Titelbild zu Gebt uns ruhig die Schuld (den Rest könnt ihr behalten)
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An dem chinesischen Händler für Billigmode Shein gibt es eine Menge, was man kritisch betrachten kann. So gibt es Vorwürfe, dass der Onlineshop Kleidung unter menschenunwürdigen Bedingungen herstellen lässt, es wurden giftige Stoffe in der verkauften Kleidung gefunden, sogar Fälle von Kinderarbeit wurden bei den Zulieferern festgestellt.1 Als Fast-Fashion-Händler mit täglich 500 neuen Kleidungsstücken im Sortiment fördert Shein außerdem ein schädlich-verschwenderisches Konsumverhalten, mit drastischen Auswirkungen für die Umwelt.

Auch das Schweizer Boulevardblatt 20min hat in einem aktuellen Artikel den Händler kritisiert, allerdings aus einem ganz anderen Grund: Dem Blatt gefällt die Werbung für die Kindermode nicht. Diese sei zu „lasziv“ und könnte unter Umständen, so die schreckliche Befürchtung der Autorin, Pädophilen gefallen. Dieses Thema ist ihr so wichtig, dass sie für den Artikel gleich zwei Expertinnen nach ihren Meinungen befragt. Herausgekommen ist ein Artikel mit dem hetzerischen Titel Gefundenes Fressen für Pädophile. Der Titel zitiert dabei eine anonyme Hinweisgeberin, die in dem Artikel am Anfang kurz zu Wort kommt und angibt, bei ihrer Arbeit in einer Psychiatrie „öfter mit Pädophilen“ zu tun zu haben.

Pädophile sind keine Tiere

Dabei ist die Überschrift schon entwürdigend. Die Wortwahl („Fressen“) rückt Pädophile in die Nähe von wilden, gefährlichen Tieren — eine Assoziation, die medial gerne bedient wird, wenn es um Pädophilie geht. Dies stützt eine gefährliche und menschenfeindliche Narrative, nach der es auf der einen Seite die „gute“ Gesellschaft gibt, und auf der anderen Seite die gefährlichen Pädophilen, vor denen die Gesellschaft fortwährend geschützt werden muss. Gleichzeitig legt die Überschrift nahe, dass alles, was gut für Pädophile ist oder Pädophilen (sexuelle) Erfüllung geben könnte, notwendigerweise schlecht ist. Im Ergebnis werden Sachverhalte nicht mehr danach bewertet, ob sie schädliche Anteile enthalten, sondern danach, ob es Pädophile gefallen könnte.2 So führt die anonyme Hinweisgeberin weiter aus, die Bilder aus der Werbung könnten Pädophilen als „Vorlage für ihre sexuellen Fantasien“ dienen, und verzichtet dabei auf jegliche Erklärung, warum das ein Problem ist oder wie das den abgebildeten Kindern schadet.

Derartige mediale Demütigungen sind, muss man leider sagen, schon Alltag und nichts Besonderes. Die erste für den Artikel befragte Expertin, Fanny de Tribolet-Hardy von der Präventionsstelle Pädosexualität in Zürich, erklärt immerhin, das Problem sei die Sexualisierung von Kindern, auch „unabhängig von Pädophilie“. Im Gegensatz zur Hinweisgeberin problematisiert sie die Bilder also aufgrund der Art, wie diese Kinder darstellt, und nicht aufgrund der (vermuteten) Wirkung auf pädophil empfindende Menschen – ein wichtiger Unterschied! Die Autorin hat sich dennoch für eine Darstellung entschieden, die primär Pädophile entmenschlicht und schon reine Fantasien von pädophilen Menschen problematisiert. Dass die kritisierte Werbung pädophile Fantasien beflügeln würde, wird dabei als selbstverständlich angenommen, ist tatsächlich aber nicht so klar, wie es dargestellt wird.

Kleinkinder mit Handtasche und Kaffeebecher

Unter der Artikelüberschrift werden zwei (zensierte) Beispielbilder gezeigt, die Mädchen mit „lasziven“ Blick und in sexualisierten Körperhaltungen zeigen sollen. Über eine umgekehrte Bildersuche bei Google findet man tatsächlich Verweise auf die Produktseiten bei Shein, auf denen die unzensierten Originalbilder ursprünglich zu finden waren. Die Produktseiten existieren inzwischen nicht mehr, wobei sich nicht sagen lässt, ob sie wegen des Artikels offline genommen wurden, oder weil Fast Fashion – Geschäfte ihre Kleidungsangebote schneller wechseln als manch einer seine Unterhose. Im Onlineshop von Shein findet man insbesondere in der Kategorie für Mädchenkleidung allerdings zahlreiche Werbebilder, die in eine ähnliche Richtung gehen wie die, über die sich 20min empörte.

