Liebe Leser,

die aktuelle Corona-Krise scheint sich auch auf die Medienlandschaft auszuwirken, und so gibt es momentan kaum noch Berichte zum Thema Pädophilie (was zugegeben nicht unbedingt schlecht ist). Ich habe mich daher entschlossen, meine Sonntagskiste in nächster Zeit nur noch unregelmäßig im etwa zweiwöchentlichen Abstand zu veröffentlichen, bis sich die Lage wieder normalisiert hat.

Für die heutige Ausgabe habe ich einige interessante Themen aus den letzten Wochen gesammelt. So geht es einmal um die Berichterstattung um den kürzlich veröffentlichten Spielfilm "Kopfplatzen", dann gleich zweimal um Kinderbilder auf Instagram, und schlussendlich um ein äußerst verwirrendes Video des Sängers und Verschwörungstheoretikers Xavier Naidoo.

Sirius' Sonntagskiste

Sirius' Sonntagskiste ist mein persönlicher Wochenrückblick zum Thema Pädophilie. Jede Woche möchte ich Fundstücke zum Thema Pädophilie sammeln und meine Kiste mit Nachrichten, Medienartikel, Erlebnissen und Gedanken füllen. Jeden Sonntag werde ich dann an dieser Stelle meine Kiste öffnen um vorzustellen und zu kommentieren, was ich dort gesammelt habe. Das Ergebnis ist eine Reihe von Kommentaren und Gedanken zu aktuellen Themen, bei denen mir die Zeit für einen eigenen Blogbeitrag fehlt oder die einfach nicht umfangreich genug für einen eigenen Beitrag sind.
Alte Kisten
2019

[#1] [#2] [#3] [#4] [#5] [#6] [#7] [#8] [#9] [#10] [#11] [#12] [#13]

2020

[#14] [#15] [#16] [#17] [#18] [#19] [#20] [#21] [#22] [#23] [#24] [#25]

  1. Mein Kopf platzt (15/2020)
  2. Ohne Tabus (17/2020)
  3. Verantwortung (19/2020)
  4. Rückkehr zur Tagesordnung (20/2020)
  5. Kinderentführer, Satanisten, Pädophile (21/2020)
  6. Den Pädo-Kriminellen den Kampf ansagen (22/2020)
  7. Hinunter in den Kaninchenbau (23/2020)
  8. Das Nachbeben von Münster (24/2020)
  9. Ja, aber... (25/2020)
  10. Echoes aus der Vergangenheit (26/2020)
  11. Volle Fahrt voraus und Kurs auf's Riff (27/2020)

1. Wenn der Kopf platzt

Am 2.4. hat der Film Kopfplatzen des Regisseurs Savaş Ceviz seine Premiere gefeiert (aufgrund der aktuellen Lage allerdings nur online per Video-on-Demand). In dem Film geht es um Markus, einen pädophilen Architekten (gespielt von Max Riemelt), der eine Freundschaft zu dem Sohn einer neu hinzugezogenen Nachbarin aufbaut und dabei stark mit seinen pädophilen Neigungen zu kämpfen hat.

Da ich den Film noch nicht gesehen habe, werde ich mich dazu selber noch nicht abschließend äußern. Einige Medien haben allerdings bereits über den Film berichtet, und es lohnt sich einen Blick darauf zu werfen, wie er dort aufgenommen wurde.

Filmkritikerin Katja Nicodemus hat sich etwa den ganzen Film über gefragt, ob Markus "einem Kind etwas antun wird", wie sie dem NDR berichtet. Laut Nicodemus "zieht der Film daraus keine billige Spannung. Sondern er zeigt den ernsthaften, verzweifelten Kampf dieses Menschen mit seiner Neigung."

Auf der Seite des Filmverleihers wird Markus selber als "potentieller Täter" bezeichnet und klargestellt, dass es nicht die Intention des Films ist, seine "mögliche Täterschaft" zu verharmlosen, auch wenn er die Perspektive von Markus einnimmt. Auch der Stern und der Volksfreund haben Markus als tickende Zeitbombe verstanden, der von seinen Begierden aufgefressen wird und ständig "kurz vor einem Übergriff" steht.

