Vor etwa einen Jahr hatten Rubricappula und ich einen Beitrag geschrieben, in dem wir uns mit den Begriffen Anti-Contact, Pro-Contact und Contact-Neutral auseinandergesetzt haben, sowie mit der Frage, ob es überhaupt möglich ist, "Contact-neutral" zu sein. Seitdem habe ich - auch dank einiger Kommentare und Anmerkungen zu dem Artikel - nochmal über das Thema nachgedacht und möchte hier einige Dinge spezifizieren und Überlegungen bezüglich der Grenzen der Begrifflichkeiten anstellen. 

Zur Erinnerung hier nochmal die Definitionen der einzelnen Begriffe, wie wir sie in unserem letzten Artikel genutzt haben: 

Pro-Contact / Pro-C

Pro-Contact stellt die Haltung dar, dass sexuelle und romantische Kontakte zwischen Kindern und Erwachsenen grundsätzlich oder unter bestimmten Bedingungen vertretbar sind und dem Kind an sich nicht schaden würden, würde die Gesellschaft anders mit diesem Thema umgehen. Dies muss nicht bedeuten, dass betreffende Personen auch danach handeln und sexuelle Kontakte zu Kindern eingehen, da sich häufig aus Angst vor den rechtlichen Konsequenzen (oder auch aufgrund der sozialen Konsequenzen für das Kind) an die geltenden Gesetze des jeweiligen Landes gehalten wird. Dennoch gibt es natürlich Pro-Contacter, die sexuelle Kontakte zu Kindern eingehen, wenn sie davon ausgehen, dass dieser Kontakt unentdeckt bleibt.

Anti-Contact / Anti-C

Anti-Contact stellt die Haltung dar, dass sexuelle und romantische Kontakte zwischen Kindern und Erwachsenen nie vertretbar sind, da sie immer das Potenzial in sich tragen, dem Kind zu schaden. Dies schließt den Umgang der Gesellschaft mit dem Thema ebenfalls ein, allerdings wird dieser nicht als der ausschlaggebende Punkt betrachtet. Der Fokus liegt auf dem Erleben des Kindes, der möglichen Überforderung, dem Machtgefälle zwischen Erwachsenem und Kind und der unterschiedlich entwickelten Sexualität. Dazu kommt, dass man nicht vor Eingehen des Kontaktes wissen kann, wie das Kind im Laufe seiner Pubertät über diesen Kontakt denken wird und dadurch spätere Gefühle von Schuld, Scham oder Ekel auftauchen und das Kind belasten können.

Contact-Neutral / Neutral-C

Kommen wir also zum letzten Punkt, Contact-Neutral. Wie der Name schon vermuten lässt, stellt Contact-Neutral die Haltung dar, dass jemand bezüglich der oben genannten Frage, keine eindeutige Ansicht vertritt, man “zwischen den Stühlen” steht, also sowohl die Argumentation der einen, wie auch der anderen Seite verstehen kann oder sich nicht näher mit der Frage beschäftigen möchte, weil man sie nicht für wichtig erachtet. Oft ist diese Haltung verbunden mit der Meinung, dass die Pädophilenszene sich nicht in diese beiden Lager spalten solle, da dies grundsätzlich dem Aktivismus und dem Zusammenhalt schade.

In unserem letzten Beitrag schrieben wir, dass man der Frage, ob Sex zwischen Erwachsenen und Kindern ethisch vertretbar ist, nicht neutral gegenüber stehen kann. Entweder ist man der Ansicht, dass diese Kontakte, unabhängig von den Umständen immer das Risiko in sich tragen, dem Kind zu schaden (und dass dieses Risiko signifikant größer ist als bei sexuellen Kontakten zwischen Personen auf einem ähnlichen Entwicklungsstand). Oder man ist nicht dieser Ansicht und sagt, dass es Fälle geben kann, in denen man von vornherein mit ausreichender Sicherheit sagen kann, dass das Kind dabei keinen Schaden davon trägt und solche Kontakte damit nicht grundsätzlich abzulehnen sind. 

Nun muss man fairerweise aber sagen, dass es auch hier Abstufungen gibt, die zum Beispiel das Alter der Kinder oder die Art des sexuellen Kontakts betreffen (Abb. 1). Die Haltung, dass (zumindest vermeintlich) vom Kind ausgehende sexuelle Kontakte zu frühpubertären Kindern in Einzenfällen vertretbar seien, wäre sozusagen eine gemäßigtere Form einer Pro-C Einstellung, während das Befürworten jeglicher sexueller Kontakte auch gegen den klaren Willen des Kindes und ohne irgendeine Altersgrenze eine extreme Form darstellen würden. Dazwischen gibt es natürlich alle möglichen Abstufungen, sodass man hier von einem Kontinuum sprechen kann. Dennoch kann es für ein bestimmtes Alter und einen bestimmten Altersunterschied nur diese beiden Möglichkeiten geben: man ist entweder grundsätzlich dagegen und hält das Risiko für nicht tragbar, dann ist man Anti-C. Oder man ist eben nicht grundsätzlich dagegen und hält das Risiko in manchen Fällen für tragbar, dann ist man Pro-C. Das ist die einzig sinnvolle Definition. Denn wo sollte man die Grenze zwischen einer neutralen Einstellung und einer Pro-C-Einstellung ziehen? 