Auf einem Bild posiert ein Mädchen im Grundschulalter in einem hautengen Kleid, das dafür gemacht zu sein scheint, Kurven zu betonen, die noch kein Mädchen in dem Alter hat. Auf dem nächsten Bild ist ein Mädchen zu sehen, das aufgestylt mit großen, funkelnden Ohrringen auf ein Handy in ihrer Hand starrt, als würde sie eine wichtige Nachricht ihres Chefs lesen. Sie sieht nicht so aus als wäre sie alt genug, um überhaupt schon lesen zu können, auch wenn das bei der Menge an aufgetragenem Make-up schwer zu bewerten ist. In dem Stil reiht sich ein Bild ans Nächste. Eher selten trifft man auf Bilder von Kindern beim spielen, toben oder in anderen typisch kindlichen Alltagssituationen. Statt im Kinderwagen posieren vielleicht dreijährige Mädchen stattdessen mit Handtasche um der Schulter, oder noch absurder, bemüht lässig mit Kaffeebecher To Go in der Hand.

Ich habe eine Menge Gefühle, wenn ich diese Bilder sehe. Erregung gehört eher nicht dazu, dafür aber Irritation. Die Werbefotos wirken absurd, als hätte der Fotograf nur eine Bildsprache für das Ablichten von Erwachsenenmode gelernt und wendet diese nun ohne jegliche Anpassung gedankenlos beim Fotografieren von Kindern an, die teilweise alleine noch nicht einmal sicher auf den Beinen stehen können. In den meisten Bildern sehen die Kinder nicht wie Kinder aus, sondern wie Miniatur-Erwachsene. Es ist wie eine Art Uncanny Valley: Die Kinder könnten auf den Bildern fast als Erwachsene durchgehen, was unpassend und verstörend wirkt.

Meine Fantasien beflügeln diese Bilder jedenfalls nicht. Auch andere Pädophile, denen ich einige der Bilder gezeigt habe, empfanden dies ähnlich. Woher kommt also diese dringende Sorge der anonymen Hinweisgeberin, die Werbung könnte pädophilen Menschen zur Erregung dienen?

Pädophile Sexualität und teleiophile Projektion

Wenn sich exklusiv Teleiophile (Menschen, deren sexuelle Orientierung ausschließlich auf Erwachsene ausgerichtet ist3) vorstellen, was Pädophile anziehen finden könnten, scheinen sie oft einfach auf Kinder zu projizieren, was sie selber an Erwachsenen anziehend finden – eben verführerische, laszive Blicke und Körperhaltungen, die Figur betonende Kleider, sowie Schminke und Make-Up. Das ist wohl eigentlich das, was de Tribolet-Hardy meint, wenn sie von einer inakzeptablen Sexualisierung von Kindern spricht: die Übertragung von Elementen einer sexualisierten Bildsprache, wie sie häufig bei Erwachsenen benutzt wird, auf Bilder mit Kindern.

Dabei werden die betroffenen Kinder allerdings unkindlicher gemacht. Für Pädophile, die gerade das Kindliche am Kind anziehend finden (und das nicht nur auf sexueller, sondern auch auf ästhetischer und emotionaler Ebene), werden die Kinder dadurch wohl eher weniger attraktiv. Die anonyme Hinweisgeberin fordert in ihrer Empörung, Kinder mehr in kindgerechten, „natürlichen“ Posen abzulichten. Ironischerweise würde dies vermutlich das genaue Gegenteil des von ihr gewünschten Effekts haben und die Werbung für pädophile Menschen deutlich ansprechender machen.4

Es scheint für exklusiv Teleiophile, selbst denen, die meinen beruflich regelmäßig mit Pädophilen zu tun zu haben äußerst schwer vorstellbar zu sein, dass Pädophile Kinder nicht trotz, sondern gerade wegen ihrer kindlichen Eigenschaften anziehend finden. Das Kindliche ist für uns kein Mangel, über das wir aufgrund unserer Sexualität irgendwie hinwegsehen können, sondern das eigentlich attraktive an Kindern.

