Vorwort:
Dieses Verbot hat ja einige Auffälligkeiten. Hier nur zwei von diesen, viele andere sind hier auf KiH schon genannt worden:
1) Durch den Verkauf und die Benutzung kommt niemand zu Schaden. Ich halte die Strafbarkeit für juristisch problematisch.
2) Es erfolgt hier eine Umdrehung der Kausalität: Es ist ja nicht so, dass jemand durch Zufall in Besitz einer Kinder-Sexpuppe gerät und an dieser dann pädophil wird. (Dass ein Japaner in seiner beengten Wohnung womöglich ein Größenproblem bei der Verstauung hat, möchte ich hier mal vernachlässigen.) Es ist vielmehr umgekehrt: Ein Pädophiler ist sich darüber im Klaren, dass er seine Neigung nicht praktisch geltend machen kann, und verschafft sich ersatzweise Erleichterung mit solch einer Puppe.
Ein Verkauf in frei zugänglichen Sexshops würde mit Sicherheit aus Opportunitätsgründen nicht erfolgen. Sondern nur über diskrete Versandseiten, die ein Pädophiler gezielt suchen muss. Ansonsten siehe Punkt 1).
Was steckt also hinter diesem Verbot?
Die juristischen Gesetze und Gesetzesinitiativen haben eine Abstufung ihrer Wichtigkeit aus Sicht des Staates.
An oberster Stelle stehen Gesetze, die seine Existenz grundsätzlich in Frage stellen. Aktuelles Beispiel der schon jahrelang laufende Bruch der Gesetze zur Währungsstabilität des Euro, die Grundlage der gesamten Europäischen Union ist. Die EU steht gerade zur Zeit durch die massive Coronakrise vor dem Zerbrechen ihrer Gemeinschaftswährung und damit vor dem Zerbrechen ihres ganzen wackligen Zusammenhalts.
An unterster Stelle zum Beispiel Erhöhungen von Verwarnungsgeldern für Parksünder.
Nun ist es im Falle der Gesetze der Währungsstabilität so, dass diese das Volk einfach NICHTS ANGEHEN. Sie sind viel zu wichtig, als dass man sie groß dem Volk vorlegen muss. Die erfolglosen Klagen von abgehalfterten CSU-Politikern (Gauweiler) vor dem Bundes-Verfassungsgericht kommen im öffentlichen Diskurs kaum vor.
Die Knöllchengelder natürlich schon etwas mehr. Die BILD-Zeitung muss sie melden, weil diese das Volk DIREKT betreffen. Das tut sie gern, auch im Sinne des Staats, denn das Volk kann sich an solch Themen wunderschön als aufgeweckte Staatsbürger abarbeiten. Kommen tun die Erhöhungen unweigerlich aber auch hier.
Nun muss man sagen, dass das Verbot der Sexpuppen sehr in der Nähe der Parkknöllchen angesiedelt ist und sehr weit entfernt von der Eurorettung. Denn der Staat hat eine sehr rationale, nämlich materialistische Sicht der Dinge, die unter seiner Herrschaft alle ablaufen. Ganz nüchtern betrachtet: Wieviele solcher in Zukunft strafbarer Taten laufen denn ab in der Republik? Und welche schädlichen Auswirkungen haben die? Hier ein letztes Mal der Verweis auf die Punkte 1) und 2) oben. Vom ordnungspolitischen Standpunkt ist die Auswirkung dieses Gesetzes nahe bei Null.
Anders aber die ZUSTIMMENDE Aufregung, die darum nun in der Öffentlichkeit hierzulande gemacht wird. Alle außer den paar Leuten hier auf dieser Seite sind sich einig: Jawoll, dieses Gesetz war lange überfällig. An dieser Stelle möchte ich auf meinen anderen Artikel in dieser Seite hier verweisen. "Stoppt Tierversuche, nehmt Kinderschänder!" - Erklärung einer überhitzten gesellschaftlichen Debatte. Ich bin überhaupt nicht der Fan von Aussagen, dass der Staat mit seiner Gesetzespolitik auf sein Volk Rücksicht nimmt. Im Gegenteil: Er grenzt sein Volk mit den Geboten und Verboten ja im Prinzip immer ein. Aber hier kann ich mir so etwas doch einmal vorstellen. Solch ein Gesetz zu verabschieden kostet ja nicht viel. Bundestagssitzung, Verkündung, Bundes-Gesetzblatt. Die folgende aufgeregte Debatte kostet ihn nichts.
