Im Juli diesen Jahres fand der diesjährige Christopher-Street-Day in Köln statt – so weit, so normal. Was allerdings für Kontroversen gesorgt hat: Unter den Teilnehmern befanden sich auch Mitglieder des Portals K13 Online, einer Website, die sich an Pädophile richtet und hauptsächlich von dem Aktivisten Dieter Gieseking geführt wird. Der Grund für ihr Auftreten waren dabei in erster Linie gar nicht mal die Repräsentation Pädophiler, sondern persönliche Differenzen mit den Betreibern der Seite queer.de, zu deren Boykott sie mit Flyern und einem Plakat aufriefen. Die Aktivisten traten unter einer eigenen Flagge auf – dazu aber später mehr.
In einer Meldung zu der Aktion auf seiner Website fordert Gieseking außerdem, die Bezeichnung LGBTIQ+ um ein „P“ für Pädophile zu erweitern. Damit verbunden ist für ihn die Gleichsetzung mit den bisherigen der LGBTIQ+-Bewegung angehörenden sexuellen Orientierungen. Das Problem dabei: Gieseking und die K13 gehören im deutschen Raum zu den lautesten Aktivisten, die sich regelmäßig und sehr offen für die Legalisierung von sexuellen Kontakten zwischen Kindern und Erwachsenen einsetzen. Genau dies ist natürlich der Punkt, der im Nachhinein von vielen Medien aufgegriffen und herausgestellt wurde, darunter unter anderem die BILD, queer.de selbst, Der Westen, das Magazin Schwulissimo.de und Der Express. Der Eindruck, der dadurch entsteht, ist der, dass jeder Aktivismus von Pädophilen die Legalisierung von Kinderpornographie und Kindesmissbrauch zum Ziel hat.
Es wurde deswegen sogar eine Anfrage an den Landtag NRW gestellt. Diese ging allerdings von der AfD aus und ist wahrscheinlich homophob und durchaus politisch motiviert, um die angebliche Gefahr durch die Akzeptanz der LGBTIQ+-Community hervorzuheben und damit den Bogen zu den Grünen zu spannen.
Da in all diesen Berichten, wie so oft, jede Form des Aktivismus zum Thema Pädophilie über einen Kamm geschert wird, ist dies für uns Grund genug, uns dazu ebenfalls zu äußern und Stellung zu nehmen.
Aber wer ist eigentlich Dieter Gieseking?
In der Pädophilen-Community (sowohl in Deutschland als auch international) gibt es einen unüberwindbaren ideologischen Graben, der sich an der Frage aufwirft, ob Sex zwischen Kindern und Erwachsenen grundsätzlich abzulehnen ist. Auf der einen Seite stehen diejenigen, welche sexuelle Kontakte zwischen Kindern und Erwachsenen aufgrund des Potenzials dem Kind damit langfristig zu schaden, grundsätzlich ablehnen, auf der anderen Seite diejenigen, die der Ansicht sind, dass in den meisten Fällen den Kindern ein Schaden erst durch die Gesellschaft eingeredet wird, und das Schutzalter folglich gesenkt oder ganz abgeschafft werden sollte.
Dieter Gieseking und die von ihm 1993 gegründete Aktivistengruppe „Krumme 13“ gehören eindeutig zu der letzteren Gruppe. Sie fordern die Legalisierung von sexuellen Handlungen mit Kindern, und haben dazu unter anderem entsprechende politische Petitionen unterstützt.
Eine Legalisierung von eindeutig selbst bestimmter Sexualität zwischen Älteren und unter-14-Jährigen ist der beste Schutz vor tatsächlicher sexueller Gewalt gegen Kinder."Der Besitz von gewaltfreien und einhellig hergestellten Bildern & Videos muss europaweit wieder legalisiert werden. Der Gesetzgeber ist aufgefordert, den deutschen § 184 ff StGB entsprechend zu reformieren.