Ein realistischeres Bild davon, was diese Werbung bei Pädophilen auslöst, hätte man natürlich erlangen können, wenn die Journalistin sich die Mühe gemacht hätte, einmal mit pädophilen Menschen direkt zu sprechen. Stattdessen werden hier aber lieber wilde Thesen aufgestellt, auf der Basis von Aussagen von Menschen, die anscheinend überwiegend oder ausschließlich mit Straftätern zusammenarbeiten. Ein weiteres Beispiel dazu, wie in den Medien allzu gerne über, aber nie einmal mit Pädophilen geredet wird.

Kinder werden nicht von Pädophilen zu Sexobjekten gemacht

Die Empörung, die sich 20min herbeischreibt (übrigens nicht zum ersten Mal), kann also eher als eine Projektion teleiophiler Sexualität verstanden werden. Die Empörung ist damit unfreiwillig enthüllend und sagt mehr über die sexuellen Präferenzen Teleiophiler aus, als über Pädophile. Gefundenes Fressen ist das, was ich in den Werbebildern gesehen habe, für mich jedenfalls eher nicht.

Im Gegenteil erscheint es mir eher so, dass die Kinder mehr den teleiophilen „schmackhaft“ gemacht werden — jedenfalls könnte ich mir vorstellen, dass die Aufmachung der Kinder bei einigen eigentlich exklusiv teleiophilen Menschen dazu führt, dass sie sich von den Bildern angesprochen fühlen, einfach weil die Kinder stellenweise wirklich aussehen wie kleine Erwachsene.

Fassen wir also zusammen: vermutlich teleiophile Menschen übertragen die sexualisierte Bildsprache aus der Modewerbung für Erwachsene auf Kinderwerbung und erreichen damit, dass die abgebildeten Kinder eher für Teleiophile als für Pädophile ansprechend wird. Es sind nicht Pädophile, die Kinder wie kleine sexy Erwachsene anziehen, und in der Regel wohl auch keine Pädophile, die das toll finden.

Für die teleiophile Mehrheitsgesellschaft wäre das mal ein guter Anlass, selbstkritisch den eigenen Umgang mit Kindern in den Medien zu hinterfragen. Umso irritierender ist es, dass stattdessen – wieder einmal – die Verantwortung ausschließlich bei den Pädophilen gesucht wird. Kinderschützerin Tamara Parham, die als zweite Expertin in dem Artikel zu Wort kommt, äußert etwa die Befürchtung, die Werbung könne „Menschen mit sexuellen Neigungen zu Kindern“ suggerieren, sexuelle Kontakte zu wünschen und diesen informiert zustimmen zu können. Man könnte genauso gut fragen, ob solche Werbung nicht das Risiko erhöht, dass Kinder von Teleiophilen als Sexobjekte gesehen und verletzt werden. Kognitive Verzerrungen sind kein rein pädophiles Problem. Zur Erinnerung: die meisten Missbrauchstaten werden nicht von Pädophilen, sondern von exklusiv teleiophilen Menschen begangen.

Als i-Tüpfelchen der Entwürdigung verbreitet die Kinderschutzexpertin schließlich noch völlig deplatzierte und schädliche „Ratschläge“, dass sich Pädophile pauschal von sozialen Medien fernhalten sollen. Dies hätte die Werbung zwar auch nicht verhindert, unterstützt dafür aber immerhin den gesellschaftlichen Ausschluss und die soziale Isolation pädophiler Menschen.

Ihr, die auf unsrer Scham und eurer Lust besteht
Das eine wisset ein für allemal:
Wie ihr es immer dreht und wie ihr’s immer schiebt
Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral.

(Bertolt Brecht)

Gebt uns ruhig die Schuld, den Rest könnt ihr behalten

(Die Fantastischen Vier)


  1. Wenn der Besitz von Kinderpornografie mit der Begründung mit mehreren Jahren Haft bedroht ist, dass schon der reine Konsum Missbrauch und Ausbeutung von Kindern fördert und weiterträgt, welche Strafe haben dann Menschen verdient, die Produkte aus einer Industrie kaufen, die bekannterweise immer wieder Probleme mit Kinderarbeit hat? 

  2. Diese Art des Denkens ist es, die unter anderen zu Verboten von Ersatzmaterialien wie kindlichen Sexpuppen geführt hat, obwohl bis heute jeglicher Beweis eines schädlichen Einflusses solcher Puppen fehlt. 

  3. Teleiophil ist, wer sich sexuell zu erwachsenen hingezogen fühlt. Genauer ist es nach dem Wissenschaftler Michael Seto die spezifische Präferenz zu jungen Erwachsenen, der Einfachheit halber meine ich mit dem Begriff hier aber allgemein die sexuelle Ansprechbarkeit für erwachsene Menschen. 