Ansonsten ist sie sehr in seinem Sinne. Denn die breite Einigkeit unter ständiger Zitierung von Phantomgegnern, also Popanzen, die mit ihren Sexpuppen die öffentliche Ordnung gefährden, fördert das staatsbürgerliche Bewusstsein in hohem Maße. Und die Parteien, die das Gesetz erfunden und durchgebracht haben, punkten bei der nächsten demokratischen Wahl. Erhoffen sie sich, aber die Konkurrenten sind auch SEHR dafür. Vielleicht nicht genug dafür, die Grünen sind da ja immer noch unsichere Kantonisten, das weiß ja jeder Staatsbürger von einem Arbeitspapier von denen, das es mal gab. Na bitte, da haben wir es doch, ein Regierungsinteresse, das dahinter stehen könnte.
Wichtiger aber die davor getroffene Ausage: Förderung des staatsbürgerlichen Bewusstseins. Denn dies braucht es womöglich in übleren Zeiten, die bevorstehen. Siehe noch einmal oben: Rettung des Euro.
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Hinzu kommt noch, dass solche Gesetze auch dazu dienen können, Pädophilen habhaft zu werden. Die Bevölkerung hat Angst vor Pädophilen. Sie erlebt sie als Bedrohung für die eigene Sicherheit. Selbst diejenigen, die wissen, dass nicht alle Pädos Kinder missbrauchen, haben keine Lust es drauf ankommen zu lassen. Diskriminierung und Verfolgung Unschuldiger ist da nur ein annehmbarer Kollateralschaden, denn es handelt sich bei den Pädos ja ohnehin um "die". Irgendwelche Typen, die ohnehin keinen Platz in der Gesellschaft haben und auf die man verzichten kann. Damit man in einem Rechtsstaat allerdings die Möglichkeit hat, einen Pädo aus dem System zu entfernen, ihm zu verbieten sich Kindern je wieder auch nur zu nähern und insbesondere ihm Grundrechte wie die freie Berufswahl zu nehmen (damit er kein Erzieher werden kann, z.B.), muss man ihn zu einem Straftäter machen. Und das geht am einfachsten durch Kriminalisierung aller Verhaltensweisen, die ein Pädo wahrscheinlich so in seinen vier Wänden tut. Die Politik ist also nicht interessiert an der Verfolgung von Straftätern, sie ist ausschließlich an der Erschaffung dieser interessiert, damit ihr Utopia einer pädofreien Gesellschaft möglich ist, ohne die Guillotine wieder aus dem Keller holen zu müssen.
Sehr guter Beitrag. Damit hast du den Nagel auf den Kopf getroffen.
Nunja, eigentlich sollte es ein zweischneidiges Schwert sein: Der Staat grenzt ein und beschränkt, aber schützt damit auch die Bürger in seiner Obhut.
Das Problem sehe ich darin, dass das bei uns nicht so wirklich funktioniert. Schwierig wird es immer, wenn eine Mehrheit entscheidet, dass eine Minderheit so unmenschlich und gefährlich ist, dass sie keine Rechte und keinen Schutz verdient, sondern verfolgt und ausgegrenzt gehört.
Eigentlich haben wir Anti-Diskriminierungsgesetze, die es verhindern sollen, dass die Mehrheit sich gegen Minderheiten so verhalten kann. Problem bei uns ist aber mal wieder, dass wir als derart gefährlich gesehen werden, dass die Ungleichbehandlungen nicht als Diskriminierung, sondern als notwendige Schutzmaßnahmen verstanden werden. Alexander Hoffmann von der CDU/CSU hat es in einer Rede vor dem Bundestag mal auf den Punkt gebracht:
Und genau das ermöglicht es auch, das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung für pädophile Menschen durch zB ein Puppenverbot einschränken zu wollen, ohne dabei auch nur Indizien liefern zu müssen, dass dadurch die Rechte anderer geschützt werden würden. Da kein Politiker mit ernsthaften Gegenwind rechnen sind solche Forderungen eine leichte Methode, um die eigene Popularität zu steigern.