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Unter Psychologen besteht die Annahme, dass bestimmte Glaubenssätze und persönliche Überzeugungen das Risiko für das Begehen von Missbrauchstaten erhöhen können. Diese sogenannten kognitiven Verzerrungen zu Kindesmissbrauch können zum Beispiel klassische Pro-C-Ideologie umfassen, also die Überzeugung, dass Kinder selbstbestimmt zu Sex mit Erwachsenen zustimmen können und dadurch keinen Schaden erleiden, ist aber nicht nur darauf beschränkt. Dementsprechend hoch ist auch das Interesse daran, Testverfahren zu entwickeln, die solche Verzerrungen aufdecken, damit sie danach in einer Therapie behandelt werden können.

Eines der erfolgreichsten Testverfahren in dem Bereich ist die 1996 von Kurt Bumby entwickelte MOLEST Skala. Das Testverfahren besteht aus 38 Aussagen, zu denen Probanden sich positionieren sollen, und wurde 2008 von einer Forschergruppe ins Deutsche übersetzt. Seitdem hat es sich zu einem der beliebtesten Messinstrumente für kognitive Verzerrungen bei Kindesmissbrauch in Wissenschaft und in Therapien entwickelt. Wer Klient bei Kein Täter Werden war oder sich schon einmal als Teilnehmender an Studien in dem Bereich beteiligt hat, wird dem Fragebogen vermutlich in der ein oder anderen Version schon einmal begegnet sein.

Wenn du dich jetzt fragst, wie du wohl bei diesem Test abschneiden würdest, habe ich gute Nachrichten: Aus dem Fragenkatalog habe ich hier einen Selbsttest gemacht, den jeder selber durchführen kann!

Das Ergebnis wird komplett lokal auf deinem Rechner berechnet und nirgendwo hingeschickt. Nach Abschluss des Fragebogens hast du aber die Option, dein Ergebnis abzuschicken. Entscheidest du dich dafür, werden deine Antworten pseudonymisiert bei uns gespeichert. Tun dies genügend Teilnehmende, werde ich die Ergebnisse in einem zukünftigen Beitrag auswerten.

Nach dem Selbsttest findest du ein paar Hinweise, wie dein Ergebnis zu interpretieren ist. Um sich nicht vorab beeinflussen zu lassen, empfehle ich, den Abschnitt erst nach Abschluss des Tests zu lesen.

Anleitung: Gib bei jeder der folgenden Aussagen an, wie sehr du ihr zustimmst oder sie ablehnst. Dafür stehen dir bei jeder Aussage vier Auswahlmöglichkeiten von „lehne ich absolut ab“ bis hin zu „stimme ich absolut zu“ zur Verfügung. Der Begriff „Kind“ bezieht im Folgenden sich auf eine Person unter 12 Jahren.

Wie ist das Ergebnis zu bewerten?

Jede Aussage gibt zwischen 1 („lehne ich absolut ab“) und 4 („stimme ich absolut zu“) Punkten. Das Ergebnis ist die Summe aus allen Aussagen. Da keine Aussagen übersprungen werden können, ist das Ergebnis somit immer ein Wert zwischen 38 und 152.

Die Aussagen sind alle so formuliert, dass Zustimmung jeweils ein Indikator für eine kognitive Verzerrung sein soll. Die allgemeine Interpretation ist also: je höher das Endergebnis ist, desto „kognitiv verzerrter“ ist man in Bezug auf Kindesmissbrauch - zumindest den Wissenschaftler:innen nach, die diesen Fragebogen entwickelt haben und in Forschung und Therapie einsetzen.

Eine konkrete Interpretation der Werte (im Sinne von: wenn du mehr als X Punkte hast, bist du total verzerrt) findet sich in der Literatur nicht. Sowohl Bumby selber als auch die Forschergruppe, die den Test ins Deutsche übersetzt hat, haben den Test bei verschiedenen Gruppen von Straftätern ausprobiert, wobei durchweg deutlich höhere Werte bei den Kindesmissbrauchstätern gefunden wurden. Die dort gefundenen Werte sollen laut Verfahrensdokumentation als grobe Richtlinien dienen, um ein einzelnes Ergebnis einzuschätzen. Die Durchschnittswerte sahen dabei im Einzelnen so aus:

Bumby 1996 (89 Studienteilnehmer)

