Ich bin Markus

Mein Name ist Markus, ich bin um die 30 und ich habe diesen Namen als mein Pseudonym gewählt, weil es der Name meines verstorbenen Bruders ist. Ich bin pädophil und wurde als Kind sexuell missbraucht.

Kindheit:

Ich wuchs in einer Kleinstadt bei meiner Mutter auf, die mich und meine ältere Schwester schon etwas überbehütet hat. Sie hat gut für uns gesorgt und immer für uns gekämpft. Es gab allein bei mir schon genug zum Kämpfen. Eine falsche Schule, Mobbing, einen Vater der abwesend war... Vieles musste sie abfedern und damit war sie fast immer allein. Ich erlebte diese Zeit als sehr belastend. Aber ich habe auch gute Erinnerungen an meine Kindheit und Jugend. Ich spielte gerne Gitarre und habe schon immer gerne fotografiert. Manchmal übernachtete ich bei meinen Großeltern und genoss die Zeit mit meinem Opa. Ich war auch ein glückliches Kind und daran erinnere ich mich immer gerne zurück.

*Jugend: *

Die eigenen Empfindungen und Gefühle zu verstecken, wurde mir mit der Zeit immer wichtiger, als ich mit 13 Jahren dann merkte, dass ich Jungen und Mädchen attraktiv fand, die deutlich jünger waren als ich und begann für sie zu schwärmen. Ich merkte immer mehr, dass es nicht passt, es passte einfach nicht in meine Welt und schon gar nicht in die Welt der anderen. Ich hatte Angst und ich kann mich an Gedanken aus dieser Zeit erinnern. Immer wenn ich über meine Gefühle nachdachte, wusste ich, „Das ist pädophil“. Dieses Wort hat mir, obwohl es nur in meinem Kopf existierte, eine unglaubliche Angst gemacht. Ich sagte mir immer wieder „Nein, du hast so etwas nicht, du hattest nur noch keine Freundin oder Freund und du bist niemals pädophil“. Ich verdrängte es und ich habe mich wohl einige Jahre lang, selbst vergessen. Ich hatte damals den Wunsch es meiner Mutter zu erzählen aber ich habe mich nicht getraut. Sie war damals so belastet und ich wollte ihr nichts Zusätzliches aufbürden.

Als junger Erwachsener:

Ich wurde älter und die Vergangenheit verblasste langsam immer mehr. Ich wurde psychisch krank und litt unter Ängsten und Depressionen. Diese Ängste hatte ich als Kind schon, nun brachen sie aber richtig aus und hinderten mich einige Jahre an meiner Entwicklung im Leben. Hinzu kamen chronische Schmerzen und Erinnerungsfragmente, Fragmente meines Lebens die zurückgekehrt sind. Ich litt unter meiner Pädophilie, unter meinen Gefühlen und den Ängsten. Ich entwickelte immer häufiger lange Phasen der Depression, nahm Medikamente und suchte mir auch therapeutische Hilfe. Ich habe es geschafft mich weiter in meinem Leben durchzukämpfen. Mal gelang mir das besser, dann wieder schlechter.

Erkenntnis:

Heute glaube ich, dass mein Körper mir durch all die Beschwerden etwas sagen wollte. Diese Intuition verspürte ich erstmals im Jahr 2021 und in diesem Jahr wurde mir bewusst: Ich muss ein Problem angehen, oder besser gesagt: Zwei. Mein Coming-In kann ich gar nicht genau zeitlich beziffern aber ich habe es auch im jungen Erwachsenenalter nicht richtig verstanden und mich selbst immer wieder verleugnet.

Ich fand „Schicksal und Herausforderung“ und viele Monate später, hatte ich den Mut mich im Forum „Gemeinsam statt allein“ zu registrieren. Danach ging es mir immer besser und ich merkte wie gut es mir einfach tut, die Möglichkeit zu haben, Dinge niederzuschreiben. Ich habe Menschen getroffen und kennengelernt, die mich angenommen haben und mittlerweile darf ich dem Projekt auch als Teammitglied dienen.

Darüber hinaus suchte ich Hilfe und meldete mich bei vielen Therapeut_innen und Institutionen die beratend und therapeutisch, Hilfe anbieten. Ich wurde abgelehnt und mir wurde mitgeteilt, dass man mir nicht helfen könne, da ich pädophil bin. Ich dachte „Ich bin doppelt betroffen und mir kann nicht geholfen werden“.

Ich habe den Namen meines Bruders als Pseudonym gewählt, weil es diese zwei Seiten symbolisieren soll. Die Seite die ich immer vor anderen verstecken musste und jetzt ihren Raum in meinem Leben ohne Verdrängung in der Selbsthilfe finden kann. Aber auch die Seite von mir, die meinen Beruf, meinen Hobbys und meiner Familie, ja dem anderen Teil meines Lebens gewidmet ist.

Ich bin mehr als nur pädophil und ich schäme mich nicht mehr dafür. Aber ich finde es sehr bedauerlich, dass ich lügen muss, um therapeutische Hilfe zu bekommen. Denn es gibt viele Therapeut_innen, die niemanden behandeln, der diese Gefühle hat.

Mir war sehr wichtig dieses Thema mal anzusprechen. Projekte wie KiH, SuH etc, bieten vielen Menschen einen wichtigen Ankerpunkt im Leben. Ein Teil dieser Menschen zu sein, erfüllt mich mit Stolz und großer Dankbarkeit.