Damit scheint Markus eindeutig eine geplagte Seele im Sinne meiner Klassifizierung pädophiler Stereotypen zu sein – und es ist klar, dass dieser innere Kampf gegen sich selber und die daraus resultierende Bedrohung von Arthur, dem Jungen mit den Markus sich anfreundet, großes dramaturgisches Potential bietet und daher oft in solchen Geschichten verwendet wird. Problematisch wird es, wenn die Charakterisierung als realistisches Beispiel eines typischen Pädophilen verstanden wird.

Und so scheint der Film leider von vielen verstanden worden zu sein. So schreibt etwa die taz: "Kopfplatzen möchte zeigen, wie so ein Leben mit einem derartigen Dämon aussehen kann. Und er gelangt zu dem Schluss, dass es ein schreckliches ist. Eines, das zwischen Selbsthass, Scham und Einsamkeit changiert." Eine besonders problematische Kritik des Films findet sich auf quotenmeter:

Doch bevor die Macher Gefahr laufen, ihren Film als zu versöhnlich, zu sehr auf Seiten der Täter argumentierend anzulegen, streuen sie auch immer wieder Momente ein, in denen klar wird, was für eine Gefahr von Markus und damit stellvertretend von Pädophilen ausgeht. […] Damit umgeht Savaş Ceviz gekonnt den Fehler, falsche Sympathien für seine Hauptfigur zu schüren, stellt ihn aber auch nicht als Täter bloß, sondern betont zuverlässig die Gefahr der Störung aber auch die dringende Notwendigkeit, sich als Pädophiler dringend in notwendige Behandlung zu begeben.

Aus der Gefahr, die vielleicht von Markus innerhalb der erzählten Geschichte ausgeht wird also direkt eine Gefahr, die von allen Pädophilen ausgeht, die von der "Störung" selber ausgeht.

Mal ganz abgesehen von der massiven Stigmatisierung, die in diesen Zeilen zum Ausdruck kommt, ergibt sich daraus noch ein ganz anderes Problem. Und zwar dienen fiktive Geschichten und Charaktere nicht nur der Unterhaltung, sondern können auch als Leitfaden und Identifikationsfigur für das eigene Leben dienen. Das gilt ganz besonders für Menschen aus stigmatisierten gesellschaftlichen Randgruppen, die sonst keine realen Vorbilder haben. Wenn fiktive Geschichten über pädophile Menschen aber immer nur darum gehen, wie jemand mit sich selber kämpft und in jeder Szene kurz vor einem sexuellen Übergriff steht, dann kann dies dazu führen, dass pädophile Menschen, die sich solche Geschichten auf der Suche nach einer Identifikationsfigur ansehen dies als Selbstbild übernehmen, und sich also selber noch mehr als Gefahr und potentiellen Täter sehen. Das wiederum hat massive negative Auswirkungen auf das eigene Selbstbild, kann zu einer Vielzahl psychischer Probleme führen, und eventuell sogar zu einer selbsterfüllenden Prophezeiung werden: wenn man sich immer wieder einredet, eine Gefahr für Kinder zu sein, dann wird man auch irgendwann zu einer Gefahr, alleine deswegen, weil sich die Gedanken immer wieder darum drehen, was man Kindern antun könnte. Diesen Mechanismus habe ich ausführlicher in meinen Beitrag Akzeptanz statt Prävention beschrieben.

Ich als pädophiler Mensch empfinde es außerdem als regelrechte Beleidigung, dass diese Darstellung jetzt als realistisches Porträt eines typischen Pädophilen aufgefasst und akzeptiert wird. Ich kann mich mit den Aspekten aus Markus' Leben, die in der Berichterstattung über den Film erwähnt werden, nicht identifizieren. Aber das scheint niemanden so wirklich zu interessieren. Anstatt, dass mit uns geredet wird, wird wieder einmal nur über uns geredet und eine fiktive dramaturgische Darstellung als Spiegelbild der Lebensrealität pädophiler Menschen akzeptiert, ohne dass nachgefragt wird, ob dies überhaupt so stimmt.

Wer sich den Film ansehen möchte, kann ihn im Salzgeber Club per VOD für 4,90€ streamen.

3. Promi-Paar Pochers PR-wirksame Profilierung mit Pädophilie

Was kann man machen, wenn man prominent ist und mit wenig Aufwand ein bisschen Aufmerksamkeit bekommen und sich positiv darstellen möchte?