Gruppe Durchschnittliches Ergebnis
Kindesmissbrauchstäter 90
Sexualstraftäter mit erwachsenen Opfern 61
Sonstige Gewalttäter 57

Rambow et al. 2008, Studie 1 (71 Studienteilnehmer)

Gruppe Durchschnittliches Ergebnis
Kindesmissbrauchstäter 77
Sexualstraftäter mit erwachsenen Opfern 54
Sonstige Gewalttäter 51

Rambow et al. 2008, Studie 2 (83 Studienteilnehmer)

Gruppe Durchschnittliches Ergebnis
Als pädophil diagnostizierte Sexualstraftäter 76
Als nicht-pädophil diagnostizierte Sexualstraftäter 69
Sonstige Gewalttäter 44

Muss ich mir Sorgen machen, wenn ich ein hohes Ergebnis habe?

Aus meiner Sicht nicht. Zwar kann man in den Ergebnissen oben deutlich sehen, dass Missbrauchstäter deutlich höhere Ergebnisse erzielen als andere Gewalttäter. Das bedeutet aber nicht, dass ein hohes Ergebnis im Umkehrschluss auch ein hohes Missbrauchsrisiko bedeutet. Selbst der Zusammenhang zwischen kognitiven Verzerrungen zu Kindesmissbrauch und dem Risiko, Missbrauchstäter:in zu werden, der zwar von vielen Therapeut:innen und Wissenschaftler:innen als gegeben angenommen wird, steht empirisch auf überraschend wackeligen Füßen.

Ein wichtiger Hinweis ist auch, dass dieser Fragebogen primär an und für Missbrauchstäter:innen in einem forensisch-therapeutischen Setting entwickelt wurde und es daher durchaus fragwürdig ist, ob man das Verfahren einfach so auch auf nicht straffällige Pädophile anwenden kann. In einem zukünftigen Blogbeitrag werde ich mich detaillierter mit dem Test und den Problemen, die der Test in meinen Augen hat, beschäftigen und dabei auch mein eigenes Ergebnis veröffentlichen. Dabei hilft es mir, wenn möglichst viele Menschen den Test hier machen und ihr Ergebnis übermitteln.

Quellen

Bumby, Kurt M. "Assessing the cognitive distortions of child molesters and rapists: Development and validation of the MOLEST and RAPE scales." Sexual abuse: A journal of research and treatment 8 (1996): 37-54.

Rambow, Jana, et al. "Einstellungen zum kindesmissbrauch." Zeitschrift für Sexualforschung 21.04 (2008): 341-355.

Feelgood, S., Schaefer, G. A. & Hoyer, J. (2009). KV-M. Skala zur Erfassung kognitiver Verzerrungen bei Missbrauchern [Verfahrensdokumentation und Fragebogen]. In Leibniz-Institut für Psychologie (ZPID) (Hrsg.), Open Test Archive. Trier: ZPID. https://doi.org/10.23668/psycharchives.4745

CC BY-SA

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5 Kommentare

Alles Nazi-Taktiken. Pädophilen haben alle kognitive Verzerrungen also braucht man mit ihnen gar nicht zu sprechen.

Man kann ja nicht alles mit 1 beantworten.

"33. Einige junge Kinder wirken erwachsener als andere Kinder." Das ist rein biologisch Fakt. Natürlich wird es immer Kinder geben die "Erwachsener" wirken allein schon wegen dem unterschiedlichen Wachstumstempo und Intelligenz.

"35. Kinder können einem Erwachsenen mehr Akzeptanz und Liebe geben als Erwachsene." Ja natürlich wenn man unter "Liebe" keine romantische/sexuelle versteht. Das zeigen doch geschiedene Paare, wo regelmäßig um die Kinder gestritten wird.

"32. Manche Leute haben Sex mit Kindern, weil ihnen von erwachsenen Frauen Sex vorenthalten wurde." Auch das ist wissenschaftlicher Fakt und mit ein Grund für die Ersatzhandlungstäter.

"26. Oftmals ist der sexuelle Missbrauch von Kindern nicht geplant - es passiert einfach." Wie definiert man jetzt "Oftmals"? Das diese Fälle (Opportunistische Täter) real sind, ist auch Fakt.

"20. Einige Männer haben Kinder missbraucht, weil sie wirklich glaubten, dass das Kind dies genießen würde." Ja, diese Idioten nennt man Pro-C.