Als Gründe für diese Forderungen wird angeführt, dass einvernehmliche, also auch vom Kind gewollte, sexuelle Handlungen zwischen (pädophilen) Erwachsenen und Kindern möglich seien und ein Verbot dieser Handlungen die sexuelle Selbstbestimmung von Kindern und Pädophilen einschränken würde. Dieter Gieseking plädiert u.a. dafür, bei sexuellen Handlungen von Erwachsenen mit Kindern zwischen „sexueller Einvernehmlichkeit“ und „sexueller Gewalt“ zu unterscheiden, da für ihn nur letzteres unter Strafe stehen sollte.
Zwar ist es richtig, dass es verschiedene Formen des sexuellen Missbrauchs von Kindern gibt und nicht jeder Missbrauch die brutale Vergewaltigung eines Kleinkindes darstellt. Dennoch sind wir bei Kinder-im-Herzen der Ansicht, dass sexuelle Handlungen mit Kindern immer zumindest das Potenzial in sich tragen, dem Kind zu schaden und wer Kinder wirklich liebt, daher grundsätzlich darauf verzichtet. Die Forderungen von Dieter Gieseking und K13 sind somit unvereinbar mit den Grundsätzen von KiH.
Die MAP-Flagge
Auf bild.de steht seit dem 19.07. ein Artikel über Giesekings Auftritt am CSD online, in dem auch die MAP-Flagge prominent gezeigt wird. Darunter in fetter Schrift die Empörung des BILD-Journalisten: „Unfassbar: Die Gruppe fordert ein Ende der Kriminalisierung des sexuellen Interesses Erwachsener an Kindern!“
Dies ist natürlich grundsätzlich schon eine irrsinnige Aussage, denn das reine sexuelle Interesse an Kindern ist selbstverständlich keine Straftat. Strafbar sind lediglich sexuelle Handlungen an Kindern durch Erwachsene, doch auch für deren Legalisierung steht die MAP-Flagge nicht. Andere Medien, die über den Fall berichten, sprechen im Zusammenhang mit der K13 von „ihrer Flagge“ und erwecken somit den Eindruck, die MAP-Flagge würde Gieseking gehören und seine Ansichten bezüglich der Entkriminalisierung von sexuellen Kontakten zwischen Kindern und Erwachsenen repräsentieren. Erst kürzlich griff der ehemalige Chefredakteur der BILD in einem von Lügen, Falschaussagen und diskriminierenden Äußerungen gefüllten Video den Fall auf und denunzierte dabei MAPs und Menschen, welche diese Flagge nutzen, kollektiv als „Kinderschänder“.
Ebenso stimmt es nicht, dass die MAP-Community sich für die Inklusion in die LGBTIQ+-Community einsetzt. Die MAP-Community leiht sich zwar diverse Ideen aus der LGBTIQ+-Bewegung – nicht zuletzt das Konzept einer „Pride Flagge“ – daraus folgt aber nicht, dass ein Anschluss an die LGBTIQ+-Bewegung angestrebt wird. Eine allgemeine Haltung dazu gibt es zwar nicht, da es keine übergreifende MAP-Organisation gibt und die Bewegung aus vielen verschiedenen Individuen und Gruppen mit teils unterschiedlichen Ansichten besteht. Es sind uns aber keine größeren, ernsthafte Bestrebungen bekannt, Teil der LGBTIQ+-Bewegung zu werden. Dies wird häufig fälschlicherweise berichtet, geht aber zumeist auf Leute zurück, welche die Ideen der MAP-Bewegung nicht verstanden haben oder die versuchen, die LGBTIQ+-Bewegung zu denunzieren.
Unter falscher Flagge
Die MAP-Community als Ganzes steht also nicht für die Inklusion der Pädophilie zu LGBTIQ+. Ebenso ist die MAP-Flagge kein Symbol für die Legalisierung sexueller Kontakte zwischen Kindern und Erwachsenen. Im Gegenteil, im Kern der Flagge kodiert ist die Überzeugung, dass der Verzicht auf das Ausleben der Sexualität mit Kindern der einzig richtige Weg ist, mit sexuellen Präferenzen zu Minderjährigen umzugehen.