Abb. 1
Dennoch sehe ich Gründe, wieso es Personen gibt, die nicht wissen, ob sie wirklich Anti-C sind, sich aber auch nicht als Pro-C bezeichnen wollen. So ist z.B. nicht klar festgelegt, wo eigentlich die Altersgrenze zwischen Anti-C und Pro-C verläuft (Abb. 2). Wir haben zwar festgestellt, dass man für ein bestimmtes Alter nur entweder Anti-C oder Pro-C sein kann, aber wie sieht es damit aus, wenn man - entsprechend des deutschen Schutzalters - sexuelle Kontakte zu unter 14-jährigen grundsätzlich ablehnt, bei über 14-jährigen aber sagt, dass man zwar sehr vorsichtig sein muss, es aber in Einzelfällen möglich ist, eine sexuelle Beziehung einzugehen. Für mich ist das immernoch Anti-C, da sich diese "Contact"-Debatte vor allem auf vor- und frühpubertäre Kinder bezieht und nicht auf Jugendliche, mitten in oder am Ende der Pubertät. Andernfalls müsste man den deutschen Staat ja auch als Pro-C bezeichnen. Ähnlich wird es meist auch in der amerikanischen Pädophilen- bzw. MAP-Szene gesehen, obwohl dort das Schutzalter in vielen Bundesstaaten bei 18 liegt. Es ist aber eben nicht klar definiert und es gibt sicherlich Anti-Contacter, die es nicht mehr als Anti-C bezeichnen würden, wenn man für ein Schutzalter von 14 ist. 

Selbiges gilt auch für den als vertretbar erachteten Altersunterschied (Abb. 3). Die wenigsten Anti-Cs, die für ein bestimmtes Schutzalter sind - z.B. 14, um bei dem Beispiel zu bleiben - sehen dabei überhaupt keinen Spielraum. Die wenigsten würden die Kombination 15 und 13 als grundsätzlich missbräuchlich werten und auch einige Länder wie etwa Österreich (Schutzalter 14) oder die Schweiz (Schutzalter 16) haben Gesetze, die sexuelle Kontakte zu Personen unterhalb des Schutzalters erlauben, solange der Altersunterschied eine bestimmte Grenze (hier 3 Jahre) nicht überschreitet. Und auch hier stellt sich die Frage, wo man die Grenze zieht. Wenn man sie bei 3 Jahren zieht, ist dann jemand, der die Beziehung zwischen einem 18-jährigen und einer 13-jährigen nicht zwangsläufig zur Anzeige bringt, wirklich schon Pro-C? Oder kommt es vielleicht darauf an, wie er diese Entscheidung begründet?

Andererseits bin ich auch nicht der Meinung, dass es gar keine Grenze geben kann, da man ansonsten das Schutzalter gleich ganz abschaffen und jeden Fall einzeln beurteilen müsste. Das würde aber Missbrauch die Tore öffnen, da Kinder nur ausreichend manipuliert und unter Druck gesetzt werden müssten, sodass sie aussagen, dass der sexuelle Kontakt von ihnen gewünscht war und schon hätten Täter freies Spiel. Es gibt also irgendwo einen Graubereich, Beziehungen mit Minderjährigen eines bestimmtes Alters bei einem bestimmten Altersunterschied, die sich nicht eindeutig einer Anti-C oder Pro-C-Haltung zuordnen lassen. Und das sind auch die Fälle, bei denen ich verstehen kann, wenn sich Personen, die sich nicht sicher sind, ob sie Anti-C oder Pro-C sind, wenn sie diese Beziehungen nicht grundsätzlich ablehnen, entsprechend als irgendwie "zwischen den Stühlen" betrachten. Auch wenn das für mich ebenfalls keine neutrale Haltung ist, sondern eher eine komplexe, manchmal auch als Complex-Contact-Stance bezeichnet. 

Abb. 2 & Abb. 3
Nicht zuletzt muss man die Angaben, die Personen über sich und ihren "Contact Stance" machen, auch im Zusammenhang mit ihrer Neigung sehen. Wenn eine Person mit einem Präferenzalter von 10 bis 18 Jahren sich als Neutral-C oder Complex-C bezeichnet, legt das viel eher die Vermutung nahe, dass die Person durchaus eine Grenze zieht, sexuelle Kontakte zu Kindern also ablehnt, zu Jugendlichen aber unter Umständen befürwortet, als wenn das eine Person tut, deren Präferenz sich ausschließlich auf vorpubertäre Kinder bezieht. 

Letzten Endes finde ich es nach wie vor sinnvoll, diese Begriffe zu haben, um innerhalb und außerhalb der Szene vermitteln zu können, welche Werte und Haltungen man vertritt. Jedoch bin ich dafür, Personen, die ihre Haltung als "neutral" oder "complex" bezeichnen, zumindest zuzuhören und zu schauen, was genau sie denn damit meinen. Denn vielleicht (aber auch nur vielleicht) meint man ja eigentlich das Gleiche und bennent es lediglich unterschiedlich. 

Danke an Lolicon für die Hilfe beim Erstellen der Abbildungen!