Liebe Leser,

nach der letzten Woche, die von zwei großen Themen und vielen Medienberichten dazu gefüllt war, geht es diese Woche etwas ruhiger zum Thema Pädophilie zu. Ganz ruhig ist es aber dann doch nicht, und so habe ich dennoch das ein oder andere Fundstück in meiner Kiste gelagert. Zum einen möchte ich diese Woche einen ziemlich sachlichen Artikel über Pädophilie lobend erwähnen, dafür aber gleich zwei andere wiederum in die Kritik nehmen – was gemessen an manch anderen Einträgen meiner kleinen Kolumne gar kein so schlechtes Verhältnis ist. 

1. Mehr Verständnis

Das Monda-Magazin hat am Donnerstag einen lesenswerten Artikel zum Thema Pädophilie veröffentlicht. Der Artikel beschäftigt sich auf sehr sachlicher Ebene mit dem Thema. Über einige der Aussagen kann man zwar im Einzelnen noch diskutieren – etwa sehen manche Wissenschaftler, anders als vom Monda-Magazin dargestellt, Pädophilie durchaus als sexuelle Orientierung (bezogen auf das Alter), und Pädophilie wird auch nicht grundsätzlich von jedem als Störung gesehen. Die wichtigsten Fakten sind in dem Artikel allerdings enthalten, wie zum Beispiel dass Pädophilie nicht zwangsläufig zu Taten führt, nicht jeder Missbrauchstäter pädophil ist und sich niemand eine pädophile Neigung aussucht. Damit leistet der Artikel insgesamt meiner Meinung nach einen guten Beitrag zur Aufklärung zum Thema Pädophilie.

2. Pädophile Priester

Leider folgt auf den guten Start direkt wieder der negative Gegenpol. Auf euronews ist am Mittwoch ein Artikel über ein Therapieangebot für Priester erschienen, die sich des Missbrauchs von Kindern schuldig gemacht haben. Das Thema ist dabei durchaus interessant – mir war vorher etwa gar nicht bewusst, dass solche geistliche Therapiezentren überhaupt existieren. Das Problem ist, wieder einmal, die Vermischung von Pädophilie und Kindesmissbrauch.

Die Wissenschaft betrachtet Pädophilie nicht als Krankheit, sondern als unnormales sexuelles Verhalten

Das obige Zitat etwa zeugt von einem fundamental falschen Verständnis davon, was Pädophilie ist – nämlich eben kein Verhalten, sondern eine Neigung, also nichts anderes als Gedanken und Gefühle. Und diese Aussage kommt auch noch von Maurizio Marasco, einem Psychologen und Professor, der als Experte in mehreren Gerichtsverfahren mitgearbeitet hat. Ist es nicht irgendwie gruselig, dass jemand, der noch nicht einmal weiß was Pädophilie überhaupt ist als Psychologe tätig ist und als "Experte" auf das Schicksal Anderer mit einwirken kann?

3. Nachtrag zu Frankreichs "Pädophilie-Skandal"

Ich hatte letzte Woche bereits von Frankreichs "Pädophilie-Skandal" berichtet, der sich um den Schriftsteller Gabriel Matzneff dreht, der als 50-jähriger eine Beziehung mit eine 14-jährigen hatte. Hier von einem "Pädophilie-Skandal" zu reden ist also gleich in doppelter Hinsicht falsch: zunächst einmal verwischt es ebenso wie das vorherige Beispiel die bloße Neigung mit realen Taten, und des Weiteren liegt 14 gar nicht mehr in dem Altersbereich, der für einen pädophilen Menschen anziehend ist.

Der ORF hat in der letzten Ausgabe des Kulturmagazins "Kultur Heute" ebenfalls über den Fall berichtet, und dabei wohl leider meinen Blogeintrag vorher nicht gelesen. Jedenfalls ist in dem Beitrag auch konsequent von einem "Pädophilie-Skandal" und den "pädophilen sexuellen Vorlieben" Matzneffs die Rede. 

4. Kriminalisierung pädophiler Menschen in den Medien

Nicht jeder pädophile Mensch wird zum Straftäter, und die meisten Kindesmissbrauchstäter und Konsumenten von Kinderpornographie sind nicht pädophil. 

Leider wird diese wichtige Unterscheidung in den Medien oft nicht gemacht, und Pädophilie mit Straftaten oft in einen Topf geworfen. Gerade das trägt aber massiv zur Stigmatisierung pädophiler Menschen bei, da die meisten Menschen so den Eindruck gewinnen, dass Pädophilie und Kindesmissbrauch ein und dieselbe Sache ist. Um auf dieses Problem aufmerksam zu machen, möchte ich hier jede Woche Beispiele für diese Behandlung des Themas Pädophilie in den Medien sammeln.

(news.de)

(blick.ch)

5. Durch die Wüste

Viele pädophile Menschen müssen einen Weg durch eine Wüste aus Angst und Hass finden, abgelehnt und ausgegrenzt von der Gesellschaft, krank vor Verzweiflung müssen sie zusehen wie die Liebe verkauft und der Hass verschenkt wird. Für diejenigen, die sich in einer ähnlichen Situation sehen, möchte ich diese Woche mit dem Lied Durch die Wüste der deutschen Rockgruppe Ton Steine Scherben beenden. 

Liebe Grüße
Sirius