Liebe Leser,

es ist mal wieder Zeit, meine Kiste zu öffnen und auf die Berichterstattung der vergangenen Woche zurückzublicken. Insgesamt war auch diese Woche eher ruhig, abgesehen von den üblichen Artikeln, die Pädophilie und Kindesmissbrauch durcheinander würfeln. Dennoch habe ich ein paar Themen gesammelt und mitgebracht: unter anderem einen Kriminalroman mit einem pädophilen Ermittler, eine Hass-Kampagne in Polen, den Umgang mit Kindern in Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern und den Kommentar eines Anwalts zum Thema kindlich aussehende Sexpuppen.  

1. Ungeheuerliche Pädophilie

In meiner Sonntagkiste #20 habe ich bereits erwähnt, dass der Krimi-Autor Jan Costin Wagner einen neuen Roman über einen pädophilen Ermittler geschrieben hat, der in einem Fall von Kindesentführung ermittelt. Dieser Roman wird jetzt in verschiedenen Kulturmagazinen besprochen, und wie üblich kommt die Pädophilie dabei nicht besonders gut weg. 

Ein Beispiel dafür ist der Beitrag Grausame Teddybären des Deutschlandfunk. Dort wird die Pädophilie des Ermittlers als "Ungeheuerlichkeit" bezeichnet, etwas Schockierendes was dem Roman eine Kontroverse und eine Spannung gibt. "Noch reichen Ben Neven diese Bilder, aber wie lange noch?", schreibt der Deutschlandfunk etwa über den Ermittler, der insgeheim zu Bildern nackter Jungs masturbiert. Die Perspektive, die leider bisher komplett fehlt: dass Pädophilie auch etwa ist, womit alleine in Deutschland Hunderttausende Menschen täglich leben. Für diese Hunderttausende Menschen ist Pädophilie nichts Ungeheuerliches, Kontroverses oder Besonderes – sondern etwas alltägliches, ein Teil ihres Lebens und ihrer Identität. 

2. Polen geht gegen LGBT vor, um Pädophilie zu stoppen

Eine katholische Gruppe in Polen hat bereits vor Monaten eine Initiative mit dem Namen "Stoppt die Pädophilie" (Stop Pedofilii) ins Leben gerufen. Deren Inhalt ist aber nicht, wie es der Name vermuten lässt, der Kampf gegen Menschen mit Pädophilie. Stattdessen geht es vor allem darum, die Rechte von Homosexuellen einzuschränken. Die Gleichstellung von Homosexualität und Pädophilie wird also benutzt, um damit die Diskriminierung gegen andere sexuelle Minderheiten zu rechtfertigen. Dies ist eine weit verbreitete Strategie von homophoben Menschen und hat zumindest in Polen durchaus Erfolg: Die Kampagne hat kaum Gegenwind bekommen, stattdessen haben mehrere polnische Gemeinden sich inzwischen zur "LGBT-freien Zone" erklärt, in der nicht-heterosexuelle Menschen ganz offiziell von staatlicher Seite aus nicht mehr willkommen sind (siehe auch diesen Atlas des Hasses). Ein ausführlicher Bericht über die Situation in Polen findet sich auf Telepolis.

3. Kinderparadies Deutschland

Bei all dem, was falsch läuft, lohnt sich hin und wieder auch mal ein Blick darauf, was gut läuft. Das ist beim Thema Pädophilie leider fast gar nichts, aber zumindest was den Umgang mit Kindern in Deutschland angeht, gibt es einiges Positives zu berichten. Das findet zumindest Eartha Melzer, die aus den USA nach Deutschland gezogen ist und für die taz einen interessanten Artikel über den Umgang mit Kindern in Deutschland im Vergleich zu den USA veröffentlicht hat. Unter anderem äußert sie Ihre Dankbarkeit darüber, dass es in Deutschland zahlreiche Systeme und Unterstützung für Kinder und (werdende) Eltern gibt, während in den USA Kinder noch nicht einmal ein Recht auf Grundbildung besitzen. Besonders erschreckend fand ich zu erfahren, dass die USA als einziger von 193 Staaten die UN-Kinderrechts-Konvention nicht unterschrieben haben; für mich ein absolutes Armutszeugnis für einen Staat, der sich gerne als Paradebeispiel westlicher Demokratien sehen möchte.