Nun, man könnte zum Beispiel auf Instagram gehen, und dort einige Accounts melden, die Bilder von Kindern posten. Und wenn diese dann entfernt und gesperrt werden, könnte man groß verkünden, dass man eigenständig einen wichtigen Etappensieg gegen Pädophile im Netz erkämpft hat und darauf hoffen, dafür von den Medien gefeiert zu werden.

Die Idee hatten wohl auch Comedian Oliver Pocher und seine Frau Amira Pocher, und haben diese auch direkt in die Tat umgesetzt. Und das mit Erfolg: der Stern lobt in gleich zwei Artikeln ihren "Erfolg im Kampf gegen Pädophile", und RTL beschreibt dramatisch, wie die Polizei nach ihrer Initiative sofort eingeschritten ist. Auf t-online.de wird bewundert, wie Amira Pocher bereits seit längeren gegen Pädophile auf Instagram kämpft. Auch web.de und watson.de geben Oliver und Amira Pocher bereitwillig eine Plattform, für einen "ernsten Apell" gegen Pädophile, und auch in der Münchener Abendzeitung dürfen sich die beiden für ihren Erfolg gegen Pädophile selber feiern.

Die Pochers wollen nicht aufhören und weiterhin ihren Kampf gegen Pädophile medienwirksam fortsetzen, "egal was für ein Gegenwind kommen mag", sagt Amira Pocher. Doch was für ein Gegenwind ist schon groß zu erwarten, wenn man sich so heldenhaft und aufopferungsbereit gegen das große Schreckgespenst unserer Zeit engagiert?

4. 21-Jährige wird von Pädophilen belästigt

Bleiben wir bei Instagram und dem heroischen Kampf gegen Pädophile. Vielleicht inspiriert von der PR-Aktion der Pochers, hat die Online-Plattform Chip ihre eigene Investigation auf Instagram gestartet. Unter der hetzerischen Überschrift Wie Pädophile ihre Beute auf Instagram anschreiben wird erklärt, dass Bilder Minderjähriger womöglich in den Händen Pädophiler landen können. Dafür hat CHIP auch direkt ein Beispiel parat und beschreibt das Schicksal von Anna, die gerne Bilder von sich auf Instagram postet und öfter mal anzügliche Kommentare bekommt. Anna ist übrigens 21 – aber irgendwie hat das wohl doch was mit Pädophilie zu tun, denn sie sieht halt "deutlich jünger aus". Anna ist jedenfalls angewidert davon, dass es pädophile Menschen auf Instagram gibt, und möchte von CHIP wissen, was dagegen gemacht wird.

Der Artikel beschreibt dann weiter, dass Bilder von Kindern auf Instagram auch von einer "sehr großen Dunkelziffer" von pädophilen Menschen gesehen werden können, ohne allerdings zu beschreiben, warum das ein Problem ist. Dann wird noch davor gewarnt, dass Jugendliche oft mit sexuellen Absichten angeschrieben werden, ohne allerdings zu beschreiben, was das mit Pädophilie zu tun hat.

Immerhin wird wenigstens erwähnt, dass nicht jeder Missbrauchstäter pädophil und nicht jeder Pädophile ein Missbrauchstäter ist.

5. Die Wirren des Xavier Naidoo

Sänger Xavier Naidoo hat in der Vergangenheit schon öfter negative Schlagzeilen wegen Videos gemacht, in denen er rechtsextreme, antisemitische und homophobe Ansichten geäußert oder Verschwörungstheorien verbreitet hat. Nun mach ein aktuelles Video von ihm die Runde, in dem er vier Minuten lang am Rande eines emotionalen Zusammenbruchs ist, bevor er erklärt: "Wenn ich’s richtig verstehe, werden in diesen Momenten in verschiedenen Ländern der Erde Kinder aus den Händen pädophiler Netzwerke befreit. Aber nicht so, wie ihr denkt."

