Guten Tag alle miteinander.

Vor einigen Wochen kam in meinem Bekanntenkreis das Thema Pädophilie auf - natürlich dachte ich nur "Igitt, die vergewaltigen alle Kinder, auf den flammenden Scheiterhaufen mit ihnen!". ... Doch dann fiel mir plötzlich wieder ein: "Ach, warte Mal! Ich bin selber eine Sadistin, wie komme ich dazu, solche Vorurteile zu äußern, wenn ich selbst davon betroffen bin und mich nie richtig informiert habe über Pädophilie?". Also stellte ich einige Recherchen an und änderte meine Meinung rapide.

Zunächst einmal kurz zu mir: Ich bin seit einigen Jahren in der BDSM-Community aktiv, als waschechter Sadist und dazu noch als Frau ist es teilweise schwer, überhaupt ernst genommen zu werden: Sogar teilweise in meiner Community. Wobei auch nicht alle BDSMler paraphil veranlagt sind, dies sollte einmal gesagt sein. Viele Vorurteile ranken sich um das Thema: Die Domina, der Psychopath, der Waschlappen, der sich von Frauen schlagen lässt, der Serienmörder und das "Monster" - ein Begriff, der Pädophilen wohl auch nicht allzu fremd zu sein scheint. Als ich meinem Freundeskreis von meiner sexuellen Neigung berichtet habe, wandte sich ein Großteil von mir ab. Auch dies ist wohl kein Einzelphänomen bei Pädophilen.

Dabei ist dem Großteil von uns BDSMlern vor allem eines wichtig: Ein sicheres Spiel zwischen mündigen Erwachsenen, die freie Entscheidungen treffen können, sich der Risiken bewusst sind und in alle Handlungen vorab einwilligen im vollen Besitz ihrer geistigen Kräfte. Kinder sind davon natürlich gänzlich ausgeschlossen - wie bei euch eben auch. Wir sind kein psychopathischer Haufen, der wild darauf losschlägt, in einem schlecht belichteten Keller mit roten Vorhängen und Kissen aus Samt die Peitsche zückt - obwohl dies meist das Vorurteil ist. Natürlich haben wir auch schwarze Schafe, die unser Image ins Negative prägen. Selbstredend möchte ich hier kein Plädoyer halten für meine Szene, sondern mein Anspruch ist es, als Unterstützer für eure Szene auftreten. Aber ich denke, ihr seht die Parallelen.

Paraphilien werden leider heutzutage allesamt verachtet, als Schimpfwörter missbraucht oder aus dem Kontext gerissen, um Schlagzeilen zu erzeugen: "Pädophile sind tickende Zeitbomben!" hört man oft. Nein, das sind sie nicht, zumindest ist dies das Ergebnis, auf welches ich gestoßen bin, nach einer (meiner Meinung nach) recht anschaulichen Recherche. Pädophile sind keine Täter - zumindest nicht per se. Sexuelle Neigungen kann man sich nicht aussuchen, das weiß ich aus eigener Erfahrung zu gut.

Bei mir fing es bereits im Kindesalter an. Damals konnte ich meine Neigungen weder verstehen, noch zuordnen, doch heute weiß ich, was Recht und Unrecht ist. Was ich darf und was ich nicht darf. Ich hatte gleichgesinnte Mentoren, eine starke Community und Freunde, die ebenfalls der Szene angehörten. Das Outing war lange nicht so schwer, wie es für euch ist. Glücklicherweise gibt es für mich legale Möglichkeiten, meine Begierden auszuleben: Dieses Privileg hat die pädophile Gemeinde nicht. Sexpuppen wurden verboten. Kinderpornographische Darstellungen in Cartoonform stehen auf einem dünnen Ast. Alleine das Geständnis pädophile Neigungen zu haben ist bereits eine Straftat für sich - wenn man dem allgemeinen Tonus der Gesellschaft glauben schenken darf, obwohl dies sich so gar nicht mit der tatsächlichen Rechtslage deckt. Wobei ich natürlich mit keinem Satz sagen möchte, Pädophile dürften Kinder vergewaltigen, oder entsprechendes Bildmaterial konsumieren. Hierbei stehe ich auch fest entschlossen: Eine Neigung ist immer das, was man daraus macht. Kindern zu schädigen ist immer und ohne Ausnahme ein absolutes Tabu, egal wie sehr man danach verlangt und welche Ausreden man sich zur Legitimation ausdenkt. Künstlich an den Altersgrenzen herumzuschrauben ist da auch keine Lösung... Sex mit Kindern ist und bleibt zurecht verboten. Wer sich an Kindern vergreift, ist moralisch auf unterster Stufe angekommen und gehört mit allen Mitteln des Rechtstaats bestraft. Diesen Menschen stehe ich genauso hasserfüllt gegenüber, wie die Gesellschaft allen Pädophilen gegenübersteht - mit dem Unterschied, dass ich differenziere.

Wer falsch handelt, ist ein schlechter Mensch. Eine Neigung macht niemandem zu einem Monster. Doch wie sieht es aus mit Pädophilen, die niemals einem Kind auch nur ein Haar krümen, sich bewusst gegen die aktive, reale Auslebung ihrer sexuellen Wünsche mit/an Kindern entschieden haben? Eine "präventive" Generalverfolgung aller Menschen mit der bloßen Neigung zu Kindern ist hierbei einfach nur falsch und diskrimierend. Ich bin daher der Meinung, es muss eine legale Form geben, eure Neigung auszuleben, ohne jemandem zu schaden, auch für euch - die Gedanken sind frei, dies scheint mir aktuell die einzige Möglichkeit zu sein. Und hoffentlich werden Sexpuppen eines Tages wieder legalisiert, sobald endlich entsprechende empirische Befunde bestätigen, dass diese keine Vorstufe zur Vergewaltigung darstellen.

