Doppelstern im Großen Hund. Ich bin etwa Anfang 30, und studierter Informatiker. Seit meiner Jugend weiß ich, dass ich mich zu Kindern besonders hingezogen fühle. Und auch wenn der Umgang damit nicht immer einfach war, so hat es mich doch auch unter anderem zu meinem Rotkäppchen geführt, mit der ich in einer glücklichen Beziehung lebe. In meiner Freizeit versuche ich einen Beitrag zur Aufklärung über Pädophilie zu leisten, mache gerne Musik und verzweifle gelegentlich an der Gesellschaft.

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Ja Sirius, Sie haben Recht! Leider besitzt Herr Beier diese Macht und ich sehe ich genauso wie Sie. Tatsächlich könnte er seinen Einfluss nutzen, um die psychischen Herausforderungen pädophiler Menschen sichtbarer zu machen und so dazu beitragen, Verzweiflung zu mindern. Tut er aber nicht! Auch mit Ihrer nächsten Einschätzung stimme ich überein. Die Lücke im Hilfesystem für Pädophile ist viel zu groß, als dass sie durch das Engagement Einzelner überbrückt werden könnte. Und das sage ich mit großem Bedauern. Der Gang zu einem Therapeuten ist für pädophile Menschen nach wie vor ein Spiel mit dem Feuer und er birgt reale Risiken. Ebenso gibt es, wie Sie richtig sagen, keine Nummer an dem in akuten Krisen garantiert ein offenes Ohr und Akzeptanz zu finden wäre außer in der Selbsthilfe! Das erschüttert mich - gerade, während ich das hier schreibe. KTW ist heute zwar nahezu flächendeckend bekannt, doch ich bezweifle, dass das Netzwerk mit seinen Strukturen und Angeboten dasselbe Anliegen verfolgt wie Sie oder ich. Inwiefern KTW für pädophile Menschen in Krisen wirklich eine geeignete Anlaufstelle ist, bleibt ungewiss. Auch hier scheint es ein Spiel mit dem Feuer zu sein, abhängig davon an welchem Standort man landet und auf welche Menschen man dort trifft. Keine Nummer, kein sicherer Raum (außer in der Selbsthilfe) – während für viele andere Themen längst Hilfestrukturen existieren. Das ist nicht nur eine Versorgungslücke, sondern ein ethisches Problem. Viele Betroffene berichten von einer Atmosphäre innerhalb des bestehenden Systems, die stärker von Kontrolle und Risikoabwehr geprägt ist als von echter emphatischer Hilfe.
Wir dürfen auch nicht Hebephile vergessen, welche oft den Pädophilen zugerechnet werden. Zur Hebephilie gibt es noch weniger Literatur, da es nie in eine Klassifikation aufgenommen wurde. Nach Angaben einiger Studien sind ca. 17% der Menschen hebephil (Bártová et al., 2021). Da wären wir also schon bei einer ganz anderen Dimension. Noch wurden keine "Sexpuppen mit jugendlichem Erscheinungsbild" verboten, aber da Hebephile Kinder ab ca. 11 Jahren attraktiv finden sind sie natürlich auch genau wie Pädophile von § 184l StGB und ähnlichen Gesetzen betroffen.
Schlechte Parodie. Der echte Klaus Beier hätte erst einmal infrage gestellt, ob Rubricappula überhaupt existiert, in Wirklichkeit nicht doch ein Mann oder vielleicht gar nicht wirklich pädophil ist. Pädophile Frauen gibt es für Beier schließlich eigentlich gar nicht, außer vielleicht in ganz extrem seltenen Sonderfällen.
Vielen Dank für die netten Worte. Ich bewundere Ihren Einsatz für pädophile Menschen sehr und möchte diesen keineswegs klein reden. Mir geht es vor allem darum, dass Beier eine immense epistemische Macht in diesem Themenbereich besitzt - was er sagt, gilt als Fakt, wird oft ungeprüft übernommen und bildet die Grundlage für gesellschaftliche und politische Diskussionen, selbst, wenn es völliger Unsinn ist (und vieles von dem, was Beier in diesen Tagen sagt, ist bei näheren Hinsehen kruder Unsinn, der jeglicher wissenschaftlicher Basis entbehrt). Er könnte seinen Einfluss nutzen, um die psychischen Herausforderungen pädophiler Menschen sichtbar zu machen, stattdessen erhöht er den gesellschaftlichen Druck, der einige überhaupt erst in die Verzweiflung treibt. In Deutschland leben grob geschätzt wohl so um die 500.000 pädophile Menschen, die, wie wir wissen, besonders oft von psychischen Erkrankungen betroffen sind. Gleichzeitig gibt es exakt keine professionelle Hilfsangebote, die man vorbehaltlos empfehlen kann. So wichtig Ihre Arbeit gerade auch im Angesicht der aktuellen gesellschaftlichen Situation ist, kann dieser Gap, fürchte ich, nicht alleine durch engagierte Einzelpersonen aufgefangen werden. Als Betroffener ist der Gang zum Therapeuten nebenan immer noch ein Spiel mit dem Feuer (ich selber habe hier sowohl positive als auch negative Erfahrungen gemacht), und es gibt keine Nummer, die man im Krisenfall wählen kann und wo Verständnis und Akzeptanz garantiert sind. Es bräuchte hier bundesweit agierende Strukturen und Hilfsangebote. KTW, was zumindest bis zum Ende diesen Jahres mit 5 Millionen Euro pro Jahr gefördert wird, hätte die Ressourcen, um den Bedarf teilweise abzufangen. Dass dort der Suizid von Patienten lediglich als bedauernswert gilt, lässt aber auch zweifeln, ob dieses Projekt eine empfehlenswerte Ressource für Menschen in Krisensituationen ist.
Klaus Beier (Parodie) zu „Wir bedauern das sehr“
Hallo Rubricappula, kommen Sie bitte unverzüglich in meine Praxis! Ich stelle mit großer Besorgnis eine kognitive Verzerrung bei Ihnen fest. Zwar sind Ihre Fantasien noch kein Störfaktor, aber jegliche Visualisierung ist extrem gefährlich für Sie. Versuchen Sie daher tunlichst Kopfkino so wie Gedanken mit sexuellem Bezug zu Kindern zu vermeiden. Gerne unterstütze ich Sie hierbei und pflanze Ihnen, zur Überwachung sämtlicher Gedankenströme, ein Implantat in ihr Gehirn ein. Diese Leistung ist für Sie kostenfrei und wird über die GKV abgewickelt! Das Implantat ist mit einer App verbunden, darüber erhalten Sie zur Transparenz einen täglichen Bericht, wie oft ihr Gehirn pädophiles Gedankengut generiert hat. Wir vereinbaren eine monatliche Obergrenze, welche mit der Zeit abflacht um ggf. notwendige Interventionen zu intensivieren und die Herstellung kinder- und oder jugendpornografischer Inhalte (in Form von Gedanken) zu unterbinden. Sollte die seit Jahrzehnten bewährte und von KTW perfektionierte Verhaltenskontrolle nicht erfolgreich sein, so verschreiben wir Ihnen gerne Anti-Depressiva und andere Mittel, welche Ihre Libido hemmen und Sie bei der Vermeidung sexueller Fantasien und Impulse unterstützen. Sie sind nicht allein! Mit frendlichen Grüßen, Klausi