Sehr ominös. Ich frage mich nur, was man machen muss, um in diese pädophile Netzwerke eingeladen zu werden? Mich hat jedenfalls noch nicht jemand gefragt, ob ich als Teil der satanistisch-pädophilen Verschwörung die Welt beherrschen möchte :(

6. Kriminalisierung pädophiler Menschen in den Medien

Nicht jeder pädophile Mensch wird zum Straftäter, und die meisten Kindesmissbrauchstäter und Konsumenten von Kinderpornographie sind nicht pädophil.

Leider wird diese wichtige Unterscheidung in den Medien oft nicht gemacht, und Pädophilie mit Straftaten oft in einen Topf geworfen. Gerade das trägt aber massiv zur Stigmatisierung pädophiler Menschen bei, da die meisten Menschen so den Eindruck gewinnen, dass Pädophilie und Kindesmissbrauch ein und dieselbe Sache ist. Um auf dieses Problem aufmerksam zu machen, möchte ich hier jede Woche Beispiele für diese Behandlung des Themas Pädophilie in den Medien sammeln.



(fr.de)


(volksfreund.de)


(yahoo.com)


3. Zeig Dich

Im Zuge einer aktuellen Kontroverse um den Rammstein-Sänger Till Lindemann wurde auch erwähnt, dass sich Lindemann in der Vergangenheit mit dem Thema Pädophilie beschäftigt habe. Mit ein bisschen Recherche habe ich herausgefunden, dass sich diese Behauptung wahrscheinlich auf das Lied Zeig Dich des 2019 veröffentlichten Albums Rammstein bezieht.

In dem Lied geht es zwar nicht um Pädophilie, sondern um kirchlichen Missbrauch an Kindern. So heißt es in der letzten Strophe: "Aus Versehen sich an Kindern vergehen, verbreiten und vermehren im Namen des Herren". Aber naja, ich lass das Lied dennoch mal hier zum Abschluss stehen.

Bis zum nächsten Mal,
Sirius

9 Kommentare

Hinweis: um Missbrauch vorzubeugen, werden Kommentare von uns überprüft und manuell freigeschaltet. Neue Kommentare erscheinen deshalb nicht sofort.

Ruby

Das was ich bisher über "Kopfplatzen" gelesen habe reicht um die Lust mir den Film eventuell nachträglich im Kino anzusehen bei mir ziemlich zu minimieren. Schade, das Potenzial war da mal etwas neues und mutiges zu wagen - aber alleine was der Schauspieler von Markus selbst in einem Interview über die Rolle und seine Motivation dahinter erzählt, zeigt, dass es wieder einmal nur um ein bestimmtes Bild über Pädophile in der Gesellschaft geht, das mit allen Mitteln erhalten bleiben soll.

Absolut unkreativ, wenig informativ, stigmatisierend, unrealistisch. Es wurde sich kein bisschen mit der Pädophilie auseinandergesetzt (vielleicht mal mit Betroffenen gesprochen?). Dennoch werden solche Filme als Wahrheit betrachtet, als Einblick in das echte Leben eines Pädos.

Mich macht so etwas mittlerweile auch nur noch wütend. Sucht euch doch mal einen anderen Spielball für eure voyeuristische Ader.

Max Weber

Puh, danke, dass du diese Sachen immer wieder so tapfer sammelst und kommentierst, Sirius! Ich würde mir „Kopfplatzen“ eigentlich gerne angucken, einfach um mir selber ein Bild zu machen. Aber nach dem, was ich hier und anderswo bereits darüber gelesen habe, möchte ich den Produzenten dafür allerdings nicht unbedingt Geld in den Hals schmeißen, bevor ich nicht weiß, dass er meine Zeit und Gehirnschmalz überhaupt wert ist. Das nur herauszufinden ist mit diese 5€ nicht wert.

Max Weber

Ganz ruhig, ganz ruhig, Brauner. Das kommt schon noch, dass sich das alles bessert. Da bin ich zuversichtlich.

Sirius

Meine These ist nachdem ich den Film gesehen habe inzwischen, dass das Script in einer Urfassung wesentlich mutiger war, und der Regisseur im Laufe der Entstehungszeit immer mehr Kompromisse eingehen musste, um dem Film finanzieren und realisieren zu können. Man kann die Angst, eventuell etwas zu "verharmlosen" in jeder Sekunde des Spiels fast schmecken. Die Schauspieler scheinen sich alle sehr unwohl zu fühlen, bei dem Film mitzumachen und Markus als zu sympathisch darzustellen, und haben das zum Teil auch in Interviews bestätigt.