"7. Sexuelle Gedanken oder Phantasien über ein Kind zu haben, ist nicht so schlimm, weil es das Kind nicht wirklich verletzt." Kann man mittlerweile in die Gedanken gucken?

"10. Ein Kind zärtlich zu streicheln, wird ihm nicht so sehr schaden, wie mit ihm Geschlechtsverkehr zu haben." Beides ist schädlich, aber Geschlechtsverkehrt schadet dem Kind viel mehr. Bei dem "streicheln" gibt es den geistigen Schaden in Form von Traumata, aber der GV führt zusätzlich dazu noch zu körperlichen Schäden.

Der Fragebogen ist absoluter Müll und erlaubt keine sachliche Beantwortung ohne einen Score von unter 50.

Unter "zärtlich streicheln" verstehe ich nichts schädliches oder erotisches. Wo ist hier die Schädlichkeit? Man kann dem Kind auch einfach über den Kopf oder die Wange streicheln.

Ich denke nicht, dass es sinnvoll ist, diese Befragung als „Zustimmung zu Fakten über Kinder“ zu betrachten. Sondern dass die Beantwortung nur Sinn macht, wenn sie in dem Kontext bleibt, der dem Sinn des Fragebogens entspricht. Nämlich als persönliche Einstellungen und Überzeugungen zum Thema Kindesmissbrauch, die jemand äußern mag. Stimmst der Person zu, die das sagt, oder nicht? Vielleicht sogar eher gefühlsmäßig als kognitiv. Dann verschwinden meinem Eindruck nach nämlich viele der Probleme, die du dort anführst. Man braucht etwa kein präzise definiertes „oft“ mehr. Allein Punkt 7 bleibt in meinen Augen trotzdem völlig Banane.

Ich habe diesen Fragebogen seit 2005 nun bestimmt 8 Mal oder öfter schon ausgefüllt. Vom ersten Mal an stieß mir auf, dass es keinerlei Kontrollfragen gibt, um eine Beantwortung nach der ich-lehne-einfach-alles-ab-Methode zu erkennen, oder Items, die wirklich eine nennenswerte moralische Zwiespältigkeit aufweisen.

Außerdem sah ich einen Konflikt zwischen meiner Antwort, wenn ich die Sätze als fachliche Behauptungen/Aussagen betrachten würde oder mir vorstelle, jemand lässt privat nach 3-4 Bier diese Aussagen fallen. Der Kontext und der Unterton verändert meine Reaktion darauf ganz erheblich: habe ich eine sachliche Aussage vor mir „Manche Kinder wirken erwachsener als andere“ dann wär das für mich die Einladung über Tannerstadien und Psychologie zu referieren und warum das erwachsen-wirken nicht wirklich eine substanzielle Aussagekraft hat. Im Stammtischszenario würde es mir eher ein irritiertes „Wat soll dat denn heißen?“ entlocken. Und „Kinder, die von mehr als einer Person missbraucht wurden, tun wahrscheinlich irgendetwas, das auf Erwachsene anziehend wirkt.“ kriegt eine vollkommen andere Bedeutung, abhängig vom Kontext: „Das Kind hat es selbst verursacht“ oder „Vorherige Missbrauchserfahrungen verändern mitunter Verhalten und Selbstbild, sodass die Anfälligkeit für weiteren Missbrauch steigt“.

Und dann sehe ich auch keinen Grund, warum die Bepunktung nicht bei Null beginnt sondern bei 38. Das könnte man als rein ästhetisches Problem abtun, aber mittlerweile wissen wir ja, dass auch hartgesottene Wissenschaftler nicht gegen emotionale Einflüsse auf ihre Auswertungen gefeit sind. Deshalb macht man ja gern Doppelblindversuche u.ä. Eine natürlichere Skala wär daher womöglich tatsächlich entstigmatisierend.

Und Punkt 7 (Fantasien über Kinder) zu bepunkten ist, wie ich im anderen Kommentar schon schrieb, natürlich krass diskriminierender Bullshit.

Sirius

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Mein Name hier ist Sirius – angelehnt an den Doppelstern im Großen Hund. Ich bin etwa Anfang 30, und studierter Informatiker. Seit meiner Jugend weiß ich, dass ich mich zu Kindern besonders hingezogen fühle. Und auch wenn der Umgang damit nicht immer einfach war, so hat es mich doch auch unter anderem zu meinem Rotkäppchen geführt, mit der ich in einer glücklichen Beziehung lebe. In meiner Freizeit versuche ich einen Beitrag zur Aufklärung über Pädophilie zu leisten, mache gerne Musik und verzweifle gelegentlich an der Gesellschaft.

