Hi Frau Apfel, Hi liebes Focus-Team,

wenn man sich als Pädophiler so in der Medienwelt herumtreibt, ist es ja keine Überraschung mehr, an jeder Ecke hanebüchenen Unsinn zu lesen. Es kommt also gar nicht mehr so häufig vor, dass die Dummdreistigkeit einzelner Journalisten, mich noch zu überraschen vermag. Doch heute war wieder so ein Moment. Ich mach‘s ganz kurz: Herzlichen Glückwunsch, Sie haben versagt. ;-)

Dröseln wir‘s mal auf. Vorweg noch: Falls sich jemand vergewissern möchte, dass das auch alles stimmt, was ich hier erzähle, hab ich an entsprechenden Stellen Fußnoten gesetzt. Alles klar? Dann kann‘s ja losgehen. Was sehen wir, wenn wir den Artikel öffnen? Uns springt ein riesiges Bild ins Auge. (siehe Fußnote 1) Eine dunkle, schattenhafte Figur ist im Begriff, sich ein kleines Mädchen zu schnappen. Was hat es nur vor, das grausige Untier? Welch widerwärtiger Plan entfaltet sich im Kopf, der hinter diesen klauenhaften Fingern steckt? Das überlassen Sie geschickterweise der Imagination Ihrer Leser, Frau Apfel. ;)

Über diesem genial gewählten Symboldbild dann auch noch die Hiobsbotschaft: „Erschreckende Zahlen“ und „Gestörtes Verlangen: In Deutschland leben 250 000 pädophile Männer“.

„OH GOTT!!! Himmel Hilf, sie kommen, um unsere Kinder zu essen!“

Okay, zugebenermaßen: Den letzten Satz habe ich bloß zwischen den Zeilen gefunden. Aber Mensch, hat er sich aufgedrängt. Und wie schade ist das eigentlich? Ich komm jetzt mal ein bisschen runter und erkläre mal, warum das eigentlich so schade ist.

Ich bin pädophil… Überraschung! Und bevor hier jetzt alle kreischend davonlaufen, um Fackel, Mistgabel und „Hexenverfolgung für Dummies“ aus dem Regal zu reißen: Das heißt lediglich, ich habe irgendwann mal gemerkt, dass ich auf kleine Kinder stehe und Erwachsenen in Sachen Liebe und Sexualität absolut nichts abgewinnen kann. Schreck lass nach… und jetzt?

Ja, was jetzt? Was tut man denn eigentlich, wenn man so als Teenager auf einmal mit so einer Schreckensnachricht umgehen muss? In einer Zeit voller Selbstzweifel und Unsicherheiten. In einer Zeit von Mobbing und Ausgrenzung, wo man doch eigentlich nichts mehr ersehnt, als ganz normal zu sein.

Man sucht eine helfende Hand. Irgendwo. In Literatur. In den Medien. Aber man findet keine helfende Hand. Man findet bloß die schrecklichen Klauen des abartigen Monsters, dessen Schatten sich auf das kleine Mädchen stürzen. Man sieht die hasserfüllten Buchstaben der blutroten Überschrift auf das eigene, ängstliche Selbst einprasseln. Und man liest die unumstößliche und niederschmetternde „Wahrheit“: Ich bin eine Zahl. Eine „Erschreckende Zahl“. Und mit mir sind da noch 250 000 andere. Alles Männer, deren „Gestörtes Verlangen“ sie ein Leben lang zu einem aussichtslosen Kampf zwingt. Dem Kampf gegen den eigenen Trieb.

Ja, das ist es, was mir diverse Artikel in meiner Jugend vermittelten. Sie raubten mir jeden Mut. Und jeder Jugendliche sehnt sich doch danach, seinen Platz in dieser Welt zu finden. Jemanden zu finden, der ihn akzeptiert. Für mich blieb nur eine Wahl: Verdrängung. Alles leugnen. Mir selbst gegenüber. Mich zwingen, auf Frauen zu stehen. Das hat mich irgendwann fast kaputt gemacht.