Ich könnte mir vorstellen, dass diese Angst vor Verharmlosung dazu geführt hat, dass die eine oder andere Szene notwendigerweise in das Skript eingefügt wurde, um die Vorwürfe vorwegzunehmen. Dass die zahlreichen Masturbationsszenen im Laufe des Enstehungsprozesses in das Skript eingefügt wurden, um zu zeigen dass der Film die triebhafte Natur der Pädophilie nicht verharmlosen möchte. Für einen Film, der ansonsten sehr offen ist und dem Zuschauer die Bewertung überlassen möchte, ist das besonders schade finde ich.

Dieter Gieseking

Wie ich lese hat sich nun auch dieses Blog mit dem Kinospielfilm KOPFPLATZEN beschäftigt. Ein Anlass für mich, ein News auf meinen Webseiten zu publizieren:

https://krumme13.org/news.php?s=read&id=4115

Ich hoffe, Ihr könnt etwas Kritik vertragen.

Gruß Dieter-K13

Sirius

Ich antworte hier mal direkt auf die Kritik.

Natürlich wissen die Mainstream-Medien und die Kinobesucher/innen(z. Zt. lediglich im Online-Streaming bei VoD), dass in dem Spielfilm ein fiktives Einzel-Beispiel gezeigt wird, welches nicht auf alle Pädophile zutrifft.

Das halte ich vorsichtig gesagt für eine sehr optimistische Einschätzung. Wie ich in meinen Beitrag versucht habe zu zeigen, scheinen die meisten Medien den Film als ein realistisches Porträt des typischen Pädophilen verstanden zu haben. Das Gleiche gilt den Kommentarspalten nach zu urteilen wohl auch für viele Zuschauer. Das eindrucksvollste Beispiel dafür ist der erwähnte Artikel von quotenmeter, dem zufolge der Film die Gefahr darstellt, die von Markus "und damit stellvertretend von Pädophilen ausgeht".

Natürlich zeigt der Film erst einmal nur die fiktive Geschichte einer einzelnen Person. Aber alleine dadurch, dass es so wenige Geschichten über Pädophile gibt, und noch weniger über Pädophile, die noch keine Straftat begangen haben, bekommt der Film eine gewisse Autorität in dem Gebiet. Für viele Zuschauer wird es das erste Mal sein, dass sie sich mit dem Thema beschäftigen, und die werden die Geschichte erst einmal so hinnehmen, wenn sie überzeugend und realistisch erzählt ist.

Markus will keine sexuellen Übergriffe begehen und holt sich deshalb therapeutische Hilfe beim analogen Präventionsnetzwerk "Kein Täter werden(KTW)."

Der Therapeut ist zwar offensichtlich an KTW angelehnt, aber er ist kein KTW-Therapeut. Überhaupt wird KTW in dem ganzen Film nicht erwähnt, und aus meiner eigenen Erfahrung heraus kann ich sagen, dass die Behandlung des Therapeuten nicht repräsentativ ist für die Art, wie man bei KTW behandelt wird. Mehr dazu schreibe ich in einem kommenden Beitrag, der gerade in Arbeit ist.

Deshalb verwundert es, dass gerade der Autor "Sirius", der selbst an einer KTW-Therapie teilgenommen hat, sich überhaupt nicht mit Markus identifizieren kann. Der Spielfilm KOPFPLATZEN müsste eigentlich nicht nur "Sirius", sondern allen KiH-Autoren gut gefallen, denn diese gehören wohl auch dem Pädophilie-Projekt "Schicksal und Herausforderung(SuH)" sowie dem pädophilen Forum "Gemeinsam statt alleine(GSA)" an. Alle drei Projekte propagieren die Positionen der völligen Enthaltsamkeit, wie auch KTW, die mit den politischen Positionen von K13online nicht vereinbar sind.

Erst einmal arbeiten und schreiben bei GSA, SuH und KiH sehr unterschiedliche Menschen. Dementsprechend haben wir keine einheitliche Meinung zu dem Film, und uns haben unterschiedliche Aspekte daran gefallen bzw nicht gefallen.