Die ursprüngliche Intention der MAP-Flagge war vor allem, ein Symbol zu erstellen, mit dem sich Menschen identifizieren können, die sich zu Minderjährigen hingezogen fühlen und die keine Übergriffe begangen haben oder begehen wollen. Es geht darum, die Botschaft zu verbreiten, dass pädophile Menschen genauso wenig verdienen, aufgrund ihrer Sexualität verurteilt und verabscheut zu werden, wie zum Beispiel homosexuelle Menschen – auch wenn sie im Gegensatz zu Homosexuellen diese Sexualität nicht mit anderen Menschen einvernehmlich ausleben können. Es geht darum zu zeigen, dass der massive Hass und die Stigmatisierung, mit der MAPs tagtäglich konfrontiert werden ungerechtfertig, unmenschlich und grausam ist, und dass sich niemand, der sich zu Jüngeren hingezogen fühlt deswegen zu schämen braucht oder als Monster fühlen muss. Die Pride-Flagge als Befreiungsschlag von Scham und Selbsthass. Es geht ausdrücklich nicht darum, Sex mit Kindern gesellschaftsfähig zu machen.
In Anbetracht dessen kann man eigentlich nur eine Frage stellen:
Was erdreistet sich Gieseking, unter dieser Flagge auf dem CSD aufzutreten und Werbung für seine Plattform zu machen, auf der er seit Jahren für die Entkriminalisierung von Sex mit Kindern kämpft?
Die Flagge stammt von Leuten, und wird auch heute noch von Leuten verwendet, die sich seit Jahren gegen Aktivisten wie die K13 positionieren, und die entsetzt wären zu erfahren, dass dieses Symbol öffentlich derart entfremdet wird. TNF 13 etwa, einer der führenden Persönlichkeiten in der englischsprachigen MAP-Community, fand dazu ziemlich deutliche Worte:
As for the pro-contact question, it is absolutely not for their use. They can fuck themselves. […] I’d add they can fuck themselves if they think the white stripe means anything other than the commitment to never engaging sexually with children.Deutsche Übersetzung von uns:
Was Aktivisten für die Legalisierung sog. einvernehmlicher sexueller Kontakte angeht: die Flagge ist absolut nicht für deren Gebrauch bestimmt. Die können zur Hölle fahren. […] Ich würde noch hinzufügen, dass sie zur Hölle fahren können wenn sie denken, die weißen Streifen stehen für irgendwas anderes als die Verpflichtung, keine sexuellen Handlungen mit Kindern einzugehen.
Kritisch zu betrachten ist darüber hinaus natürlich auch die Rolle der Medien, insbesondere der BILD, die Giesekings Haltungen unkritisch übernommen und damit die gesamte MAP-Community in Verruf gebracht haben. Die Bedeutung und die jahrelange Tradition der Flagge wird an keiner Stelle richtig dargestellt, stattdessen wird die falsche Interpretation der K13-Aktivisten unkritisch übernommen, um sich anschließend öffentlichkeitswirksam darüber zu empören.
Die K13 sieht sich gerne als Sprachrohr aller pädophiler Menschen, und spielt dabei allzu häufig die Differenzen zu den ideologisch anders ausgerichteten Gruppen als unbedeutende Meinungsverschiedenheit in einzelnen Bereichen herunter. Dies ist ganz klar nicht der Fall. Dadurch, dass die Medien Giesekings Haltungen als die Ansichten „der Pädophilen“ verbreiten, spielen sie ihm genau in die Hände und stellen ihn genau dort hin, wo er sich selber gerne sieht.
Persönliche Stellungnahmen
Durch das Beanspruchen der MAP-Flagge für seine eigenen Zwecke, versucht Dieter Gieseking den Anschein von Einheitlichkeit innerhalb der Pädophilenszene zu erwecken. Er stellt es so dar, als spräche er für „die Pädophilen“ insgesamt, als teile jeder seine Ansichten und dass er damit repräsentiv für alle Pädophilen und Hebephilen wäre – dies ist aber nicht der Fall. Dazu beenden wir diesen Artikel mit einigen persönlichen Stellungnahmen zu den oben beschriebenen Vorfällen und dem Aktivismus der K13.