Was wäre die Alternative gewesen: Das Darknet. Leute suchen, die mich akzeptieren. Vielleicht an die falschen geraten. Was ich aber erst ewig später gemerkt hätte. Zu meiner Zeit war das Internet anders als heute. Schwerer zugänglich und nicht so omnipräsent. Das hat mein 12-jähriges Ich sicher davor bewahrt, auf der Suche nach Akzeptanz einen Fehler zu machen. Heute kann jeder Hans und Franz mit oder ohne Know How ins Darknet. Sie, Frau Apfel und auch Sie, liebes Focus-Team haben eine gewaltige Verantwortung. Bitte zeigen Sie jungen Menschen, dass es auch einen anderen Weg gibt! Seien Sie vorsichtig und verständnisvoll. Reichen Sie eine helfende Hand, statt eine brutale Faust. Das ist wichtiger für den Schutz aller, als Sie es sich vorstellen können.

Zum Schluss noch ein paar Korrekturen, weil man zwar sehen kann, dass Sie sich informiert haben. Aber die Infos sind dann doch ziemlich oberflächlich im Artikel gelandet.

Sie schreiben, Pädophilie sei ein rein männliches Phänomen. Das stellen Sie als Fakt dar. Ist aber tatsächlich – und das muss ich so klar ausdrücken – Bullshit. Ich kenne mehrere pädophile Frauen. Mit einer habe ich vorhin noch einen Kaffee getrunken, ich lass ihr Ihre Grüße da. Sie können sie auch kontaktieren, sie gehört zum Team hier. Kein-Täter-werden hat auch schon mindestens einer Frau, allein in Berlin, die Pädophilie diagnostiziert (siehe Fußnote 2). Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass es deutschlandweit noch weitere gibt, was Ihnen eine Menge Fachleute sicher auch hätten bestätigen können. Ich weiß also nicht, was diese scheinbar bewusste Falschinformation bezwecken soll. Böse Zungen könnten behaupten, man wolle Männer diskreditieren. Wollen Sie sich wirklich berechtigten Sexismus-Vorwürfen ausgesetzt sehen? Nein? Dann achten Sie doch bitte unser Grundgesetz. Insbesondere die Stellen mit Toleranz und Gleichbehandlung und so. Die sind echt wichtig. :-)

Ich habe mit pädophilen Frauen darüber gesprochen, dass sie so häufig unter den Teppich gekehrt werden und das scheint nicht nur uns Männer, sondern auch die werten Damen ganz schön zu frustrieren. Und Frauen können echt biestig werden, wenn man ihnen doof kommt. Fragen Sie mich mal, warum ich auf Jungs stehe…

Spaß beiseite, zurück zum Klartext: Ich bin pädophil und lebe ein normales, straffreies Leben. Ich habe mich akzeptiert. Ich fühle mich weder krank und gestört, noch bin ich es nach den Kriterien von DSM und ICD. Ich hab es echt satt, immer den gleichen Müll zu lesen, der mich in meiner Jugend fast fertig gemacht hat. Ich bin es leid, diskreditiert und pauschal gehasst zu werden. Ich bin es leid zu sehen, wie arme Gestalten sich auf meine Kosten als Helden definieren, weil es so einfach ist, auf eine stigmatisierte Gruppe einzutreten, die sich sowieso nicht wehren kann.

Und eines habe ich ganz besonders satt. Seit Jahren belegen verschiedenste Studien immer und immer wieder, dass der Großteil des Kindesmissbrauchs nicht von Pädophilen begangen wird. Neuerdings ist sogar von über 80% die Rede (siehe Fußnote 3). 80% des Kindesmissbrauchs wird nicht von Pädophilen begangen. Der Hass geht also nicht nur ins Leere, er ist auch noch völlig kontraproduktiv. Denn wenn man unter dem Deckmantel des Kinderschutzes hysterisch schreiend mit Fackeln und Mistgabeln auf Menschen eintritt, die man als das Böse auserkoren hat, während über 80% im Hintergrund unverhohlen mit ihrer Scheiße weitermachen können, dann kann man auch über 80% der Kinder nicht schützen. Man bekommt also das Gefühl, den meisten ginge es hier gar nicht um Kinderschutz. Man bekommt das Gefühl, da wolle einfach jemand eine Minderheit in den Dreck treten, die sich nicht wehren kann, um dadurch auch noch gesellschaftliche Anerkennung zu erfahren. Daher noch einmal: Wie war das noch gleich mit dem Grundgesetz?


Quellen: 1. https://www.focus.de/.../erschreckende-zahlen-gestoertes-verlangen-in-deutschland-leben-250-000-paedophile-maenner_id_11141877.html 2. https://www.kein-taeter-werden.de/story/faq.html 3. https://www.dutchrapporteur.nl/Publications/Onsolidground...index.aspx