  4. Das sollte aber bitte nicht zum Anlass gegeben werden, Werbung mit Kindern in kindgerechten Situationen zu problematisieren und Kinder nur noch als kleine Erwachsene abzulichten. Die Frage nach Kinderbildern in der Werbung muss sich immer am Wohl und den Persönlichkeitsrechten der betroffenen Kinder orientieren und nicht an der Frage, wie Pädophile die Bilder finden könnten. 

CC BY-SA

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1 Kommentar

"Ein realistischeres Bild davon, was diese Werbung bei Pädophilen auslöst, hätte man natürlich erlangen können, wenn die Journalistin sich die Mühe gemacht hätte, einmal mit pädophilen Menschen direkt zu sprechen. Stattdessen werden hier aber lieber wilde Thesen aufgestellt, auf der Basis von Aussagen von Menschen, die anscheinend überwiegend oder ausschließlich mit Straftätern zusammenarbeiten." Schön gesagt. Es ist wirklich ein unzumutbarer Zustand, dass diese Leute nie auf die Idee kommen, mal MIT uns zu reden. Denn man könne ja unmöglich mit uns reden, so scheint die Denkart zu sein.

Sirius

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Mein Name hier ist Sirius – angelehnt an den Doppelstern im Großen Hund. Ich bin etwa Anfang 30, und studierter Informatiker. Seit meiner Jugend weiß ich, dass ich mich zu Kindern besonders hingezogen fühle. Und auch wenn der Umgang damit nicht immer einfach war, so hat es mich doch auch unter anderem zu meinem Rotkäppchen geführt, mit der ich in einer glücklichen Beziehung lebe. In meiner Freizeit versuche ich einen Beitrag zur Aufklärung über Pädophilie zu leisten, mache gerne Musik und verzweifle gelegentlich an der Gesellschaft.