Ruby
Aktivismus im Zusammenhang mit Pädophilie kann ganz unterschiedliche Facetten haben und ist nicht gleichbedeutend mit dem Ziel sexuelle Kontakte zwischen Kindern und Erwachsenen zu legalisieren. Ich bin es Leid unreflektiert in denselben Topf geworfen zu werden wie Gieseking, nur weil sie in ihm das Bild des Pädophilen bestätigt sehen, das sie sowieso schon im Kopf haben, wenn sie das Wort „Pädoaktivist“ hören. Es wird ihnen ein einfacher Grund geliefert, ihre Vorurteile, ihren Hass und ihre Ablehnung Pädophiler als ganz gewöhnliche Menschen, weiterhin nicht hinterfragen zu müssen.
Ich fühle mich weder von Gieseking vertreten, noch möchte ich mit ihm verglichen werden, nur weil ich mich ebenfalls als Aktivist betrachte und ich wünschte, die Medien würden die offensichtlichen Unterschiede ebenfalls erkennen.
Regenbogenfisch
Ganz abscheulich finde ich Aussagen seinerseits wie diese:
Die gesellschaftliche Akzeptanz von völlig enthaltsam lebenden Pädophilen ist die Voraussetzung für mehr...!
Dieser Sichtweise und Hoffnung ist von unserer Seite eine klare Absage zu erteilen. Wir leben nicht nur deshalb „völlig enthaltsam“ weil sexuelle Handlungen mit Kindern verboten sind, sondern weil wir der Überzeugung sind, dass diese Handlungen potenziell immer schädlich sind und daher zu Recht verboten. Wir werden nicht zulassen, dass, sollten unsere Anliegen jemals gehört werden, dies nur der erste Schritt zur Legalisierung von sexuellem Kindesmissbrauch (denn genau das ist Sex mit Kindern) ist.
Die Akzeptanz von Gefühlen und Gedanken, für die niemand etwas kann, ist etwas vollkommen anderes als die Akzeptanz von Handlungen, die immer das Potenzial in sich tragen, anderen Menschen (in diesem Fall besonders schützenswerten Kindern) zu schaden und sie zu traumatisieren. Und ich bin mir sicher, dass auch die Gesellschaft in der Lage ist, dies zu erkennen. Uns zu akzeptieren, heißt nicht Dieter Gieseking, heißt nicht K13 zu akzeptieren.
Sirius
Es ist ein ganz großer Schlag ins Gesicht, die MAP-Flagge als Symbol der K13 in den Medien zu sehen. Immer wieder erweisen sich Menschen, die Sex mit Kindern legalisieren wollen als einige unserer größten Gegner. Dies sorgt dafür, dass unser eigener Aktivismus regelmäßig in Verruf gebracht wird, da die Entstigmatisierung der Pädophilie als gleichbedeutend mit der Entkriminalisierung sexueller Handlungen mit Kindern gesehen werden.
Es ist schwer genug, sich gegen Vorurteile und Diskriminierung in der Gesellschaft zu wehren. Diese Arbeit wird nicht dadurch vereinfacht, dass uns Menschen zusätzlich noch skeptischer begegnen, da sie befürchten, unsere Arbeit sei nur die Vorbereitung für die Legalisierung von Kindesmissbrauch.
Abschließend ist es vor allem eins: unglaublich frustrierend. Es ist eine Sache, für Meinungen und Ansichten abgelehnt zu werden, die man vertritt und hinter denen man stehen kann. Es ist etwas anderes, für Meinungen abgelehnt zu werden, die man genauso ablehnt – einfach, weil wir in einigen anderen Punkten ähnliches sagen, was durch Andere aber in der Gesellschaft als „gefährliche Narrative der Kindersex-Befürworter“ etabliert ist.
- Stennas Tumblr-Account wurde kurz nachdem die Flagge an Popularität gewann von jemanden übernommen, der gegenüber MAPs ablehende Haltungen hat. Diese Person hat ihren Blog daraufhin zweckentfremdet, um Hassbotschaften an MAPs zu verbreiten. Dies hat wohl einige Fact-Checking-Seiten zu der Schlussfolgerung bewogen hat, dass es sich bei der Flagge um ein Trollexperiment handele. ↩
- Diese Teilbewegung bezeichnet sich selber stellenweise als „YesMAPs“ – eine ironische Verballhornung des Begriffs „NOMAP“, der für „non-offending MAP“, also nicht-übergriffiger MAP steht. ↩