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Das ist eine exzellente Ergänzung zum Beitrag, warum es nicht möglich ist, "contact neutral" zu sein! Die tiefere Auseinandersetzung mit den ganzen Begrifflichkeiten und Gedankengängen sowie Perspektiven ist sehr wichtig und wird uns in Zukunft von großem Nutzen sein. Hier kann man bei Bedarf ganz einfach darauf zurückgreifen, um den Überblick über die Thematik zu festigen oder sich einfach zu informieren.
KTW profitiert halt von Patienten und fühlt sich genötigt immer irgendwas zu präsentieren, um weiter Finanzierungen zu erhalten. Deswegen muss sie dem durchschnittlichen Bürger gefallen. Sonst steht deren Existenz auf dem Spiel. KTW ist in der jetzigen Form eine Marionette der Politik.
Ich weiß nicht, ob es Zufall oder Reaktion auf die Kritik ist, jedenfalls hat KTW ein paar Tage später einen Beitrag auf ihrer Webseite veröffentlicht, in dem sie den Podcast einseitig loben. Unter anderem heißt es: Die Podcast-Folge leistet einen wichtigen Beitrag, das Thema Pädophilie differenziert zu betrachten und die Bedeutung von Präventionsangeboten wie „Kein Täter werden“ zu unterstreichen https://kein-taeter-werden.de/mediathek/aktenzeichen-xy/ Es ist traurig zu sehen, dass KTW und Wissenschaftler wie Prof. Schiltz die Deutungshoheit darüber haben, wie Pädophilie interpretiert und kommuniziert wird und gleichzeitig keine Bereitschaft (mehr) zeigen, sich mit Kritik auseinanderzusetzen oder in einen offenen, gleichberechtigten Diskurs zu gehen.
@Hoffnung Wenn § 184l StGB gegen Art. 1 GG verstößt dann ist es für Deutschland unmöglich Europarecht umzusetzen das den gleichen Inhalt hat, da sie dieses Grundrecht nicht ändern kann (Ewigkeitsklausel) und das BVerfG den Anwendungsvorrang in diesem Fall immer ablehnt. Deswegen ist da jetzt eine neue Dynamik im Spiel. Sollte dieses Grundrecht nicht betroffen sein dann kann das Verbot jederzeit über EU-Recht reinkommen und muss angewendet werden so wie die anderen betroffenen Grundrechte dem Unionsrecht angepasst werden. Quelle: Seite 5, https://www.bundestag.de/resource/blob/870396/9c95cde24c7bd7397834e845ff0c8f38/WD-3-179-21-pdf-data.pdf
@Kitsune Es müssen Puppen von Menschen sein. Phantasiefiguren fallen nicht unter § 184l StGB. Es reicht allerdings nicht aus das eine Puppe bspw. nur Elfenohren hat und somit ein Elf sein soll, da dies dann eher einen Cosplay-Charakter hat. Ich gehe mal davon aus das es schon eher Richtung Goblins usw. gehen muss. es kommt jedoch immer darauf an, dass die Gegenstände menschlich aussehen müssen (LK-StGB/Berghäuser Rn. 16; so wohl auch Fischer Rn. 4) Mangels kindlichen Erscheinungsbilds ausgeklammert sind a priori Nachbildungen, die – ungeachtet des ohnehin fiktionalen Charakters – keinen Menschen erkennen lassen (LK-StGB/Berghäuser Rn. 16; Fischer Rn. 4). Weil das Gesetz ein Kind zur Strafbarkeitsvoraussetzung erhebt, wird das Augenmerk bei solchen Puppen insb. darauf zu legen sein, dass sie eindeutig eine menschliche und nicht nur eine menschenähnliche Gestalt nachahmen. Ist eine Phantasiefigur etwa so gestaltet, dass sie zwar als „verkleidet“ wahrgenommen wird, jenseits einzelner Merkmale eines Fabelwesens aber der menschlichen Anatomie entspricht (so im Falle eines Kindes, das z.B. nur Elfenohren „trägt“), wird man die körperliche Nachbildung eines Kindes noch bejahen können. (Berghäuser, Strafgesetzbuch. Leipziger Kommentar: Band 10 §§ 174-210)