Interessant ist es in dem Zusammenhang auch, sich noch einmal darüber bewusst zu werden, dass auch der Diskurs zum Thema Pädophilie hier in Deutschland vergleichsweise sachlich und ruhig ist. Alles, was ich hier Woche für Woche aus den deutschsprachigen Medien anklage passiert in den USA noch 10x schlimmer. Das ist meiner Ansicht nach ein guter Beweis dafür, dass sich ein sachlicher Umgang mit Pädophilie und ein guter und wertschätzender Umgang mit Kindern auf gesellschaftlicher Ebene nicht ausschließen, sondern sogar Hand in Hand gehen. 

Kindersexpuppen in Deutschland: rechtliche Situation

Vor zwei Wochen habe ich davon berichtet, dass in Dänemark ein neuer Gesetzesentwurf beschlossen wurde, der den Erwerb von kindlich aussehenden Sexpuppen (meiner Ansicht nach ohne wirkliche Gründe) unter Strafe stellen soll. Rechtsanwalt Dr. Alexander Stevens hat in einem interessanten Rechtstipp auf anwalt.de über die Situation in Deutschland geschrieben. So ist der Besitz solcher Puppen in Deutschland grundsätzlich nicht verboten, und laut Dr. Stevens vollkommen zurecht, denn: "Wer nun fordert, dass auch der Besitz von Kindersexpuppen strafbar sein muss, versteht zum einen den Sinn und Zweck von Strafe nicht, zum anderen beraubt man Pädophilen damit letzte Handlungsalternativen, um sich rechtstreu zu verhalten und vor allem ihre Neigungen nicht an realen Opfern auszuleben." Allerdings ist der Besitz und die Herstellung pornografischer Schriften verboten, bei denen auch nur kindlich aussehende Akteure mitwirken, selbst wenn kein reales Kind daran tatsächlich teilgenommen hat. Das führt laut Dr. Stevens zu der irrsinnigen Situation, dass der Besitz und die Benutzung von Kindersexpuppen zwar legal ist, man sich aber der Herstellung kinderpornografischer Schriften strafbar macht, wenn man sich dabei filmt.

5. Kriminalisierung pädophiler Menschen in den Medien

Nicht jeder pädophile Mensch wird zum Straftäter, und die meisten Kindesmissbrauchstäter und Konsumenten von Kinderpornographie sind nicht pädophil. 

Leider wird diese wichtige Unterscheidung in den Medien oft nicht gemacht, und Pädophilie mit Straftaten oft in einen Topf geworfen. Gerade das trägt aber massiv zur Stigmatisierung pädophiler Menschen bei, da die meisten Menschen so den Eindruck gewinnen, dass Pädophilie und Kindesmissbrauch ein und dieselbe Sache ist. Um auf dieses Problem aufmerksam zu machen, möchte ich hier jede Woche Beispiele für diese Behandlung des Themas Pädophilie in den Medien sammeln.

(news.de)

(nau.ch)

(krone.at

(nau.ch)

(noizz.de

(marbacher-zeitung.de)

6. Clair

Den Abschluss diese Woche möchte ich mit einem Liebeslied bilden. Clair von Gilbert O'Sullivan beschreibt die liebevollen Gefühle eines Onkels zu seiner kleinen Nichte. Interessanterweise ist der Liedtext zu Beginn derart zweideutig gehalten, dass man es zunächst für das Liebeslied eines Mannes an seine Geliebte halten könnte. Dadurch beschreibt das Lied Gefühle, die auch typisch sind für das, was viele pädophile Menschen für Kinder empfinden – und in Liedform gepackt und ohne das P-Wort explizit zu erwähnen werden diese Gefühle Millionenfach akzeptiert.

Bis nächste Woche,
 Sirius