Der Aussage scheint die Annahme innezuwohnen, dass mit der Position der "völligen Enthaltsamkeit" auch ein inneres Zerreißen einhergeht, die triebhafte Obsession und das psychische Leiden, das Markus in Kopfplatzen ertragen muss, da er keinen Übergriff begehen möchte. Dem möchte ich entgegenhalten, dass es sehr wohl möglich ist, auf ausgelebte Sexualität mit Kindern zu verzichten und gleichzeitig nicht an dieser Unmöglichkeit innerlich zu verzweifeln, und dass es auch dann möglich ist normal mit Kindern umzugehen, ohne ständig kurz vor einem Missbrauch zu stehen. Diese Perspektive stellt der Film aber nicht da, und stellt damit eine sehr triste und negative Lebensrealität dar, die ich mit meiner Erfahrung nicht teilen kann.

Dieter Gieseking

Zum 1. Absatz Der Film erzählt die Geschichte von EINEM Pädophilen - Markus. So wird dies auch von den Mainstream-Medien und Zuschauer usw. wahrgenommen. Niemand weiß natürlich wie viel Mal Markus es in der Pädoszene gibt. Ein solcher Film kann sich immer nur ein Beispiel heraussuchen, wie es sein könnte. Das Drehbuch & der Regisseur hat eine Geschichte wie Markus gewählt. Die ganze Vielfalt kommt in dem Film nicht zum Ausdruck. DAS geht auch nicht. Meine über 30-jährige Erfahrung im Umgang mit vielen Pädophilen sagt mir, dass ein solcher Markus durchaus realistisch ist und es dieses bzw. in ähnlicher Art und Weise gibt. Das hat nichts damit zu tun, dass ich mich in Markus nun wirklich absolut nicht erkennen kann und schon gar nicht identifiziere. Der Film ist eher nicht für Pädophile produziert worden, sondern für das interessierte und unwissende Volk. Er soll Verständnis aufbringen und gleichzeitig nicht verharmlosen. Das ist natürlich ein ständiger Spagat...

Zum 2. Absatz KTW wird zwar namentlich nicht erwähnt, aber es ist völlig klar und erkennbar, dass KTW damit gemeint ist. Im Gegensatz zu KTW wird Markus bei einem anderen Therapeuten raus geschmissen. Auch DAS passiert im realen Leben und ist realistisch. Der KTW-Therapeut bringt in wenigen Worten die Kernaussage von KTW rüber. Mehr ist in einem solchen Film nicht möglich. Man hat sich von KTW vorab beraten lassen, dass wurde mir schon bei der Produktion 2017 bestätigt. Dennoch bin ich der Ansicht, dass es kein reiner Werbefilm für KTW ist. Denn im Gespräch von Markus mit dem Therapeuten wird deutlich, was von Ihm verlangt wird. Es wird zumindest suggeriert, dass dies eigentlich unmöglich ist. Aus meiner Sicht ist dies eine positive Darstellung und regt zum Nachdenken an.

Zum 3. Absatz Natürlich hat nicht jeder Pädophile solche Probleme mit seiner Pädophilie wie Markus. Ein solcher Filmstoff wäre im heutigen Zeitgeist aber kaum möglich. Das Filmprojekt wäre schon bei der Filmförderung Baden-Württemberg, SWR Co-Produktion und Kurhaus-Produktion Baden-Baden gescheitert. DAS ist bekanntlich alles Mainstream.

Unwissend der Vielzahl ist mir aus meinen langjährigen Kontakten mit der Pädoszene bekannt, dass sehr viele Pädophile psychische Probleme mit Ihrer sexuellen Identität der Pädophilie haben. Und genau DAS will der Film in einem Beispiel zeigen. Der Film wurde ja nicht für Pädophile gemacht, sondern für die Gesellschaft, die überwiegend nur Monster und Gewalt im Kopf hat. Dem entgegen zu wirken, könnte der Film langfristig mehr Verständnis & Toleranz erreichen. Ob dies irgendwann gelingt, muss abgewartet werden...