Für mich selbst wäre es eine Katastrophe, meine Neigungen nicht auf legale (und legitime) Weise ausleben zu können und zu dürfen, bereits ich habe Gewissensbisse, weil ich tatsächlich Menschen aktiv und bewusst schade (obwohl es ihnen natürlich gefällt und sie es ausdrücklich wollen c; ). Ich möchte mir nicht vorstellen, wie es euch geht: Ihr seid unschuldige und rechtschaffene Menschen, zumindest ein (großer?) Teil von euch. Ihr habt eure Neigungen und zudem habt ihr die bewusste Entscheidung getroffen, niemals dem Kind, welches ihr so sehr liebt, schaden zu wollen. Nicht einmal wegen der Angst, verfolgt und bestraft zu werden, sondern aus tiefster Überzeugung, das Richtige zu tun. Das ist sehr lobenswert und ihr verdient meinen höchsten Respekt.

Natürlich geht es nicht immer nur um Sex. Es geht um Liebe. Man kann sich nicht aussuchen, wen man liebt, das wisst ihr wohl nur zu gut. Sicherlich habe ich in diesem Punkt keinen persönlichen Bezug dazu - beim Sadismus geht es nicht darum, wen ich liebe, sondern wie ich liebe. Manchmal geht es nicht einmal um Liebe. Zugegebenermaßen habe ich noch immer ein mulmiges Gefühl im Bauch, wenn ich Berichte von pädophilen Damen und Herren lese, die eine unschuldige, nicht-sexuelle Liebe zu einem Kind beschreiben. Dennoch bin ich der festen Überzeugung, dass aus Liebe nicht zwangsläufig Gewalt entsteht. Gewalt kann auch ohne Liebe entstehen, das gebe ich euch schriftlich mit Brief und Siegel. Sofern keinem Kind geschadet wird, auch nicht langfristig, durch die pure Tatsache, romantisch von einer erwachsenen Person geliebt zu werden, sehe ich kein Problem damit, dass Erwachsene sich in Kinder verlieben, solange die Grenzen des Anstandes und des Rechts eingehalten werden. Dem stimmen mir vermutlich alle Personen zu, die eine pädophile Neigung haben und den hohen, aber angebrachten, Ethos dieser Platfform teilen.

An einem Punkt bin ich sehr ehrlich mit euch: Mir fehlen wissenschaftlich fundierte Daten. Die Presse schreit: "Verbrennt sie! Verbrennt sie, so schnell es geht!", ihr malt ein anderes Bild. Das sind zwei Extreme, zwei Pole. Als Person, die ebenfalls paraphile Neigungen hat, bin ich gerne gewillt, euch zu glauben, doch ich fürchte, die Sache wäre anders, wenn mir diese persönliche Note fehlen würde. Vermutlich geht es so auch dem Großteil der Gesellschaft: Was der Bauer nicht kennt, frisst er nicht. So ist es auch mit neuen Ideen.

Die Generation meiner Oma kämpfte darum, dass Frauen Jeanshosen (nur für arbeitende Männer) tragen durften. Meine Mutter kämpfte für die Gleichstellung der Frau. Meine heutigen Altersgenossen und die Generationen darunter kämpfen in der LGBTQ+ Szene. Vor nicht allzu langer Zeit, waren homosexuelle Personen da, wo ihr/wir heute seid/sind: Eine Minderheit in der Gesellschaft, verachtet und durch Vorurteile geprägt, bedroht, bespuckt und ausgestoßen.

Eure gemeinsame Initiative hier finde ich großartig. Eure Offenheit ist bewunderswert und gleichzeitig habe ich den höchsten Respekt davor, dass ihr euch hier auf eine gewisse Art und Weise angreifbar macht. Dennoch möchte ich uns allen etwas mit auf den Weg geben: Nur wissenschaftliche Studien und handfeste Beweise werden auf Dauer etwas ändern. Dafür sind Daten nötig, die noch nie erhoben wurden: Weibliche Pädophile, nicht straffällig gewordene Pädophile ohne psychische Belastung, etc. wurden nie/kaum befragt! Und natürlich das, was ihr macht: Den Dialog suchen und Vorurteile bekämpfen. Wir sind zwar nicht aus dem selben Holz geschnitzt, doch teilen unsere Szenen viele Gemeinsamkeiten. Wir sind glücklicherweise etwas weiter als ihr, wenn es um die Akzeptanz in der Gesellschaft geht, doch wir alle fallen unter die Bezeichnung paraphil und sollten uns für gegenseitiges Verständnis und differenzierte Urteile, sowie Gleichberechtigung einsetzen.

Ich hoffe, dass es eines Tages keinen Unterschied mehr machen wird, welche sexuellen Neigungen, Identitäten und Präferenzen man hat, ob man nun vanilla, homosexuell cis-männlich, oder transgender-weiblich, pädophil ist. Den das wäre von Vorteil für alle - auch für Pädophile, die sich nicht trauen, eine Therapie anzutreten, obwohl sie diese dringend nötig hätten, aus Angst vor Stigmatisierung und einer Hexenjagd. Dies kommt sicherlich auch den ausbleibenden Kinderopfern zu Gute. Ich bin sicher, die Gesellschaft wird dies eines Tages einsehen - ob wir dies noch erleben dürfen, steht jedoch auf einem anderen Blatt.