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In folgendem Abschnitt beziehst Du Dich auf Heterosexualität / Heterophilie: "Ablehnung zu erfahren von Leuten, die grundsätzlich eher offen und tolerant sind bei vielen Dingen, ist halt deutlich schmerzvoller als Ablehnung zu erfahren von Leuten, die sowieso sagen, alles was nicht heterosexuell ist gehört wieder in die Gaskammern." Es ist mir wichtig zu betonen, dass auch pädophile Menschen heterosexuell oder heterophil sein können. Ich selbst bin heterophil (nicht heterosexuell, weil ich kein Missbrauchstäter bin, das also nicht in Realität auslebe). Ich bin heterophil, weil ich ein Mann und puellaphil, also auf kindliche Mädchen ausgerichtet bin. Was hier mit dem Begriff "heterosexuell" eigentlich gemeint ist, ist der Begriff "teleiophil" oder "teleophil" (ersteres ist die häufigste Schreibweise), was der korrekte Begriff für Menschen ist, die sexuell auf das erwachsene Körperschema ausgerichtet sind. Ich halte das für wichtig das zu betonen, weil "heterosexuell" zu schreiben und dann damit einen Unterschied zur "Pädophilie" zu ziehen, sachlich falsch ist und eher für noch mehr Verwirrung sorgt. Ich bin übrigens auch zu einem gewissen Anteil nepiophil, was ich meistens "infantophil" nenne, was aber aufs Selbe herauskommt. Interessant zu lesen finde ich, dass Sirius diesen Teil seiner Sexualpräferenz erst nach und nach herausgefunden bzw. akzeptiert hat. Mir war schon sehr früh klar, dass ich auch sehr kleine Mädchen emotional und sexuell attraktiv finden kann. Das Stigma habe ich glücklicherweise nie verinnerlicht. Es ist erschreckend, was das mit so vielen Pädos gefühlsmäßig hinsichtlich Selbsthass etc. macht. Wenn man niemandem etwas tut - und das ist bei Pädophilie so, wenn man keine Kinder sexuell behelligt - dann kann man auch souverän zu seiner Sexualpräferenz stehen. Ich sehe jedenfalls kein Grund, warum sich aufrechte Menschen für ihre Sexualpräferenz schämen oder gar verurteilen sollten.
Ich bin leider keiner der beiden Beschwerdeführer. Vielleicht wäre ich ein dritter geworden. Aber dazu hätte es mehr Zeit gebraucht. Als meine kleine Welt zusammenbrach, war ich emotional gerade mal dazu in der Lage, dass mein Leben irgendwie weiterging. Es hat sehr lange gedauert, bis ich mich hinreichend genug gefangen hatte, um mich nicht mehr nur noch elend und verloren zu fühlen. Und dass ich heute überhaupt keine Probleme mehr habe, von meiner Sexualpräferenz und allem, was mir widerfahren ist, zu berichten, war ebenfalls ein sehr langer Prozess. Letztendlich war es mein zutiefst verletzter Gerechtigkeitssinn, der mich dazu brachte, mich zu dem erlittenen Unrecht zu äußern. Anfangs hatte ich allerdings noch unglaublich viel Angst vor dem Hass der Gesellschaft. Als ich meinen ersten Kommentar öffentlich schrieb und immer noch nicht wusste, wie ich überhaupt mit der nahezu für mich unerträglichen Situation umgehen soll, habe ich mich aus Angst vor dem Hass der Gesellschaft übergeben müssen. Unter diesem Stigma zu leben und das Gefühl zu haben, etwas sagen zu müssen, um nicht unterzugehen, ist eine immense psychische Belastung, die ich keinem Menschen wünsche. Ich bin den beiden Beschwerdeführern sehr dankbar dafür, dass sie das geschafft haben, wozu ich damals noch nicht in der Lage war: Gegen das Puppenverbot zu klagen.
Bist du einer der Beschwerdefüher von den Verfassungsbeschwerden? Wenn ja dann bin ich froh, denn dein Schicksal ist so ziemlich das perfekte Beispiel gegen das Gesetz.
Ich habe diesen Fragebogen seit 2005 nun bestimmt 8 Mal oder öfter schon ausgefüllt. Vom ersten Mal an stieß mir auf, dass es keinerlei Kontrollfragen gibt, um eine Beantwortung nach der ich-lehne-einfach-alles-ab-Methode zu erkennen, oder Items, die wirklich eine nennenswerte moralische Zwiespältigkeit aufweisen. Außerdem sah ich einen Konflikt zwischen meiner Antwort, wenn ich die Sätze als fachliche Behauptungen/Aussagen betrachten würde oder mir vorstelle, jemand lässt privat nach 3-4 Bier diese Aussagen fallen. Der Kontext und der Unterton verändert meine Reaktion darauf ganz erheblich: habe ich eine sachliche Aussage vor mir „Manche Kinder wirken erwachsener als andere“ dann wär das für mich die Einladung über Tannerstadien und Psychologie zu referieren und warum das erwachsen-wirken nicht wirklich eine substanzielle Aussagekraft hat. Im Stammtischszenario würde es mir eher ein irritiertes „Wat soll dat denn heißen?“ entlocken. Und „Kinder, die von mehr als einer Person missbraucht wurden, tun wahrscheinlich irgendetwas, das auf Erwachsene anziehend wirkt.“ kriegt eine vollkommen andere Bedeutung, abhängig vom Kontext: „Das Kind hat es selbst verursacht“ oder „Vorherige Missbrauchserfahrungen verändern mitunter Verhalten und Selbstbild, sodass die Anfälligkeit für weiteren Missbrauch steigt“. Und dann sehe ich auch keinen Grund, warum die Bepunktung nicht bei Null beginnt sondern bei 38. Das könnte man als rein ästhetisches Problem abtun, aber mittlerweile wissen wir ja, dass auch hartgesottene Wissenschaftler nicht gegen emotionale Einflüsse auf ihre Auswertungen gefeit sind. Deshalb macht man ja gern Doppelblindversuche u.ä. Eine natürlichere Skala wär daher womöglich tatsächlich entstigmatisierend. Und Punkt 7 (Fantasien über Kinder) zu bepunkten ist, wie ich im anderen Kommentar schon schrieb, natürlich krass diskriminierender Bullshit.
Ich denke nicht, dass es sinnvoll ist, diese Befragung als „Zustimmung zu Fakten über Kinder“ zu betrachten. Sondern dass die Beantwortung nur Sinn macht, wenn sie in dem Kontext bleibt, der dem Sinn des Fragebogens entspricht. Nämlich als persönliche Einstellungen und Überzeugungen zum Thema Kindesmissbrauch, die jemand äußern mag. Stimmst der Person zu, die das sagt, oder nicht? Vielleicht sogar eher gefühlsmäßig als kognitiv. Dann verschwinden meinem Eindruck nach nämlich viele der Probleme, die du dort anführst. Man braucht etwa kein präzise definiertes „oft“ mehr. Allein Punkt 7 bleibt in meinen Augen trotzdem völlig Banane.