Sirius

Zu 1: Ceviz selber behauptet, mit Markus ein "sehr realitätsnahes" Porträt gemalt zu haben. Gleichzeitig wird in Interviews deutlich, dass weder er, noch Riemelt je direkt mit einem pädophilen Menschen geredet haben. Eine Interviewanfrage von uns wurde ebenfalls abgelehnt. Ich finde das schon ein ziemlich starkes Stück, auf der einen Seite kategorisch jeden Dialog mit uns abzulehnen, aber auf der anderen Seite dann zu behaupten eine "realitätsnahe" Geschichte erzählt zu haben. Woher wollen die das wissen, wenn sie nicht mit uns reden?

Zu 2: Natürlich hat der Therapeut klare Anleihen an KTW, aber es ist dennoch kein KTW-Therapeut, so wie du es behauptest. Ich bestreite nicht, dass die Sachen passieren können, wie es dargestellt wird. Aber es sind, wie jochen es auch in seiner Kritik gesagt hat, Extrembeispiele. Ich bin inzwischen bei bestimmt über einem Dutzend Fachpersonen aus dem medizinischen, therapeutischen und sozialen Bereich geoutet, und niemand davon hat bisher unprofessionell oder negativ reagiert. Auch bei KTW bin ich nicht derart unempathisch behandelt worden, wie der Therapeut Markus behandelt. Ich sehe es auch so, dass der Film es so darstellt, dass es schier unmöglich ist als Pädophiler zu leben ohne einen Übergriff zu begehen, aber ich sehe nicht, inwiefern dies eine positive Darstellung ist.

Zu 3: Der Film ist nach der Edathy-Affäre finanziert worden und ist, wie man den Interviews mit Ceviz entnehmen kann, entstanden um zu erforschen, wie pädophile Menschen zum Täter werden. Ich finde nicht, dass der Film geeignet ist, um die Vorurteile abzubauen; eher im Gegenteil, er bestätigt das Bild, dass wir tickende Zeitbomben sind, die ständig kurz vorm Platzen stehen.

Dieter Gieseking

Zur 1 Wann wurde die Interviewanfrage von Euch gestellt und an wen? Bei der Produktion oder erst jetzt nach dem VoD-Start? Ich habe vor einigen Tagen auch eine Interviewanfrage an den Verleih Salzgeber mit der Bitte um Weiterleitung an Riemelt gestellt. Salzgeber hat mitgeteilt, dass er keine Interviews mehr gibt. Ich habe mich dann für den echten Kinostart vormerken lassen. Bin gespannt.

Zu 2 Der 2. Therapeut steht ganz klar als Synonym für KTW. Das der Name KTW im Film nicht genannt wird, wird damit zusammen hängen, dass damit eine Abhängigkeit entstanden wäre, da KTW ja real existiert. Aus meiner Sicht macht der Film nicht klar deutlich, dass man als Pädophile zum Therapeuten gehen muss. Die Darstellung im Film sehe ich deshalb als durchaus positiv, weil ein Besuch bei einem Therapeuten nicht zwingend als die gute Lösung gilt. Das Ende bleibt im Film ja offen. Jeder kann also seiner Fantasie freien Lauf lassen. Andere Dokus usw.... sind bisher alles reine Werbebeiträge für KTW gewesen. Und DAS ich von KTW mit den bekannten Zielsetzungen nichts halte, dürfte bekannt sein.

Zu 3 Der Film hat absolut keinen Forschungsanspruch. Es gibt keinen Täter. Es gibt kein Missbrauchsopfer. Viele Vorurteile werden abgebaut, wenn auch nicht alle. Als tickende Zeitbombe würde ich Markus nicht bezeichnen, denn trotz aller psychischen Probleme hat ER seine Gefühle unter Kontrolle. Ich würde mal behaupten, dass er nicht DAS mit Gewalt nehmen würde, was er mit Liebe und Zuneigung nicht bekommen kann.

Im Übrigen gibt es ein aktuelles Interview mit Ceviz. Darin wird auch meine Ansicht im Prinzip nochmals deutlich. [Link von der Moderation entfernt] Für alle die Pädos, die aus meiner Sicht auf dem falschen Dampfer sitzen. Außerdem sollte den Kino-VoD Besuchern nicht immer böse Absichten unterstellen, sondern gerade die Pädophilenszene sollte besonders das Positive hervor heben. Denn davon gibt es bekannt nicht viel....

Vorheriger Beitrag Nächster Beitrag